Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.fordern wollen. Das Glück fügte es bald darauf, daß er in Erfahrung brachte, die Pfarre in Grossenhausen sey vacant. Jch streckte ihm zweyhundert Thaler vor, für welche er sich Patronen erwarb, und bey den Predigern ein gelindes Examen auswirkte. Peter. So haben die Prediger auch gelindes Examen zu verkaufen? da können sie wohl reich werden! Brigitte. Er versprach mir hingegen auf das heiligste, mich zu heyrathen, und wir mach- ten auch so gleich Verlöbnis, als er die Vo- cation empfing. Als er aber die Antritts- predigt gehalten hatte, so wolte er nichts mehr von mir wissen, und schmiß mich, als ich ihn besuchte, zum Hause hinaus, ver- dammte mich auch noch dazu auf ewig, daß ich als eine Frau von so viel Jahren noch heyrathen wollte. Peter. Sie sollten also ohne alle Barmherzigkeit in die Hölle? (mitleidig.) Brigitte. Allerdings. Weil ich ihm in seinem Bette zu alt war, so kam es ihm nicht drauf an, mich aus demselben in die Hölle zu verstossen. Peter. Da haben sie auch weit zu fallen ge- habt, denn die Hölle muß doch wohl über 100. Meilen von Hrn. Pastor Tempelstol- zens Bette seyn? Hr. v. R. Jhr irret euch, guter Peter, ieder Geistliche bauet sich in seinem Gehirne eine Hölle F 5
fordern wollen. Das Gluͤck fuͤgte es bald darauf, daß er in Erfahrung brachte, die Pfarre in Groſſenhauſen ſey vacant. Jch ſtreckte ihm zweyhundert Thaler vor, fuͤr welche er ſich Patronen erwarb, und bey den Predigern ein gelindes Examen auswirkte. Peter. So haben die Prediger auch gelindes Examen zu verkaufen? da koͤnnen ſie wohl reich werden! Brigitte. Er verſprach mir hingegen auf das heiligſte, mich zu heyrathen, und wir mach- ten auch ſo gleich Verloͤbnis, als er die Vo- cation empfing. Als er aber die Antritts- predigt gehalten hatte, ſo wolte er nichts mehr von mir wiſſen, und ſchmiß mich, als ich ihn beſuchte, zum Hauſe hinaus, ver- dammte mich auch noch dazu auf ewig, daß ich als eine Frau von ſo viel Jahren noch heyrathen wollte. Peter. Sie ſollten alſo ohne alle Barmherzigkeit in die Hoͤlle? (mitleidig.) Brigitte. Allerdings. Weil ich ihm in ſeinem Bette zu alt war, ſo kam es ihm nicht drauf an, mich aus demſelben in die Hoͤlle zu verſtoſſen. Peter. Da haben ſie auch weit zu fallen ge- habt, denn die Hoͤlle muß doch wohl uͤber 100. Meilen von Hrn. Paſtor Tempelſtol- zens Bette ſeyn? Hr. v. R. Jhr irret euch, guter Peter, ieder Geiſtliche bauet ſich in ſeinem Gehirne eine Hoͤlle F 5
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darauf, daß er in Erfahrung brachte,
die Pfarre in Groſſenhauſen ſey vacant.
Jch ſtreckte ihm zweyhundert Thaler vor,
fuͤr welche er ſich Patronen erwarb, und
bey den Predigern ein gelindes Examen
auswirkte.
Peter. So haben die Prediger auch gelindes
Examen zu verkaufen? da koͤnnen ſie wohl
reich werden!
Brigitte. Er verſprach mir hingegen auf das
heiligſte, mich zu heyrathen, und wir mach-
ten auch ſo gleich Verloͤbnis, als er die Vo-
cation empfing. Als er aber die Antritts-
predigt gehalten hatte, ſo wolte er nichts
mehr von mir wiſſen, und ſchmiß mich, als
ich ihn beſuchte, zum Hauſe hinaus, ver-
dammte mich auch noch dazu auf ewig, daß
ich als eine Frau von ſo viel Jahren noch
heyrathen wollte.
Peter. Sie ſollten alſo ohne alle Barmherzigkeit
in die Hoͤlle? (mitleidig.)
Brigitte. Allerdings. Weil ich ihm in ſeinem
Bette zu alt war, ſo kam es ihm nicht drauf
an, mich aus demſelben in die Hoͤlle zu
verſtoſſen.
Peter. Da haben ſie auch weit zu fallen ge-
habt, denn die Hoͤlle muß doch wohl uͤber
100. Meilen von Hrn. Paſtor Tempelſtol-
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Zitationshilfe: | Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743, S. 15[89]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/93>, abgerufen am 16.02.2025. |