Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.

Bild:
<< vorherige Seite


Peter. Je nun! das ist nur eine menschliche
Schwachheit, wann er sich volltrinkt. Des
Sonntags aber darf er doch Schande hal-
ber nicht eher zu reden aufhören, als bis
das Stundenglas ausgelaufen ist; in einer
Stunde läßt sich schon vieles hersagen.
Wo soll er aber endlich alles hernehmen?
er muß es doch wohl zuletzt von einem Orte
herholen, da muß denn freylich zuweilen
auch die Schenke und die Hölle dran.
Cathrine. Wann er aber öffentlich sagt, die
Säuffer kommen alle in die Hölle, so sollte
er allzeit dabey sagen: und euer Seelensor-
ger, meine Vielgeliebten, nemlich ich, ich,
des Hrn. P. Muffels Ehrwürden, muß auch
hinein.
Peter. Das könnte nicht schaden, wann er selbst
hinein käme. Denn die Leute in der Hölle
werden doch wohl keine Heyden seyn, sie
werden vermuthlich des Sonntags so fleißig
in die Kirche gehen, als wir, und folglich
werden sie in der Hölle die Prediger eben so
wohl nöthig haben.
Cathrine. Nun! du hast einen guten Glauben
von der Hölle.
Peter. Der Henker mag auch wissen, was es
für. ein Loch ist. Jch selbst bin, so lang ich
lebe, noch nicht drein gewesen, und ob un-
ser Herr gleich alle Tage von der Hölle redt,
so sagt er doch niemals, was es für ein Ding
seyn soll.
Cathri-
A 3


Peter. Je nun! das iſt nur eine menſchliche
Schwachheit, wann er ſich volltrinkt. Des
Sonntags aber darf er doch Schande hal-
ber nicht eher zu reden aufhoͤren, als bis
das Stundenglas ausgelaufen iſt; in einer
Stunde laͤßt ſich ſchon vieles herſagen.
Wo ſoll er aber endlich alles hernehmen?
er muß es doch wohl zuletzt von einem Orte
herholen, da muß denn freylich zuweilen
auch die Schenke und die Hoͤlle dran.
Cathrine. Wann er aber oͤffentlich ſagt, die
Saͤuffer kommen alle in die Hoͤlle, ſo ſollte
er allzeit dabey ſagen: und euer Seelenſor-
ger, meine Vielgeliebten, nemlich ich, ich,
des Hrn. P. Muffels Ehrwuͤrden, muß auch
hinein.
Peter. Das koͤnnte nicht ſchaden, wann er ſelbſt
hinein kaͤme. Denn die Leute in der Hoͤlle
werden doch wohl keine Heyden ſeyn, ſie
werden vermuthlich des Sonntags ſo fleißig
in die Kirche gehen, als wir, und folglich
werden ſie in der Hoͤlle die Prediger eben ſo
wohl noͤthig haben.
Cathrine. Nun! du haſt einen guten Glauben
von der Hoͤlle.
Peter. Der Henker mag auch wiſſen, was es
fuͤr. ein Loch iſt. Jch ſelbſt bin, ſo lang ich
lebe, noch nicht drein geweſen, und ob un-
ſer Herr gleich alle Tage von der Hoͤlle redt,
ſo ſagt er doch niemals, was es fuͤr ein Ding
ſeyn ſoll.
Cathri-
A 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0009" n="5"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <sp who="#PET">
            <speaker>Peter.</speaker>
            <p>Je nun! das i&#x017F;t nur eine men&#x017F;chliche<lb/>
Schwachheit, wann er &#x017F;ich volltrinkt. Des<lb/>
Sonntags aber darf er doch Schande hal-<lb/>
ber nicht eher zu reden aufho&#x0364;ren, als bis<lb/>
das Stundenglas ausgelaufen i&#x017F;t; in einer<lb/>
Stunde la&#x0364;ßt &#x017F;ich &#x017F;chon vieles her&#x017F;agen.<lb/>
Wo &#x017F;oll er aber endlich alles hernehmen?<lb/>
er muß es doch wohl zuletzt von einem Orte<lb/>
herholen, da muß denn freylich zuweilen<lb/>
auch die Schenke und die Ho&#x0364;lle dran.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CAT">
            <speaker>Cathrine.</speaker>
            <p>Wann er aber o&#x0364;ffentlich &#x017F;agt, die<lb/>
Sa&#x0364;uffer kommen alle in die Ho&#x0364;lle, &#x017F;o &#x017F;ollte<lb/>
er allzeit dabey &#x017F;agen: und euer Seelen&#x017F;or-<lb/>
ger, meine Vielgeliebten, nemlich ich, ich,<lb/>
des Hrn. P. Muffels Ehrwu&#x0364;rden, muß auch<lb/>
hinein.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#PET">
            <speaker>Peter.</speaker>
            <p>Das ko&#x0364;nnte nicht &#x017F;chaden, wann er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
hinein ka&#x0364;me. Denn die Leute in der Ho&#x0364;lle<lb/>
werden doch wohl keine Heyden &#x017F;eyn, &#x017F;ie<lb/>
werden vermuthlich des Sonntags &#x017F;o fleißig<lb/>
in die Kirche gehen, als wir, und folglich<lb/>
werden &#x017F;ie in der Ho&#x0364;lle die Prediger eben &#x017F;o<lb/>
wohl no&#x0364;thig haben.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CAT">
            <speaker>Cathrine.</speaker>
            <p>Nun! du ha&#x017F;t einen guten Glauben<lb/>
von der Ho&#x0364;lle.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#PET">
            <speaker>Peter.</speaker>
            <p>Der Henker mag auch wi&#x017F;&#x017F;en, was es<lb/>
fu&#x0364;r. ein Loch i&#x017F;t. Jch &#x017F;elb&#x017F;t bin, &#x017F;o lang ich<lb/>
lebe, noch nicht drein gewe&#x017F;en, und ob un-<lb/>
&#x017F;er Herr gleich alle Tage von der Ho&#x0364;lle redt,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;agt er doch niemals, was es fu&#x0364;r ein Ding<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;oll.</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">A 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Cathri-</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0009] Peter. Je nun! das iſt nur eine menſchliche Schwachheit, wann er ſich volltrinkt. Des Sonntags aber darf er doch Schande hal- ber nicht eher zu reden aufhoͤren, als bis das Stundenglas ausgelaufen iſt; in einer Stunde laͤßt ſich ſchon vieles herſagen. Wo ſoll er aber endlich alles hernehmen? er muß es doch wohl zuletzt von einem Orte herholen, da muß denn freylich zuweilen auch die Schenke und die Hoͤlle dran. Cathrine. Wann er aber oͤffentlich ſagt, die Saͤuffer kommen alle in die Hoͤlle, ſo ſollte er allzeit dabey ſagen: und euer Seelenſor- ger, meine Vielgeliebten, nemlich ich, ich, des Hrn. P. Muffels Ehrwuͤrden, muß auch hinein. Peter. Das koͤnnte nicht ſchaden, wann er ſelbſt hinein kaͤme. Denn die Leute in der Hoͤlle werden doch wohl keine Heyden ſeyn, ſie werden vermuthlich des Sonntags ſo fleißig in die Kirche gehen, als wir, und folglich werden ſie in der Hoͤlle die Prediger eben ſo wohl noͤthig haben. Cathrine. Nun! du haſt einen guten Glauben von der Hoͤlle. Peter. Der Henker mag auch wiſſen, was es fuͤr. ein Loch iſt. Jch ſelbſt bin, ſo lang ich lebe, noch nicht drein geweſen, und ob un- ſer Herr gleich alle Tage von der Hoͤlle redt, ſo ſagt er doch niemals, was es fuͤr ein Ding ſeyn ſoll. Cathri- A 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/9
Zitationshilfe: Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/9>, abgerufen am 21.11.2024.