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Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.

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ruhen! so mußte ich aus der Schule in ein
ander Haus ziehen. Es traf sich eben da-
zumahl, daß ich in dasselbe Haus zog, in
welchem der nunmehrige Herr P. Tempel-
stolz, und damahliger Arme schulmeister
wohnte; und, weil wir alle beyde geistliche
Personen waren, so folgte ganz natürlich,
daß wir getreue Nachbarschaft zusammen
hielten. Weil er endlich merkte, daß ich
des Wittwenstandes überdrüßig war, so
fieng er an, mich ausserordentlich liebzu-
kosen, und war eben so feurig in seiner Lie-
be, als wenn ich einige 40 Jahr jünger ge-
wesen wäre. Jch muß gestehen, dis ge-
fiel mir alles über die Massen wohl, denn
obgleich meine Natur bereits längst erstor-
ben war, so mogte ich es doch wenigstens
recht gerne leiden, wenn er mir die Hände
drückte, und die Backen so allerliebst strei-
chelte und küßte, das andre aber, woraus
sich die jungen Mägdgen so viel machen,
ist in meinen Augen nur eitel.
Peter. Die Trauben sind sauer, sagte der Fuchs,
Weiter, Frau Conrecktorin!
Brigitte. Jch wurde darüber so treuherzig,
daß ich ihm all mein Bisgen Geld sehen ließ,
und ihm zu verstehen gab, daß ich ihn Lust zu
heyrathen hätte, wofern er sich dadurch einen
Dienst verschaffen könnte. Auf diesen An-
trag war er vor Freuden so ausser sich, daß
er mich ich weiß nicht wie viel Meilen auf
den Händen getragen hätte, wofern ich es
fordern


ruhen! ſo mußte ich aus der Schule in ein
ander Haus ziehen. Es traf ſich eben da-
zumahl, daß ich in daſſelbe Haus zog, in
welchem der nunmehrige Herr P. Tempel-
ſtolz, und damahliger Arme ſchulmeiſter
wohnte; und, weil wir alle beyde geiſtliche
Perſonen waren, ſo folgte ganz natuͤrlich,
daß wir getreue Nachbarſchaft zuſammen
hielten. Weil er endlich merkte, daß ich
des Wittwenſtandes uͤberdruͤßig war, ſo
fieng er an, mich auſſerordentlich liebzu-
koſen, und war eben ſo feurig in ſeiner Lie-
be, als wenn ich einige 40 Jahr juͤnger ge-
weſen waͤre. Jch muß geſtehen, dis ge-
fiel mir alles uͤber die Maſſen wohl, denn
obgleich meine Natur bereits laͤngſt erſtor-
ben war, ſo mogte ich es doch wenigſtens
recht gerne leiden, wenn er mir die Haͤnde
druͤckte, und die Backen ſo allerliebſt ſtrei-
chelte und kuͤßte, das andre aber, woraus
ſich die jungen Maͤgdgen ſo viel machen,
iſt in meinen Augen nur eitel.
Peter. Die Trauben ſind ſauer, ſagte der Fuchs,
Weiter, Frau Conrecktorin!
Brigitte. Jch wurde daruͤber ſo treuherzig,
daß ich ihm all mein Bisgen Geld ſehen ließ,
und ihm zu verſtehen gab, daß ich ihn Luſt zu
heyrathen haͤtte, wofern er ſich dadurch einen
Dienſt verſchaffen koͤnnte. Auf dieſen An-
trag war er vor Freuden ſo auſſer ſich, daß
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den Haͤnden getragen haͤtte, wofern ich es
fordern
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[88/0092] ruhen! ſo mußte ich aus der Schule in ein ander Haus ziehen. Es traf ſich eben da- zumahl, daß ich in daſſelbe Haus zog, in welchem der nunmehrige Herr P. Tempel- ſtolz, und damahliger Arme ſchulmeiſter wohnte; und, weil wir alle beyde geiſtliche Perſonen waren, ſo folgte ganz natuͤrlich, daß wir getreue Nachbarſchaft zuſammen hielten. Weil er endlich merkte, daß ich des Wittwenſtandes uͤberdruͤßig war, ſo fieng er an, mich auſſerordentlich liebzu- koſen, und war eben ſo feurig in ſeiner Lie- be, als wenn ich einige 40 Jahr juͤnger ge- weſen waͤre. Jch muß geſtehen, dis ge- fiel mir alles uͤber die Maſſen wohl, denn obgleich meine Natur bereits laͤngſt erſtor- ben war, ſo mogte ich es doch wenigſtens recht gerne leiden, wenn er mir die Haͤnde druͤckte, und die Backen ſo allerliebſt ſtrei- chelte und kuͤßte, das andre aber, woraus ſich die jungen Maͤgdgen ſo viel machen, iſt in meinen Augen nur eitel. Peter. Die Trauben ſind ſauer, ſagte der Fuchs, Weiter, Frau Conrecktorin! Brigitte. Jch wurde daruͤber ſo treuherzig, daß ich ihm all mein Bisgen Geld ſehen ließ, und ihm zu verſtehen gab, daß ich ihn Luſt zu heyrathen haͤtte, wofern er ſich dadurch einen Dienſt verſchaffen koͤnnte. Auf dieſen An- trag war er vor Freuden ſo auſſer ſich, daß er mich ich weiß nicht wie viel Meilen auf den Haͤnden getragen haͤtte, wofern ich es fordern

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Zitationshilfe: Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/92>, abgerufen am 24.11.2024.