Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.gekommen. Die Dorfpriester sind mir aber vor allen andern unerträglich; wenn sie einem die Trauungen, Kindtaufen, und Begräbnisse aus ihrer Gemeine herrechnen, wenn sie vom wohlfeilsten Pflugschaar, und vom besten Pflugochsen, anfangen, so kan man ihnen vor Lachen, und aus Unwissen- heit, nicht ein Wort auf ihr langweiliges Geschwätz antworten. Wilhelmine. Jch habe ihre Lebensart seit der Zeit, daß ich wieder bey meiner Mama bin, genau kennen, und mich geduldig in dieselbe schicken gelernet. Sie statten fleis- sige Besuche bey uns ab, weil sie von mei- ner Mama allemal mit einem fetten Tische, und mit einem alten Glase Wein, gemästet werden. Jch habe sie aus diesem Umgan- ge so genau kennen gelernet, daß ich ihnen einen neuen Begrif von ihnen geben kan, Sie sind gewisse der Welt schädliche Ge- schöpfe, welche, weil sie nichts anders ge- lernt haben, die Freyheit bekommen, sich beym Schneider einen Mantel, und bey der Näherin einen Kragen, zu bestellen, damit sie unter dieser Maske den Staat um ihren Unterhalt betrügen können. Wahrmund. So werden sie auch mit ihrer Frau Mama nicht ganz zufrieden seyn, daß sie dem Herrn Tempelstolz das Ja- wort auf den Antrag um ihre Person gege- ben hat? Wilhel-
gekommen. Die Dorfprieſter ſind mir aber vor allen andern unertraͤglich; wenn ſie einem die Trauungen, Kindtaufen, und Begraͤbniſſe aus ihrer Gemeine herrechnen, wenn ſie vom wohlfeilſten Pflugſchaar, und vom beſten Pflugochſen, anfangen, ſo kan man ihnen vor Lachen, und aus Unwiſſen- heit, nicht ein Wort auf ihr langweiliges Geſchwaͤtz antworten. Wilhelmine. Jch habe ihre Lebensart ſeit der Zeit, daß ich wieder bey meiner Mama bin, genau kennen, und mich geduldig in dieſelbe ſchicken gelernet. Sie ſtatten fleiſ- ſige Beſuche bey uns ab, weil ſie von mei- ner Mama allemal mit einem fetten Tiſche, und mit einem alten Glaſe Wein, gemaͤſtet werden. Jch habe ſie aus dieſem Umgan- ge ſo genau kennen gelernet, daß ich ihnen einen neuen Begrif von ihnen geben kan, Sie ſind gewiſſe der Welt ſchaͤdliche Ge- ſchoͤpfe, welche, weil ſie nichts anders ge- lernt haben, die Freyheit bekommen, ſich beym Schneider einen Mantel, und bey der Naͤherin einen Kragen, zu beſtellen, damit ſie unter dieſer Maske den Staat um ihren Unterhalt betruͤgen koͤnnen. Wahrmund. So werden ſie auch mit ihrer Frau Mama nicht ganz zufrieden ſeyn, daß ſie dem Herrn Tempelſtolz das Ja- wort auf den Antrag um ihre Perſon gege- ben hat? Wilhel-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#WAH"> <p><pb facs="#f0048" n="44"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> gekommen. Die Dorfprieſter ſind mir<lb/> aber vor allen andern unertraͤglich; wenn<lb/> ſie einem die Trauungen, Kindtaufen, und<lb/> Begraͤbniſſe aus ihrer Gemeine herrechnen,<lb/> wenn ſie vom wohlfeilſten Pflugſchaar, und<lb/> vom beſten Pflugochſen, anfangen, ſo kan<lb/> man ihnen vor Lachen, und aus Unwiſſen-<lb/> heit, nicht ein Wort auf ihr langweiliges<lb/> Geſchwaͤtz antworten.</p> </sp><lb/> <sp who="#WIL"> <speaker>Wilhelmine.</speaker> <p>Jch habe ihre Lebensart ſeit der<lb/> Zeit, daß ich wieder bey meiner Mama<lb/> bin, genau kennen, und mich geduldig in<lb/> dieſelbe ſchicken gelernet. Sie ſtatten fleiſ-<lb/> ſige Beſuche bey uns ab, weil ſie von mei-<lb/> ner Mama allemal mit einem fetten Tiſche,<lb/> und mit einem alten Glaſe Wein, gemaͤſtet<lb/> werden. Jch habe ſie aus dieſem Umgan-<lb/> ge ſo genau kennen gelernet, daß ich ihnen<lb/> einen neuen Begrif von ihnen geben kan,<lb/> Sie ſind gewiſſe der Welt ſchaͤdliche Ge-<lb/> ſchoͤpfe, welche, weil ſie nichts anders ge-<lb/> lernt haben, die Freyheit bekommen, ſich<lb/> beym Schneider einen Mantel, und bey<lb/> der Naͤherin einen Kragen, zu beſtellen,<lb/> damit ſie unter dieſer Maske den Staat um<lb/> ihren Unterhalt betruͤgen koͤnnen.</p> </sp><lb/> <sp who="#WAH"> <speaker>Wahrmund.</speaker> <p>So werden ſie auch mit ihrer<lb/> Frau Mama nicht ganz zufrieden ſeyn,<lb/> daß ſie dem Herrn Tempelſtolz das Ja-<lb/> wort auf den Antrag um ihre Perſon gege-<lb/> ben hat?</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Wilhel-</hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0048]
gekommen. Die Dorfprieſter ſind mir
aber vor allen andern unertraͤglich; wenn
ſie einem die Trauungen, Kindtaufen, und
Begraͤbniſſe aus ihrer Gemeine herrechnen,
wenn ſie vom wohlfeilſten Pflugſchaar, und
vom beſten Pflugochſen, anfangen, ſo kan
man ihnen vor Lachen, und aus Unwiſſen-
heit, nicht ein Wort auf ihr langweiliges
Geſchwaͤtz antworten.
Wilhelmine. Jch habe ihre Lebensart ſeit der
Zeit, daß ich wieder bey meiner Mama
bin, genau kennen, und mich geduldig in
dieſelbe ſchicken gelernet. Sie ſtatten fleiſ-
ſige Beſuche bey uns ab, weil ſie von mei-
ner Mama allemal mit einem fetten Tiſche,
und mit einem alten Glaſe Wein, gemaͤſtet
werden. Jch habe ſie aus dieſem Umgan-
ge ſo genau kennen gelernet, daß ich ihnen
einen neuen Begrif von ihnen geben kan,
Sie ſind gewiſſe der Welt ſchaͤdliche Ge-
ſchoͤpfe, welche, weil ſie nichts anders ge-
lernt haben, die Freyheit bekommen, ſich
beym Schneider einen Mantel, und bey
der Naͤherin einen Kragen, zu beſtellen,
damit ſie unter dieſer Maske den Staat um
ihren Unterhalt betruͤgen koͤnnen.
Wahrmund. So werden ſie auch mit ihrer
Frau Mama nicht ganz zufrieden ſeyn,
daß ſie dem Herrn Tempelſtolz das Ja-
wort auf den Antrag um ihre Perſon gege-
ben hat?
Wilhel-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |