Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.moderne Welt: Wenn so ein junger Mensch heute mal ernst¬ Meister Timpe begann laut zu husten und versuchte, "Niemals würde ich das, Meister. Ich glaube nur das, Der aufgeklärte Altgeselle saß mit dem Gesicht der Haus¬ Johannes Timpe zeigte sich plötzlich sehr wohlgelaunt. "Nun, was giebt's Neues?" moderne Welt: Wenn ſo ein junger Menſch heute mal ernſt¬ Meiſter Timpe begann laut zu huſten und verſuchte, „Niemals würde ich das, Meiſter. Ich glaube nur das, Der aufgeklärte Altgeſelle ſaß mit dem Geſicht der Haus¬ Johannes Timpe zeigte ſich plötzlich ſehr wohlgelaunt. „Nun, was giebt's Neues?“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0094" n="82"/> moderne Welt: Wenn ſo ein junger Menſch heute mal ernſt¬<lb/> lich arbeitet, dann heißt es gleich: er iſt krank; und ſeine<lb/> Mutter möchte am liebſten ſofort nach dem Doktor ſchicken:<lb/> Die Sache kommt mir verdächtig vor: wenn er Euch nur<lb/> nicht geſtern Abend ein Schnippchen geſchlagen hat und Heidi!<lb/> zu ſeinen Freunden gegangen iſt“.</p><lb/> <p>Meiſter Timpe begann laut zu huſten und verſuchte,<lb/> dieſen Verdacht mit gut geheuchelter Entrüſtung von Franz<lb/> abzuwehren. Um in ſeinen Bemühungen einen Bundesgenoſſen<lb/> zu haben, trat er Thomas Beyer <choice><sic>anf</sic><corr>auf</corr></choice> den Fuß, machte eine<lb/> Pantomime und fragte: „Nicht wahr, Sie glauben das<lb/> auch nicht?“</p><lb/> <p>„Niemals würde ich das, Meiſter. Ich glaube nur das,<lb/> was ich ſehe und weiß. Ueber Glauben und Wiſſen ließe ſich<lb/> überhaupt ſo manches ſprechen. Da habe ich neulich einen<lb/> Vortrag gehört —“</p><lb/> <p>Der aufgeklärte Altgeſelle ſaß mit dem Geſicht der Haus¬<lb/> thüre zugewendet und erblickte nun Kruſemeyer, der mit einem<lb/> „Guten Abend, Herrſchaften!“ den Garten betrat und bedächtig<lb/> einen Fuß vor den anderen ſetzend, langſam herankam, als<lb/> befände er ſich auf einem nächtlichen Patrouillengang der<lb/> keine Uebereilung dulde. So kam es denn, daß Thomas<lb/> Beyer ſeinen Satz nicht beendete, ſondern ſofort aufſprang,<lb/> um dem Weißbart ein Plätzchen zu verſchaffen.</p><lb/> <p>Johannes Timpe zeigte ſich plötzlich ſehr wohlgelaunt.<lb/> Er hatte dem Hausſchuſter, der die ausgebeſſerten Stiefel,<lb/> die er mitgebracht hatte, noch einmal mit Wohlgefallen<lb/> prüfte, kaum ein Glas Bier vorgeſetzt, als er auch ſchon<lb/> fragte:</p><lb/> <p>„Nun, was giebt's Neues?“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [82/0094]
moderne Welt: Wenn ſo ein junger Menſch heute mal ernſt¬
lich arbeitet, dann heißt es gleich: er iſt krank; und ſeine
Mutter möchte am liebſten ſofort nach dem Doktor ſchicken:
Die Sache kommt mir verdächtig vor: wenn er Euch nur
nicht geſtern Abend ein Schnippchen geſchlagen hat und Heidi!
zu ſeinen Freunden gegangen iſt“.
Meiſter Timpe begann laut zu huſten und verſuchte,
dieſen Verdacht mit gut geheuchelter Entrüſtung von Franz
abzuwehren. Um in ſeinen Bemühungen einen Bundesgenoſſen
zu haben, trat er Thomas Beyer auf den Fuß, machte eine
Pantomime und fragte: „Nicht wahr, Sie glauben das
auch nicht?“
„Niemals würde ich das, Meiſter. Ich glaube nur das,
was ich ſehe und weiß. Ueber Glauben und Wiſſen ließe ſich
überhaupt ſo manches ſprechen. Da habe ich neulich einen
Vortrag gehört —“
Der aufgeklärte Altgeſelle ſaß mit dem Geſicht der Haus¬
thüre zugewendet und erblickte nun Kruſemeyer, der mit einem
„Guten Abend, Herrſchaften!“ den Garten betrat und bedächtig
einen Fuß vor den anderen ſetzend, langſam herankam, als
befände er ſich auf einem nächtlichen Patrouillengang der
keine Uebereilung dulde. So kam es denn, daß Thomas
Beyer ſeinen Satz nicht beendete, ſondern ſofort aufſprang,
um dem Weißbart ein Plätzchen zu verſchaffen.
Johannes Timpe zeigte ſich plötzlich ſehr wohlgelaunt.
Er hatte dem Hausſchuſter, der die ausgebeſſerten Stiefel,
die er mitgebracht hatte, noch einmal mit Wohlgefallen
prüfte, kaum ein Glas Bier vorgeſetzt, als er auch ſchon
fragte:
„Nun, was giebt's Neues?“
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