Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.zu ernennen. Charakteristisch und komisch-ernst war sein Suchen und Finden des Depots dieses Regimentes während des sogen. Main-Feldzuges. Nach dem Friedensschlusse wurde der Leutnant "auf Kriegsdauer" abgedankt und wollte nun auf seine ihm offen gehaltene Stelle im Bon-marche zurückkehren, konnte aber hierzu keinen Pass erhalten, da er nicht mehr Leutnant im 4., aber noch Gemeiner im Leibregimente sei. Als alle Schritte einen Pass nach Paris zu erlangen fehlschlugen, stellte er sich beim Leibregimente zu Dienste, wurde zunächst Sergeante und auf Fürsprache seiner Kameraden im 4. und seiner Vorgesetzten im Leibregimente als Leutnant reaktiviert. So wurde Fritz eigentlich wider Willen Soldat. Als solcher aber war er an seinem Platze. Die Disziplin schliff seinen Trotzkopf ab, ließ aber einen festen und starken Willen zurück, durch Hindernisse und Gefahren hindurch eine gegebene Aufgabe zu lösen oder ein gestecktes Ziel zu erreichen. Der Krieg von 1870/71 fand ihn als Leutnant im Leibregimente, welches dem 1. bayer. Armeekorps unter General von Tann zugetheilt war. Das Leibregimente erlitt die schwersten Verluste im 1. Armeekorps, denn das Draufgehen war den oberbayerischen Gebirgssöhnen, aus denen es zur grösseren Hälfte bestand, eine Lust, aber - so sagte mein Bruder - sie aus einer gefährdeten Stellung oder dem übermächtigen Gegener gegenüber zurückzunehmen, das war eine Kunst. Fritz kam bei Wörth, Beaugency und Sedan-Bezeilles ins Feuer, dann machte er von Oktober bis Dezember den sogen. Loire-Feldzug mit seinen zahlreichen blutigen Gefechten mit, besonders 2 mal bei Artenai, 2 mal vor Orleans und zuletzt gegen die neue grosse Loire-Armee im Walde von Marchenoir am 7.-9. Dez. 1870. Von hier führte er als einziger noch übriger Offizier das auf 300 Mann zusammengeschrumpfte 3. Bataillon des Leibregimentes nach Fontainebeau zurück. Die erste Schlacht bei Artenai brachte ihm das eiserne Kreuz und das bayerische Militärverdienstkreuz, im Walde von Marchenoir bei Le Mons vereitelte er aus eigenem Antriebe die Umgehung des rechten deutschen Flügels zu ernennen. Charakteristisch und komisch-ernst war sein Suchen und Finden des Depots dieses Regimentes während des sogen. Main-Feldzuges. Nach dem Friedensschlusse wurde der Leutnant ”auf Kriegsdauer“ abgedankt und wollte nun auf seine ihm offen gehaltene Stelle im Bon-marché zurückkehren, konnte aber hierzu keinen Pass erhalten, da er nicht mehr Leutnant im 4., aber noch Gemeiner im Leibregimente sei. Als alle Schritte einen Pass nach Paris zu erlangen fehlschlugen, stellte er sich beim Leibregimente zu Dienste, wurde zunächst Sergeante und auf Fürsprache seiner Kameraden im 4. und seiner Vorgesetzten im Leibregimente als Leutnant reaktiviert. So wurde Fritz eigentlich wider Willen Soldat. Als solcher aber war er an seinem Platze. Die Disziplin schliff seinen Trotzkopf ab, ließ aber einen festen und starken Willen zurück, durch Hindernisse und Gefahren hindurch eine gegebene Aufgabe zu lösen oder ein gestecktes Ziel zu erreichen. Der Krieg von 1870/71 fand ihn als Leutnant im Leibregimente, welches dem 1. bayer. Armeekorps unter General von Tann zugetheilt war. Das Leibregimente erlitt die schwersten Verluste im 1. Armeekorps, denn das Draufgehen war den oberbayerischen Gebirgssöhnen, aus denen es zur grösseren Hälfte bestand, eine Lust, aber - so sagte mein Bruder - sie aus einer gefährdeten Stellung oder dem übermächtigen Gegener gegenüber zurückzunehmen, das war eine Kunst. Fritz kam bei Wörth, Beaugency und Sedan-Bezeilles ins Feuer, dann machte er von Oktober bis Dezember den sogen. Loire-Feldzug mit seinen zahlreichen blutigen Gefechten mit, besonders 2 mal bei Artenai, 2 mal vor Orleans und zuletzt gegen die neue grosse Loire-Armee im Walde von Marchenoir am 7.-9. Dez. 1870. Von hier führte er als einziger noch übriger Offizier das auf 300 Mann zusammengeschrumpfte 3. Bataillon des Leibregimentes nach Fontainebeau zurück. Die erste Schlacht bei Artenai brachte ihm das eiserne Kreuz und das bayerische Militärverdienstkreuz, im Walde von Marchenoir bei Le Mons vereitelte er aus eigenem Antriebe die Umgehung des rechten deutschen Flügels <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0009" n="9"/> zu ernennen. Charakteristisch und komisch-ernst war sein Suchen und Finden des Depots dieses Regimentes während des sogen. Main-Feldzuges. Nach dem Friedensschlusse wurde der Leutnant ”auf Kriegsdauer“ abgedankt und wollte nun auf seine ihm offen gehaltene Stelle im Bon-marché zurückkehren, konnte aber hierzu keinen Pass erhalten, da er nicht mehr Leutnant im 4., aber noch Gemeiner im Leibregimente sei. Als alle Schritte einen Pass nach Paris zu erlangen fehlschlugen, stellte er sich beim Leibregimente zu Dienste, wurde zunächst Sergeante und auf Fürsprache seiner Kameraden im 4. und seiner Vorgesetzten im Leibregimente als Leutnant reaktiviert. So wurde Fritz eigentlich wider Willen Soldat. Als solcher aber war er an seinem Platze. Die Disziplin schliff seinen Trotzkopf ab, ließ aber einen festen und starken Willen zurück, durch Hindernisse und Gefahren hindurch eine gegebene Aufgabe zu lösen oder ein gestecktes Ziel zu erreichen. Der Krieg von 1870/71 fand ihn als Leutnant im Leibregimente, welches dem 1. bayer. Armeekorps unter General von Tann zugetheilt war. Das Leibregimente erlitt die schwersten Verluste im 1. Armeekorps, denn das Draufgehen war den oberbayerischen Gebirgssöhnen, aus denen es zur grösseren Hälfte bestand, eine Lust, aber - so sagte mein Bruder - sie aus einer gefährdeten Stellung oder dem übermächtigen Gegener gegenüber zurückzunehmen, das war eine Kunst. Fritz kam bei Wörth, Beaugency und Sedan-Bezeilles ins Feuer, dann machte er von Oktober bis Dezember den sogen. Loire-Feldzug mit seinen zahlreichen blutigen Gefechten mit, besonders 2 mal bei Artenai, 2 mal vor Orleans und zuletzt gegen die neue grosse Loire-Armee im Walde von Marchenoir am 7.-9. Dez. 1870. Von hier führte er als einziger noch übriger Offizier das auf 300 Mann zusammengeschrumpfte 3. Bataillon des Leibregimentes nach Fontainebeau zurück. Die erste Schlacht bei Artenai brachte ihm das eiserne Kreuz und das bayerische Militärverdienstkreuz, im Walde von Marchenoir bei Le Mons vereitelte er aus eigenem Antriebe die Umgehung des rechten deutschen Flügels </p> </div> </body> </text> </TEI> [9/0009]
zu ernennen. Charakteristisch und komisch-ernst war sein Suchen und Finden des Depots dieses Regimentes während des sogen. Main-Feldzuges. Nach dem Friedensschlusse wurde der Leutnant ”auf Kriegsdauer“ abgedankt und wollte nun auf seine ihm offen gehaltene Stelle im Bon-marché zurückkehren, konnte aber hierzu keinen Pass erhalten, da er nicht mehr Leutnant im 4., aber noch Gemeiner im Leibregimente sei. Als alle Schritte einen Pass nach Paris zu erlangen fehlschlugen, stellte er sich beim Leibregimente zu Dienste, wurde zunächst Sergeante und auf Fürsprache seiner Kameraden im 4. und seiner Vorgesetzten im Leibregimente als Leutnant reaktiviert. So wurde Fritz eigentlich wider Willen Soldat. Als solcher aber war er an seinem Platze. Die Disziplin schliff seinen Trotzkopf ab, ließ aber einen festen und starken Willen zurück, durch Hindernisse und Gefahren hindurch eine gegebene Aufgabe zu lösen oder ein gestecktes Ziel zu erreichen. Der Krieg von 1870/71 fand ihn als Leutnant im Leibregimente, welches dem 1. bayer. Armeekorps unter General von Tann zugetheilt war. Das Leibregimente erlitt die schwersten Verluste im 1. Armeekorps, denn das Draufgehen war den oberbayerischen Gebirgssöhnen, aus denen es zur grösseren Hälfte bestand, eine Lust, aber - so sagte mein Bruder - sie aus einer gefährdeten Stellung oder dem übermächtigen Gegener gegenüber zurückzunehmen, das war eine Kunst. Fritz kam bei Wörth, Beaugency und Sedan-Bezeilles ins Feuer, dann machte er von Oktober bis Dezember den sogen. Loire-Feldzug mit seinen zahlreichen blutigen Gefechten mit, besonders 2 mal bei Artenai, 2 mal vor Orleans und zuletzt gegen die neue grosse Loire-Armee im Walde von Marchenoir am 7.-9. Dez. 1870. Von hier führte er als einziger noch übriger Offizier das auf 300 Mann zusammengeschrumpfte 3. Bataillon des Leibregimentes nach Fontainebeau zurück. Die erste Schlacht bei Artenai brachte ihm das eiserne Kreuz und das bayerische Militärverdienstkreuz, im Walde von Marchenoir bei Le Mons vereitelte er aus eigenem Antriebe die Umgehung des rechten deutschen Flügels
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