Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

in den allerältesten Zeiten.
werden in Jac. Saurins discours historiques sur les
evenemens du vieux et du nouveau test. tom. I. disc.
8.
und Patr. Delany Unters. der Offenb. Abhandl. 10.
bis 12. Letzterer sieht die Sündfluth als ein Mittel an
den Fluch GOttes vom Erdboden zu nehmen: ersterer
aber als eine Wirkung und völlige Bewerkstelligung des
nach dem Sündenfall über den Erdboden ausgesprochenen
Fluchs. Eine der scheinbarsten Muthmassungen, ausser
den hier angeführten, ist die scheuchzerische, so darinn
bestehet, daß bey einem schnellen Stillstande der Erden in
ihrer Drehung, die mit, auf und in derselben bewegten
Wasser sich nothwendig nicht nur noch eine geraume Zeit
lang fortbewegen, sondern auch übertreten, und aus ih-
ren stillstehenden Behältnissen austreten müssen. Allein
es hat dieselbe mit den übrigen den doppelten Fehler ge-
mein, daß dabey theils ein Wunderwerk scharfsinnigen und
der Naturlehre, auch der Bewegungsgesetzkundigen For-
schern begreiflich zu machen, ein anderes, wo nicht noch
mehr, doch wenigstens eben so unbegreifliches Wunder-
werk, mit Aufhebung der Bewegungsgesetze, angenom-
men wird: theils, dem ohngeachtet, der mosaischen Erzäh-
lung dadurch kein Gnügen geschiehet.

§. 50.

Auch dieses stimmt weder mit der Theorie des Herrn
Scheuchzers noch anderer Naturkündiger überein, daß
man die entsetzlichsten Stücken Steine, welche Pflanzen
in sich enthalten, auf den höchsten Bergen antrift. Denn
wie hätten sie immermehr durch die Sündfluth dahinauf
gewälzt werden können? Diese Steine halten bisweilen
viele Gewächse in sich, deren etliche inwendig auch hol
sind, und daher kömmt es, daß man unter denen Stei-
nen einige findet, welche ganz voller Löcher sind, darein
Reisende und andere viele Nägel und Stücken Eisen ge-
schlagen haben. Daher es denn sehr seltsam ist, daß nicht

nur
F 4

in den alleraͤlteſten Zeiten.
werden in Jac. Saurins diſcours hiſtoriques ſur les
evenemens du vieux et du nouveau teſt. tom. I. diſc.
8.
und Patr. Delany Unterſ. der Offenb. Abhandl. 10.
bis 12. Letzterer ſieht die Suͤndfluth als ein Mittel an
den Fluch GOttes vom Erdboden zu nehmen: erſterer
aber als eine Wirkung und voͤllige Bewerkſtelligung des
nach dem Suͤndenfall uͤber den Erdboden ausgeſprochenen
Fluchs. Eine der ſcheinbarſten Muthmaſſungen, auſſer
den hier angefuͤhrten, iſt die ſcheuchzeriſche, ſo darinn
beſtehet, daß bey einem ſchnellen Stillſtande der Erden in
ihrer Drehung, die mit, auf und in derſelben bewegten
Waſſer ſich nothwendig nicht nur noch eine geraume Zeit
lang fortbewegen, ſondern auch uͤbertreten, und aus ih-
ren ſtillſtehenden Behaͤltniſſen austreten muͤſſen. Allein
es hat dieſelbe mit den uͤbrigen den doppelten Fehler ge-
mein, daß dabey theils ein Wunderwerk ſcharfſinnigen und
der Naturlehre, auch der Bewegungsgeſetzkundigen For-
ſchern begreiflich zu machen, ein anderes, wo nicht noch
mehr, doch wenigſtens eben ſo unbegreifliches Wunder-
werk, mit Aufhebung der Bewegungsgeſetze, angenom-
men wird: theils, dem ohngeachtet, der moſaiſchen Erzaͤh-
lung dadurch kein Gnuͤgen geſchiehet.

§. 50.

Auch dieſes ſtimmt weder mit der Theorie des Herrn
Scheuchzers noch anderer Naturkuͤndiger uͤberein, daß
man die entſetzlichſten Stuͤcken Steine, welche Pflanzen
in ſich enthalten, auf den hoͤchſten Bergen antrift. Denn
wie haͤtten ſie immermehr durch die Suͤndfluth dahinauf
gewaͤlzt werden koͤnnen? Dieſe Steine halten bisweilen
viele Gewaͤchſe in ſich, deren etliche inwendig auch hol
ſind, und daher koͤmmt es, daß man unter denen Stei-
nen einige findet, welche ganz voller Loͤcher ſind, darein
Reiſende und andere viele Naͤgel und Stuͤcken Eiſen ge-
ſchlagen haben. Daher es denn ſehr ſeltſam iſt, daß nicht

nur
F 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0101" n="87"/><fw place="top" type="header">in den allera&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten.</fw><lb/>
werden in <hi rendition="#fr">Jac. Saurins</hi> <hi rendition="#aq">di&#x017F;cours hi&#x017F;toriques &#x017F;ur les<lb/>
evenemens du vieux et du nouveau te&#x017F;t. tom. I. di&#x017F;c.</hi> 8.<lb/>
und <hi rendition="#fr">Patr. Delany Unter&#x017F;. der Offenb. Abhandl.</hi> 10.<lb/>
bis 12. Letzterer &#x017F;ieht die Su&#x0364;ndfluth als ein Mittel an<lb/>
den Fluch GOttes vom Erdboden zu nehmen: er&#x017F;terer<lb/>
aber als eine Wirkung und vo&#x0364;llige Bewerk&#x017F;telligung des<lb/>
nach dem Su&#x0364;ndenfall u&#x0364;ber den Erdboden ausge&#x017F;prochenen<lb/>
Fluchs. Eine der &#x017F;cheinbar&#x017F;ten Muthma&#x017F;&#x017F;ungen, au&#x017F;&#x017F;er<lb/>
den hier angefu&#x0364;hrten, i&#x017F;t die <hi rendition="#fr">&#x017F;cheuchzeri&#x017F;che,</hi> &#x017F;o darinn<lb/>
be&#x017F;tehet, daß bey einem &#x017F;chnellen Still&#x017F;tande der Erden in<lb/>
ihrer Drehung, die mit, auf und in der&#x017F;elben bewegten<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich nothwendig nicht nur noch eine geraume Zeit<lb/>
lang fortbewegen, &#x017F;ondern auch u&#x0364;bertreten, und aus ih-<lb/>
ren &#x017F;till&#x017F;tehenden Beha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en austreten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Allein<lb/>
es hat die&#x017F;elbe mit den u&#x0364;brigen den doppelten Fehler ge-<lb/>
mein, daß dabey theils ein Wunderwerk &#x017F;charf&#x017F;innigen und<lb/>
der Naturlehre, auch der Bewegungsge&#x017F;etzkundigen For-<lb/>
&#x017F;chern begreiflich zu machen, ein anderes, wo nicht noch<lb/>
mehr, doch wenig&#x017F;tens eben &#x017F;o unbegreifliches Wunder-<lb/>
werk, mit Aufhebung der Bewegungsge&#x017F;etze, angenom-<lb/>
men wird: theils, dem ohngeachtet, der mo&#x017F;ai&#x017F;chen Erza&#x0364;h-<lb/>
lung dadurch kein Gnu&#x0364;gen ge&#x017F;chiehet.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 50.</head><lb/>
        <p>Auch die&#x017F;es &#x017F;timmt weder mit der <hi rendition="#fr">Theorie</hi> des Herrn<lb/><hi rendition="#fr">Scheuchzers</hi> noch anderer Naturku&#x0364;ndiger u&#x0364;berein, daß<lb/>
man die ent&#x017F;etzlich&#x017F;ten Stu&#x0364;cken Steine, welche Pflanzen<lb/>
in &#x017F;ich enthalten, auf den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Bergen antrift. Denn<lb/>
wie ha&#x0364;tten &#x017F;ie immermehr durch die Su&#x0364;ndfluth dahinauf<lb/>
gewa&#x0364;lzt werden ko&#x0364;nnen? Die&#x017F;e Steine halten bisweilen<lb/>
viele Gewa&#x0364;ch&#x017F;e in &#x017F;ich, deren etliche inwendig auch hol<lb/>
&#x017F;ind, und daher ko&#x0364;mmt es, daß man unter denen Stei-<lb/>
nen einige findet, welche ganz voller Lo&#x0364;cher &#x017F;ind, darein<lb/>
Rei&#x017F;ende und andere viele Na&#x0364;gel und Stu&#x0364;cken Ei&#x017F;en ge-<lb/>
&#x017F;chlagen haben. Daher es denn &#x017F;ehr &#x017F;elt&#x017F;am i&#x017F;t, daß nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 4</fw><fw place="bottom" type="catch">nur</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0101] in den alleraͤlteſten Zeiten. werden in Jac. Saurins diſcours hiſtoriques ſur les evenemens du vieux et du nouveau teſt. tom. I. diſc. 8. und Patr. Delany Unterſ. der Offenb. Abhandl. 10. bis 12. Letzterer ſieht die Suͤndfluth als ein Mittel an den Fluch GOttes vom Erdboden zu nehmen: erſterer aber als eine Wirkung und voͤllige Bewerkſtelligung des nach dem Suͤndenfall uͤber den Erdboden ausgeſprochenen Fluchs. Eine der ſcheinbarſten Muthmaſſungen, auſſer den hier angefuͤhrten, iſt die ſcheuchzeriſche, ſo darinn beſtehet, daß bey einem ſchnellen Stillſtande der Erden in ihrer Drehung, die mit, auf und in derſelben bewegten Waſſer ſich nothwendig nicht nur noch eine geraume Zeit lang fortbewegen, ſondern auch uͤbertreten, und aus ih- ren ſtillſtehenden Behaͤltniſſen austreten muͤſſen. Allein es hat dieſelbe mit den uͤbrigen den doppelten Fehler ge- mein, daß dabey theils ein Wunderwerk ſcharfſinnigen und der Naturlehre, auch der Bewegungsgeſetzkundigen For- ſchern begreiflich zu machen, ein anderes, wo nicht noch mehr, doch wenigſtens eben ſo unbegreifliches Wunder- werk, mit Aufhebung der Bewegungsgeſetze, angenom- men wird: theils, dem ohngeachtet, der moſaiſchen Erzaͤh- lung dadurch kein Gnuͤgen geſchiehet. §. 50. Auch dieſes ſtimmt weder mit der Theorie des Herrn Scheuchzers noch anderer Naturkuͤndiger uͤberein, daß man die entſetzlichſten Stuͤcken Steine, welche Pflanzen in ſich enthalten, auf den hoͤchſten Bergen antrift. Denn wie haͤtten ſie immermehr durch die Suͤndfluth dahinauf gewaͤlzt werden koͤnnen? Dieſe Steine halten bisweilen viele Gewaͤchſe in ſich, deren etliche inwendig auch hol ſind, und daher koͤmmt es, daß man unter denen Stei- nen einige findet, welche ganz voller Loͤcher ſind, darein Reiſende und andere viele Naͤgel und Stuͤcken Eiſen ge- ſchlagen haben. Daher es denn ſehr ſeltſam iſt, daß nicht nur F 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/101
Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/101>, abgerufen am 22.11.2024.