Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

in den allerältesten Zeiten.
ses zwar vollkommen richtig, daß fast allemal, wenn ein
Land durch Erdbeben versinkt, Wasser in die Stelle des
versunkenen Landes trete, aber wenn wir dieses bey der
Sündfluth wieder anbringrn wollten, wie hätte denn die
Erdenrinde wieder gehoben werden können, daß das
Wasser wieder gesunken, und das Land empor gekommen
wäre.

§. 21.

Dieser Schwierigkeiten ohngeachtet muß man geste-
hen, daß die Theorie des Herrn Burnets eine sehr sinn-
reiche Erfindung sey, welche vielmehr Wahrscheinlichkeit
als die cartesianische Meinung besitzt. Drum laßt uns
der Lehre des Apostels folgen, welcher saget: prüfet alles,
und das Gute behaltet. Es ist zwar wahr, daß die Bur-
nettische
Theorie ihre Schwierigkeiten hat, worunter
auch diese eine nicht der geringsten ist, daß die Schichten
der Erde immer desto schwerer seyn müsten, je tiefer man
in sie hineingräbet, welches doch den vielfältigen Erfah-
rungen der Bergleute offenbar widerspricht, als welche
durchgehends bezeugen, daß zwar einige Schichten nach-
einander in gehöriger Ordnung der Schwere nachfolgen,
daß aber hernach wieder eine leichte Materie kömmt, die
unter der schwerern liegt, wovon man Henkels Kießhi-
storie nachlesen kan. Jndessen ist doch nicht zu leugnen,
daß Burnet recht habe, wenn er behauptet, die Erde
sey ehemals ein flüssiges aus Erde und Wasser vermisch-
tes Chaos gewesen, er hat dieses zwar als eine blose Hy-
pothese
angenommen, wir wollen aber in folgenden se-
hen, daß es sich erweisen lasse.

§. 22.

Guilliem Whiston, ein sehr gelehrter und berühm-
ter Engelländer hat uns in seiner Theoria Telluris nova
alle Hauptveränderungen der Erde aus der Cometen-

lehre

in den alleraͤlteſten Zeiten.
ſes zwar vollkommen richtig, daß faſt allemal, wenn ein
Land durch Erdbeben verſinkt, Waſſer in die Stelle des
verſunkenen Landes trete, aber wenn wir dieſes bey der
Suͤndfluth wieder anbringrn wollten, wie haͤtte denn die
Erdenrinde wieder gehoben werden koͤnnen, daß das
Waſſer wieder geſunken, und das Land empor gekommen
waͤre.

§. 21.

Dieſer Schwierigkeiten ohngeachtet muß man geſte-
hen, daß die Theorie des Herrn Burnets eine ſehr ſinn-
reiche Erfindung ſey, welche vielmehr Wahrſcheinlichkeit
als die carteſianiſche Meinung beſitzt. Drum laßt uns
der Lehre des Apoſtels folgen, welcher ſaget: pruͤfet alles,
und das Gute behaltet. Es iſt zwar wahr, daß die Bur-
nettiſche
Theorie ihre Schwierigkeiten hat, worunter
auch dieſe eine nicht der geringſten iſt, daß die Schichten
der Erde immer deſto ſchwerer ſeyn muͤſten, je tiefer man
in ſie hineingraͤbet, welches doch den vielfaͤltigen Erfah-
rungen der Bergleute offenbar widerſpricht, als welche
durchgehends bezeugen, daß zwar einige Schichten nach-
einander in gehoͤriger Ordnung der Schwere nachfolgen,
daß aber hernach wieder eine leichte Materie koͤmmt, die
unter der ſchwerern liegt, wovon man Henkels Kießhi-
ſtorie nachleſen kan. Jndeſſen iſt doch nicht zu leugnen,
daß Burnet recht habe, wenn er behauptet, die Erde
ſey ehemals ein fluͤſſiges aus Erde und Waſſer vermiſch-
tes Chaos geweſen, er hat dieſes zwar als eine bloſe Hy-
potheſe
angenommen, wir wollen aber in folgenden ſe-
hen, daß es ſich erweiſen laſſe.

§. 22.

Guilliem Whiſton, ein ſehr gelehrter und beruͤhm-
ter Engellaͤnder hat uns in ſeiner Theoria Telluris nova
alle Hauptveraͤnderungen der Erde aus der Cometen-

lehre
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0051" n="43"/><fw place="top" type="header">in den allera&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten.</fw><lb/>
&#x017F;es zwar vollkommen richtig, daß fa&#x017F;t allemal, wenn ein<lb/>
Land durch Erdbeben ver&#x017F;inkt, Wa&#x017F;&#x017F;er in die Stelle des<lb/>
ver&#x017F;unkenen Landes trete, aber wenn wir die&#x017F;es bey der<lb/>
Su&#x0364;ndfluth wieder anbringrn wollten, wie ha&#x0364;tte denn die<lb/>
Erdenrinde wieder gehoben werden ko&#x0364;nnen, daß das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er wieder ge&#x017F;unken, und das Land empor gekommen<lb/>
wa&#x0364;re.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 21.</head><lb/>
        <p>Die&#x017F;er Schwierigkeiten ohngeachtet muß man ge&#x017F;te-<lb/>
hen, daß die Theorie des Herrn <hi rendition="#fr">Burnets</hi> eine &#x017F;ehr &#x017F;inn-<lb/>
reiche Erfindung &#x017F;ey, welche vielmehr Wahr&#x017F;cheinlichkeit<lb/>
als die <hi rendition="#fr">carte&#x017F;iani&#x017F;che</hi> Meinung be&#x017F;itzt. Drum laßt uns<lb/>
der Lehre des Apo&#x017F;tels folgen, welcher &#x017F;aget: pru&#x0364;fet alles,<lb/>
und das Gute behaltet. Es i&#x017F;t zwar wahr, daß die <hi rendition="#fr">Bur-<lb/>
netti&#x017F;che</hi> Theorie ihre Schwierigkeiten hat, worunter<lb/>
auch die&#x017F;e eine nicht der gering&#x017F;ten i&#x017F;t, daß die Schichten<lb/>
der Erde immer de&#x017F;to &#x017F;chwerer &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;ten, je tiefer man<lb/>
in &#x017F;ie hineingra&#x0364;bet, welches doch den vielfa&#x0364;ltigen Erfah-<lb/>
rungen der Bergleute offenbar wider&#x017F;pricht, als welche<lb/>
durchgehends bezeugen, daß zwar einige Schichten nach-<lb/>
einander in geho&#x0364;riger Ordnung der Schwere nachfolgen,<lb/>
daß aber hernach wieder eine leichte Materie ko&#x0364;mmt, die<lb/>
unter der &#x017F;chwerern liegt, wovon man <hi rendition="#fr">Henkels</hi> Kießhi-<lb/>
&#x017F;torie nachle&#x017F;en kan. Jnde&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t doch nicht zu leugnen,<lb/>
daß <hi rendition="#fr">Burnet</hi> recht habe, wenn er behauptet, die Erde<lb/>
&#x017F;ey ehemals ein flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iges aus Erde und Wa&#x017F;&#x017F;er vermi&#x017F;ch-<lb/>
tes Chaos gewe&#x017F;en, er hat die&#x017F;es zwar als eine blo&#x017F;e <hi rendition="#fr">Hy-<lb/>
pothe&#x017F;e</hi> angenommen, wir wollen aber in folgenden &#x017F;e-<lb/>
hen, daß es &#x017F;ich erwei&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;e.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 22.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Guilliem Whi&#x017F;ton,</hi> ein &#x017F;ehr gelehrter und beru&#x0364;hm-<lb/>
ter Engella&#x0364;nder hat uns in &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Theoria Telluris nova</hi><lb/>
alle Hauptvera&#x0364;nderungen der Erde aus der <hi rendition="#fr">Cometen-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">lehre</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0051] in den alleraͤlteſten Zeiten. ſes zwar vollkommen richtig, daß faſt allemal, wenn ein Land durch Erdbeben verſinkt, Waſſer in die Stelle des verſunkenen Landes trete, aber wenn wir dieſes bey der Suͤndfluth wieder anbringrn wollten, wie haͤtte denn die Erdenrinde wieder gehoben werden koͤnnen, daß das Waſſer wieder geſunken, und das Land empor gekommen waͤre. §. 21. Dieſer Schwierigkeiten ohngeachtet muß man geſte- hen, daß die Theorie des Herrn Burnets eine ſehr ſinn- reiche Erfindung ſey, welche vielmehr Wahrſcheinlichkeit als die carteſianiſche Meinung beſitzt. Drum laßt uns der Lehre des Apoſtels folgen, welcher ſaget: pruͤfet alles, und das Gute behaltet. Es iſt zwar wahr, daß die Bur- nettiſche Theorie ihre Schwierigkeiten hat, worunter auch dieſe eine nicht der geringſten iſt, daß die Schichten der Erde immer deſto ſchwerer ſeyn muͤſten, je tiefer man in ſie hineingraͤbet, welches doch den vielfaͤltigen Erfah- rungen der Bergleute offenbar widerſpricht, als welche durchgehends bezeugen, daß zwar einige Schichten nach- einander in gehoͤriger Ordnung der Schwere nachfolgen, daß aber hernach wieder eine leichte Materie koͤmmt, die unter der ſchwerern liegt, wovon man Henkels Kießhi- ſtorie nachleſen kan. Jndeſſen iſt doch nicht zu leugnen, daß Burnet recht habe, wenn er behauptet, die Erde ſey ehemals ein fluͤſſiges aus Erde und Waſſer vermiſch- tes Chaos geweſen, er hat dieſes zwar als eine bloſe Hy- potheſe angenommen, wir wollen aber in folgenden ſe- hen, daß es ſich erweiſen laſſe. §. 22. Guilliem Whiſton, ein ſehr gelehrter und beruͤhm- ter Engellaͤnder hat uns in ſeiner Theoria Telluris nova alle Hauptveraͤnderungen der Erde aus der Cometen- lehre

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/51
Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/51>, abgerufen am 22.11.2024.