Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.meine Lebenszeit unglücklich werde. Ver- laß dich auf meine Treue, liebenswürdiger Wahrmund, so lange ich vernünftig, und eine Schülerin deiner Lehrsätze bleibe, wirst du mich nicht unbeständig finden. Achter Auftritt. Herr von Roseneck, Wilhelmine. Herr v. R. Jch habe zwar eine seltsame Zei- tung hören müssen, aber ich habe derselben noch nicht den geringsten Glauben beyge- messen, weil sie von Muffeln gekommen. Dieser trat eben jetzt ganz triumphirend über ihre Bekehrung in das Zimmer, und brachte die Zeitung, daß Fräulein Wilhel- mine nicht mehr vernünftig, und noch viel- weniger eine Philosophin wäre. Wilhelm. Der Betrüger wuste erst nicht, auf was für eine Weise er es anfangen sollte, mich zu hintergehen. Er ist so verliebt da- bey gewesen, daß ich mich seiner Hände nicht genug habe erwehren können. Herr v. R. Ein ander Frauenzimmer würde vielleicht nicht so viel Herz gehabt haben, sich vor einem Geistlichen zu wehren, sie würde es wohl gar für eine Sünde gehal- ten haben. Wilhelm. Als er endlich sahe, daß er mit der Liebe und mit Bitten bey mir nichts ver- mochte; So wollte er Menschheit, Ver- nunft
meine Lebenszeit ungluͤcklich werde. Ver- laß dich auf meine Treue, liebenswuͤrdiger Wahrmund, ſo lange ich vernuͤnftig, und eine Schuͤlerin deiner Lehrſaͤtze bleibe, wirſt du mich nicht unbeſtaͤndig finden. Achter Auftritt. Herr von Roſeneck, Wilhelmine. Herr v. R. Jch habe zwar eine ſeltſame Zei- tung hoͤren muͤſſen, aber ich habe derſelben noch nicht den geringſten Glauben beyge- meſſen, weil ſie von Muffeln gekommen. Dieſer trat eben jetzt ganz triumphirend uͤber ihre Bekehrung in das Zimmer, und brachte die Zeitung, daß Fraͤulein Wilhel- mine nicht mehr vernuͤnftig, und noch viel- weniger eine Philoſophin waͤre. Wilhelm. Der Betruͤger wuſte erſt nicht, auf was fuͤr eine Weiſe er es anfangen ſollte, mich zu hintergehen. Er iſt ſo verliebt da- bey geweſen, daß ich mich ſeiner Haͤnde nicht genug habe erwehren koͤnnen. Herr v. R. Ein ander Frauenzimmer wuͤrde vielleicht nicht ſo viel Herz gehabt haben, ſich vor einem Geiſtlichen zu wehren, ſie wuͤrde es wohl gar fuͤr eine Suͤnde gehal- ten haben. Wilhelm. Als er endlich ſahe, daß er mit der Liebe und mit Bitten bey mir nichts ver- mochte; So wollte er Menſchheit, Ver- nunft
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meine Lebenszeit ungluͤcklich werde. Ver-
laß dich auf meine Treue, liebenswuͤrdiger
Wahrmund, ſo lange ich vernuͤnftig, und
eine Schuͤlerin deiner Lehrſaͤtze bleibe, wirſt
du mich nicht unbeſtaͤndig finden.
Achter Auftritt.
Herr von Roſeneck, Wilhelmine.
Herr v. R. Jch habe zwar eine ſeltſame Zei-
tung hoͤren muͤſſen, aber ich habe derſelben
noch nicht den geringſten Glauben beyge-
meſſen, weil ſie von Muffeln gekommen.
Dieſer trat eben jetzt ganz triumphirend
uͤber ihre Bekehrung in das Zimmer, und
brachte die Zeitung, daß Fraͤulein Wilhel-
mine nicht mehr vernuͤnftig, und noch viel-
weniger eine Philoſophin waͤre.
Wilhelm. Der Betruͤger wuſte erſt nicht, auf
was fuͤr eine Weiſe er es anfangen ſollte,
mich zu hintergehen. Er iſt ſo verliebt da-
bey geweſen, daß ich mich ſeiner Haͤnde
nicht genug habe erwehren koͤnnen.
Herr v. R. Ein ander Frauenzimmer wuͤrde
vielleicht nicht ſo viel Herz gehabt haben,
ſich vor einem Geiſtlichen zu wehren, ſie
wuͤrde es wohl gar fuͤr eine Suͤnde gehal-
ten haben.
Wilhelm. Als er endlich ſahe, daß er mit der
Liebe und mit Bitten bey mir nichts ver-
mochte; So wollte er Menſchheit, Ver-
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