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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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gesucht wurde; und da sie die Empfindung hatte, als müsse
sie ihrem vorlauten Gruße etwas hinzufügen, um nicht in
Verlegenheit zu gerathen, so sagte sie sehr lustig:

"Bitte, zeigen Sie mir doch einmal das unterirdische
Burgverließ, in das Sie mich früher zu werfen drohten,
wenn ich Ihnen nicht pariren wollte. Entsinnen Sie sich noch,
Herr Timpe?"

"Ich habe im Augenblick daran gedacht, mein Fräulein,
und freue mich, daß Sie mich bei unserer ersten Begegnung
auf etwas aufmerksam machen, wofür ich nachträglich vielmals
um Verzeihung bitten muß. Aber ich war damals ein sehr
ungezogener Junge, wie das oftmals in solchem Alter vor¬
kommen soll."

"Und jetzt sind wir Beide sehr vernünftig geworden,
wenigstens Sie, wie es scheint, denn von mir will man das
durchaus nicht behaupten. Schwester Bertha nennt mich eine
lose Range, wenn ich das Gebahren meines Hauslehrers in
Urfeld, des spindeldürren Kandidaten Knothe, nachahme; und
Schwester Alwine besitzt die große Freundlichkeit, sehr anzüg¬
liche Redensarten von einer Landpomeranze fallen zu lassen,
falls ich einmal die Verwegenheit besitze, bei Tisch in Gegen¬
wart von Gästen gewisse Schicklichkeiten nicht zu beobachten,
die mir sehr albern vorkommen ... Aber es ist so, wie Tante
Julie zu sagen pflegt: Wir sind allzumal Sünder."

Die Stimmung wurde durch diese im größten Uebermuthe
gesprochenen Worte eine so anheimelnde, daß die beiden
jungen Leute sich plötzlich so vertraut wie früher vorkamen
und sozusagen zwischen Thür und Angel eine launige Plau¬
derei begannen, in der eine Erinnerung die andere jagte.
Franz mußte von seinen Ungehörigen erzählen: Ob der

geſucht wurde; und da ſie die Empfindung hatte, als müſſe
ſie ihrem vorlauten Gruße etwas hinzufügen, um nicht in
Verlegenheit zu gerathen, ſo ſagte ſie ſehr luſtig:

„Bitte, zeigen Sie mir doch einmal das unterirdiſche
Burgverließ, in das Sie mich früher zu werfen drohten,
wenn ich Ihnen nicht pariren wollte. Entſinnen Sie ſich noch,
Herr Timpe?“

„Ich habe im Augenblick daran gedacht, mein Fräulein,
und freue mich, daß Sie mich bei unſerer erſten Begegnung
auf etwas aufmerkſam machen, wofür ich nachträglich vielmals
um Verzeihung bitten muß. Aber ich war damals ein ſehr
ungezogener Junge, wie das oftmals in ſolchem Alter vor¬
kommen ſoll.“

„Und jetzt ſind wir Beide ſehr vernünftig geworden,
wenigſtens Sie, wie es ſcheint, denn von mir will man das
durchaus nicht behaupten. Schweſter Bertha nennt mich eine
loſe Range, wenn ich das Gebahren meines Hauslehrers in
Urfeld, des ſpindeldürren Kandidaten Knothe, nachahme; und
Schweſter Alwine beſitzt die große Freundlichkeit, ſehr anzüg¬
liche Redensarten von einer Landpomeranze fallen zu laſſen,
falls ich einmal die Verwegenheit beſitze, bei Tiſch in Gegen¬
wart von Gäſten gewiſſe Schicklichkeiten nicht zu beobachten,
die mir ſehr albern vorkommen ... Aber es iſt ſo, wie Tante
Julie zu ſagen pflegt: Wir ſind allzumal Sünder.“

Die Stimmung wurde durch dieſe im größten Uebermuthe
geſprochenen Worte eine ſo anheimelnde, daß die beiden
jungen Leute ſich plötzlich ſo vertraut wie früher vorkamen
und ſozuſagen zwiſchen Thür und Angel eine launige Plau¬
derei begannen, in der eine Erinnerung die andere jagte.
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[52/0064] geſucht wurde; und da ſie die Empfindung hatte, als müſſe ſie ihrem vorlauten Gruße etwas hinzufügen, um nicht in Verlegenheit zu gerathen, ſo ſagte ſie ſehr luſtig: „Bitte, zeigen Sie mir doch einmal das unterirdiſche Burgverließ, in das Sie mich früher zu werfen drohten, wenn ich Ihnen nicht pariren wollte. Entſinnen Sie ſich noch, Herr Timpe?“ „Ich habe im Augenblick daran gedacht, mein Fräulein, und freue mich, daß Sie mich bei unſerer erſten Begegnung auf etwas aufmerkſam machen, wofür ich nachträglich vielmals um Verzeihung bitten muß. Aber ich war damals ein ſehr ungezogener Junge, wie das oftmals in ſolchem Alter vor¬ kommen ſoll.“ „Und jetzt ſind wir Beide ſehr vernünftig geworden, wenigſtens Sie, wie es ſcheint, denn von mir will man das durchaus nicht behaupten. Schweſter Bertha nennt mich eine loſe Range, wenn ich das Gebahren meines Hauslehrers in Urfeld, des ſpindeldürren Kandidaten Knothe, nachahme; und Schweſter Alwine beſitzt die große Freundlichkeit, ſehr anzüg¬ liche Redensarten von einer Landpomeranze fallen zu laſſen, falls ich einmal die Verwegenheit beſitze, bei Tiſch in Gegen¬ wart von Gäſten gewiſſe Schicklichkeiten nicht zu beobachten, die mir ſehr albern vorkommen ... Aber es iſt ſo, wie Tante Julie zu ſagen pflegt: Wir ſind allzumal Sünder.“ Die Stimmung wurde durch dieſe im größten Uebermuthe geſprochenen Worte eine ſo anheimelnde, daß die beiden jungen Leute ſich plötzlich ſo vertraut wie früher vorkamen und ſozuſagen zwiſchen Thür und Angel eine launige Plau¬ derei begannen, in der eine Erinnerung die andere jagte. Franz mußte von ſeinen Ungehörigen erzählen: Ob der

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/64>, abgerufen am 22.11.2024.