Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.seinen Liqueur, durch den er sich die Einsamkeit seines Jung¬ Er schlug vor, den Versuch zu machen, Ferdinand Man erging sich nun in den verschiedensten Plänen, die "Wenn Ihr mir ein Leichengewand besorgt, mich dabei Man hätte diese Pläne jedenfalls noch ins Ungeheuerliche ſeinen Liqueur, durch den er ſich die Einſamkeit ſeines Jung¬ Er ſchlug vor, den Verſuch zu machen, Ferdinand Man erging ſich nun in den verſchiedenſten Plänen, die „Wenn Ihr mir ein Leichengewand beſorgt, mich dabei Man hätte dieſe Pläne jedenfalls noch ins Ungeheuerliche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0046" n="34"/> ſeinen Liqueur, durch den er ſich die Einſamkeit ſeines Jung¬<lb/> geſellenlebens troſtreicher zu machen verſuchte.</p><lb/> <p>Er ſchlug vor, den Verſuch zu machen, Ferdinand<lb/> Friedrich Urban von der Errichtung der Fabrik abzubringen,<lb/> ſchon des Freikonzertes wegen, welches die Nachtigallen im<lb/> Sommer zum Beſten gäben, worauf der Berliner dieſen guten<lb/> Gedanken mit einem: „Det ſtimmt“, beſtätigte — ein Stich¬<lb/> wort, das er den Tag über unzählige Mal anzuwenden wußte.</p><lb/> <p>Man erging ſich nun in den verſchiedenſten Plänen, die<lb/> jedoch alle als nicht beſonders wirkungsvoll verworfen wurden,<lb/> bis endlich Theobald Spiller, genannt Spillerich, den Vogel<lb/> abſchoß, indem er ſagte, man müſſe das Gerücht verbreiten,<lb/> der Geiſt von Frau Urbans erſtem Manne ginge im Garten<lb/> umher, um ſich gegen die beginnende Verwüſtung zu ver¬<lb/> wahren.</p><lb/> <p>„Wenn Ihr mir ein Leichengewand beſorgt, mich dabei<lb/> nicht verhungern läßt und ſofort bei der Hand ſeid, wenn ich<lb/> um Hilfe rufen ſollte, ſo mache ich die Geſchichte“, ſagte der<lb/> kleine Sachſe zum Gaudium der Uebrigen, indem er die<lb/> Spähne von ſeinem in der Form einer Kugelakazie geſtutzten<lb/> Haar entfernte.</p><lb/> <p>Man hätte dieſe Pläne jedenfalls noch ins Ungeheuerliche<lb/> geſponnen, wenn nicht Franz Timpe vor den Fenſtern wieder<lb/> ſichtbar geworden wäre. In der Werkſtatt konnte ihn Nie¬<lb/> mand ſeines Hochmuths wegen leiden. Er hatte die Manier,<lb/> äußerſt herablaſſend zu thun und auf einen Gruß kaum einen<lb/> Dank zu finden; dagegen verlangte er äußerſt herriſch die<lb/> Erfüllung ſeiner Wünſche. Vernahm er den freundlichen<lb/> Ton, in welchem der Drechslermeiſter mit den Geſellen ver¬<lb/> kehrte, ſo fühlte er ſich dadurch unangenehm berührt. Es<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [34/0046]
ſeinen Liqueur, durch den er ſich die Einſamkeit ſeines Jung¬
geſellenlebens troſtreicher zu machen verſuchte.
Er ſchlug vor, den Verſuch zu machen, Ferdinand
Friedrich Urban von der Errichtung der Fabrik abzubringen,
ſchon des Freikonzertes wegen, welches die Nachtigallen im
Sommer zum Beſten gäben, worauf der Berliner dieſen guten
Gedanken mit einem: „Det ſtimmt“, beſtätigte — ein Stich¬
wort, das er den Tag über unzählige Mal anzuwenden wußte.
Man erging ſich nun in den verſchiedenſten Plänen, die
jedoch alle als nicht beſonders wirkungsvoll verworfen wurden,
bis endlich Theobald Spiller, genannt Spillerich, den Vogel
abſchoß, indem er ſagte, man müſſe das Gerücht verbreiten,
der Geiſt von Frau Urbans erſtem Manne ginge im Garten
umher, um ſich gegen die beginnende Verwüſtung zu ver¬
wahren.
„Wenn Ihr mir ein Leichengewand beſorgt, mich dabei
nicht verhungern läßt und ſofort bei der Hand ſeid, wenn ich
um Hilfe rufen ſollte, ſo mache ich die Geſchichte“, ſagte der
kleine Sachſe zum Gaudium der Uebrigen, indem er die
Spähne von ſeinem in der Form einer Kugelakazie geſtutzten
Haar entfernte.
Man hätte dieſe Pläne jedenfalls noch ins Ungeheuerliche
geſponnen, wenn nicht Franz Timpe vor den Fenſtern wieder
ſichtbar geworden wäre. In der Werkſtatt konnte ihn Nie¬
mand ſeines Hochmuths wegen leiden. Er hatte die Manier,
äußerſt herablaſſend zu thun und auf einen Gruß kaum einen
Dank zu finden; dagegen verlangte er äußerſt herriſch die
Erfüllung ſeiner Wünſche. Vernahm er den freundlichen
Ton, in welchem der Drechslermeiſter mit den Geſellen ver¬
kehrte, ſo fühlte er ſich dadurch unangenehm berührt. Es
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