Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.Vom Frankenthal ging die Reise mit meinem Gymnasial-Intimus Louis Heintz weiter über Frankfurt, theils mit dem mir neuen Dampfschiffe auf dem Main, theils über Land mit dem Wagen nach Würzburg und Bamberg. Wie viel boten diese alten Städte und durchzogenen Gegenden unseren schaulustigen jungen Augen. In Erlangen nahmen wir zusammen eine Wohnung mit grossem Arbeitszimmer und 2 Schlafzimmern, sahen uns die Stadt und besonders was zur Universität gehörte mit mehreren Konfüchsen an und wurden angesehen. Namentlich die grünen Bayreuther Mützen suchten uns zu ködern, fingen aber nur einen. Die rothen Bubenreuther- und die weissen Utterreuther-Mützen lockten weniger zudringlich und ohne augenblicklichen Erfolg. Uns zusagende Burschen fanden wir bei einer Gesellschaft, die sich obskur trug, aber durch ungeschriebene Satzungen, also durch persönliche Freundschaft zusammengehalten wurde. Es war die durch die Scherzfarben braun, braun und nochmals braun zusammengehaltenen Bavaro-Cafaria. Die meisten Mitglieder waren Pfälzer (in Erlangen spottweise Kaffern genannt) dann Oberfranken, Oberpfälzer und Schwaben. Die Zahl schwankte in den verschiedenen Semestern zwischen 20 und 30. Kameradschaftliches Zusammenleben war der Zweck der Verbindung, die ihr festes Lokal hatte und 3 offizielle Kneipabende wöchentlich hielt, ausserdem gemeinsam den Fechtboden belegte ohne dass Pauckzwang bestand. Die Kneipabende waren sehr gemüthlich, wurden öfter auch von Couleur-Studenten besucht. Die pfälzische Lebhaftigkeit machte sich dermassen geltend, dass man in Professorenkreisen auf starkes Trinken schloss. Gelegentlich interpellierte mich darüber der Prorektor und war sehr erstaunt, als ich ihm sagen musste, dass unser Kneipwirth den Zuschlag zum allgemeinen Bierpreise, durch welchen Zuschlag wir die Lokalmiethe bezahlten, wegen zu geringen Bierverbrauchs fortwährend erhöhte. Rohe und unsaubere Elemente duldeten wir nicht. Da wir viele musikliebende Leute hatten, wurde die Musik besonders an Sonntag-Nachmittagen gepflegt, scherzweise auch Musik mit Kindertrompetchen Vom Frankenthal ging die Reise mit meinem Gymnasial-Intimus Louis Heintz weiter über Frankfurt, theils mit dem mir neuen Dampfschiffe auf dem Main, theils über Land mit dem Wagen nach Würzburg und Bamberg. Wie viel boten diese alten Städte und durchzogenen Gegenden unseren schaulustigen jungen Augen. In Erlangen nahmen wir zusammen eine Wohnung mit grossem Arbeitszimmer und 2 Schlafzimmern, sahen uns die Stadt und besonders was zur Universität gehörte mit mehreren Konfüchsen an und wurden angesehen. Namentlich die grünen Bayreuther Mützen suchten uns zu ködern, fingen aber nur einen. Die rothen Bubenreuther- und die weissen Utterreuther-Mützen lockten weniger zudringlich und ohne augenblicklichen Erfolg. Uns zusagende Burschen fanden wir bei einer Gesellschaft, die sich obskur trug, aber durch ungeschriebene Satzungen, also durch persönliche Freundschaft zusammengehalten wurde. Es war die durch die Scherzfarben braun, braun und nochmals braun zusammengehaltenen Bavaro-Cafaria. Die meisten Mitglieder waren Pfälzer (in Erlangen spottweise Kaffern genannt) dann Oberfranken, Oberpfälzer und Schwaben. Die Zahl schwankte in den verschiedenen Semestern zwischen 20 und 30. Kameradschaftliches Zusammenleben war der Zweck der Verbindung, die ihr festes Lokal hatte und 3 offizielle Kneipabende wöchentlich hielt, ausserdem gemeinsam den Fechtboden belegte ohne dass Pauckzwang bestand. Die Kneipabende waren sehr gemüthlich, wurden öfter auch von Couleur-Studenten besucht. Die pfälzische Lebhaftigkeit machte sich dermassen geltend, dass man in Professorenkreisen auf starkes Trinken schloss. Gelegentlich interpellierte mich darüber der Prorektor und war sehr erstaunt, als ich ihm sagen musste, dass unser Kneipwirth den Zuschlag zum allgemeinen Bierpreise, durch welchen Zuschlag wir die Lokalmiethe bezahlten, wegen zu geringen Bierverbrauchs fortwährend erhöhte. Rohe und unsaubere Elemente duldeten wir nicht. Da wir viele musikliebende Leute hatten, wurde die Musik besonders an Sonntag-Nachmittagen gepflegt, scherzweise auch Musik mit Kindertrompetchen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0028" n="28"/> Vom Frankenthal ging die Reise mit meinem Gymnasial-Intimus Louis Heintz weiter über Frankfurt, theils mit dem mir neuen Dampfschiffe auf dem Main, theils über Land mit dem Wagen nach Würzburg und Bamberg. Wie viel boten diese alten Städte und durchzogenen Gegenden unseren schaulustigen jungen Augen. In Erlangen nahmen wir zusammen eine Wohnung mit grossem Arbeitszimmer und 2 Schlafzimmern, sahen uns die Stadt und besonders was zur Universität gehörte mit mehreren Konfüchsen an und wurden angesehen.</p> <p>Namentlich die grünen Bayreuther Mützen suchten uns zu ködern, fingen aber nur <hi rendition="#u">einen</hi>. Die rothen Bubenreuther- und die weissen Utterreuther-Mützen lockten weniger zudringlich und ohne augenblicklichen Erfolg. Uns zusagende Burschen fanden wir bei einer Gesellschaft, die sich obskur trug, aber durch ungeschriebene Satzungen, also durch persönliche Freundschaft zusammengehalten wurde. Es war die durch die Scherzfarben braun, braun und nochmals braun zusammengehaltenen Bavaro-Cafaria. Die meisten Mitglieder waren Pfälzer (in Erlangen spottweise Kaffern genannt) dann Oberfranken, Oberpfälzer und Schwaben. Die Zahl schwankte in den verschiedenen Semestern zwischen 20 und 30.</p> <p>Kameradschaftliches Zusammenleben war der Zweck der Verbindung, die ihr festes Lokal hatte und 3 offizielle Kneipabende wöchentlich hielt, ausserdem gemeinsam den Fechtboden belegte ohne dass Pauckzwang bestand. Die Kneipabende waren sehr gemüthlich, wurden öfter auch von Couleur-Studenten besucht. Die pfälzische Lebhaftigkeit machte sich dermassen geltend, dass man in Professorenkreisen auf starkes Trinken schloss. Gelegentlich interpellierte mich darüber der Prorektor und war sehr erstaunt, als ich ihm sagen musste, dass unser Kneipwirth den Zuschlag zum allgemeinen Bierpreise, durch welchen Zuschlag wir die Lokalmiethe bezahlten, wegen zu geringen Bierverbrauchs fortwährend erhöhte. Rohe und unsaubere Elemente duldeten wir nicht. Da wir viele musikliebende Leute hatten, wurde die Musik besonders an Sonntag-Nachmittagen gepflegt, scherzweise auch Musik mit Kindertrompetchen </p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0028]
Vom Frankenthal ging die Reise mit meinem Gymnasial-Intimus Louis Heintz weiter über Frankfurt, theils mit dem mir neuen Dampfschiffe auf dem Main, theils über Land mit dem Wagen nach Würzburg und Bamberg. Wie viel boten diese alten Städte und durchzogenen Gegenden unseren schaulustigen jungen Augen. In Erlangen nahmen wir zusammen eine Wohnung mit grossem Arbeitszimmer und 2 Schlafzimmern, sahen uns die Stadt und besonders was zur Universität gehörte mit mehreren Konfüchsen an und wurden angesehen.
Namentlich die grünen Bayreuther Mützen suchten uns zu ködern, fingen aber nur einen. Die rothen Bubenreuther- und die weissen Utterreuther-Mützen lockten weniger zudringlich und ohne augenblicklichen Erfolg. Uns zusagende Burschen fanden wir bei einer Gesellschaft, die sich obskur trug, aber durch ungeschriebene Satzungen, also durch persönliche Freundschaft zusammengehalten wurde. Es war die durch die Scherzfarben braun, braun und nochmals braun zusammengehaltenen Bavaro-Cafaria. Die meisten Mitglieder waren Pfälzer (in Erlangen spottweise Kaffern genannt) dann Oberfranken, Oberpfälzer und Schwaben. Die Zahl schwankte in den verschiedenen Semestern zwischen 20 und 30.
Kameradschaftliches Zusammenleben war der Zweck der Verbindung, die ihr festes Lokal hatte und 3 offizielle Kneipabende wöchentlich hielt, ausserdem gemeinsam den Fechtboden belegte ohne dass Pauckzwang bestand. Die Kneipabende waren sehr gemüthlich, wurden öfter auch von Couleur-Studenten besucht. Die pfälzische Lebhaftigkeit machte sich dermassen geltend, dass man in Professorenkreisen auf starkes Trinken schloss. Gelegentlich interpellierte mich darüber der Prorektor und war sehr erstaunt, als ich ihm sagen musste, dass unser Kneipwirth den Zuschlag zum allgemeinen Bierpreise, durch welchen Zuschlag wir die Lokalmiethe bezahlten, wegen zu geringen Bierverbrauchs fortwährend erhöhte. Rohe und unsaubere Elemente duldeten wir nicht. Da wir viele musikliebende Leute hatten, wurde die Musik besonders an Sonntag-Nachmittagen gepflegt, scherzweise auch Musik mit Kindertrompetchen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-01-14T12:32:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-14T12:32:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-14T12:32:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |