Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743. Peter. (sieht sich ganz furchtsam um.) Nun komm ich mein Lebestage nicht wieder auf deine Kammer, das wird gewiß der Magi- ster gewesen seyn mit dem langen Barte. Jn den Pfarrhäusern geht es doch niemals richtig zu. Cathrine. Du darfst dir ja nur den Mantel umhängen, so grauet dich nicht. Peter. Spotte nur nicht. Was wurde denn aus den Geisterpantoffeln endlich? Cathrine. Weil ich sonst nichts hörte, so nä- hete ich weiter fort. Aber kaum eine Mi- nute drauf, hörte ich in der Nähe was rasseln. Jch sah mich darnach um, und fieng zugleich aus vollem Halse an zu schreyen, weil ich ein langes schwarzes Ge- spenst mit einem weissen Kopfe auf mich zukommen sahe. Peter. (sieht sich wieder furchtsam um) Es ist doch wohl nicht was hinter mir. Cathrine. Aber den Augenblick drauf wurde ich gewahr, daß Herr Muffel mit seiner weissen Mütze das Gespenste gewesen war. Mein liebes Kind, fieng er an, wie steht es um eure arme Seele? hier griff er mir an den Ort, wo er sagte, daß das Herz sässe. Jhr habt ein böses Gewissen, suhr er weiter fort, euer Herz schlägt sehr ge- schwinde und ängstlich. Ey, ey lasset eu- re Gewissenswunden von mir, eurem See- lenarzte, heilen. Eure Seele ist mir viel zu lieb, als daß ich sie solte lassen verloh- ren
Peter. (ſieht ſich ganz furchtſam um.) Nun komm ich mein Lebestage nicht wieder auf deine Kammer, das wird gewiß der Magi- ſter geweſen ſeyn mit dem langen Barte. Jn den Pfarrhaͤuſern geht es doch niemals richtig zu. Cathrine. Du darfſt dir ja nur den Mantel umhaͤngen, ſo grauet dich nicht. Peter. Spotte nur nicht. Was wurde denn aus den Geiſterpantoffeln endlich? Cathrine. Weil ich ſonſt nichts hoͤrte, ſo naͤ- hete ich weiter fort. Aber kaum eine Mi- nute drauf, hoͤrte ich in der Naͤhe was raſſeln. Jch ſah mich darnach um, und fieng zugleich aus vollem Halſe an zu ſchreyen, weil ich ein langes ſchwarzes Ge- ſpenſt mit einem weiſſen Kopfe auf mich zukommen ſahe. Peter. (ſieht ſich wieder furchtſam um) Es iſt doch wohl nicht was hinter mir. Cathrine. Aber den Augenblick drauf wurde ich gewahr, daß Herr Muffel mit ſeiner weiſſen Muͤtze das Geſpenſte geweſen war. Mein liebes Kind, fieng er an, wie ſteht es um eure arme Seele? hier griff er mir an den Ort, wo er ſagte, daß das Herz ſaͤſſe. Jhr habt ein boͤſes Gewiſſen, ſuhr er weiter fort, euer Herz ſchlaͤgt ſehr ge- ſchwinde und aͤngſtlich. Ey, ey laſſet eu- re Gewiſſenswunden von mir, eurem See- lenarzte, heilen. Eure Seele iſt mir viel zu lieb, als daß ich ſie ſolte laſſen verloh- ren
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Peter. (ſieht ſich ganz furchtſam um.) Nun
komm ich mein Lebestage nicht wieder auf
deine Kammer, das wird gewiß der Magi-
ſter geweſen ſeyn mit dem langen Barte.
Jn den Pfarrhaͤuſern geht es doch niemals
richtig zu.
Cathrine. Du darfſt dir ja nur den Mantel
umhaͤngen, ſo grauet dich nicht.
Peter. Spotte nur nicht. Was wurde denn
aus den Geiſterpantoffeln endlich?
Cathrine. Weil ich ſonſt nichts hoͤrte, ſo naͤ-
hete ich weiter fort. Aber kaum eine Mi-
nute drauf, hoͤrte ich in der Naͤhe was
raſſeln. Jch ſah mich darnach um, und
fieng zugleich aus vollem Halſe an zu
ſchreyen, weil ich ein langes ſchwarzes Ge-
ſpenſt mit einem weiſſen Kopfe auf mich
zukommen ſahe.
Peter. (ſieht ſich wieder furchtſam um) Es iſt
doch wohl nicht was hinter mir.
Cathrine. Aber den Augenblick drauf wurde
ich gewahr, daß Herr Muffel mit ſeiner
weiſſen Muͤtze das Geſpenſte geweſen war.
Mein liebes Kind, fieng er an, wie ſteht
es um eure arme Seele? hier griff er mir
an den Ort, wo er ſagte, daß das Herz
ſaͤſſe. Jhr habt ein boͤſes Gewiſſen, ſuhr
er weiter fort, euer Herz ſchlaͤgt ſehr ge-
ſchwinde und aͤngſtlich. Ey, ey laſſet eu-
re Gewiſſenswunden von mir, eurem See-
lenarzte, heilen. Eure Seele iſt mir viel
zu lieb, als daß ich ſie ſolte laſſen verloh-
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