lich hielt man ihn für einen Duckmäuser, der wohl wisse, wie viel er in seinem Beutel habe, aber den Menschen Sand in die Augen streue, um ihrer aufdringlichen Freundschaft zu entgehen. Gewiß würde schon die Zeit kommen, wo der Säckel sich öffnete, und Herr und Frau Timpe sich der Welt als wohlhabendes Ehepaar präsentirten, das bis an sein Lebensende aus den Fenstern eines stattlichen Hauses heraus¬ blickte. Ja, es kam so weit, daß neidische Nachbarsleute, die es niemals verziehen, daß der Sohn des Handwerkers eine glänzende Partie gemacht hatte, in unzweideutiger Weise von einem Geizhalse sprachen und nur zu leicht durchblicken ließen, wer damit gemeint sei.
Johannes Timpe und ein Geizhals! Als der Meister zufälligerweise von dieser Bezeichnung erfuhr, mußte er trotz seiner düsteren Stimmung laut auflachen. Es fiel ihm aber nicht im Geringsten ein, diesem theils schmeichelhaften, theils wenig angenehmen Gerüchte entgegenzutreten. Trug alles das doch dazu bei, über seine wirklichen Verhältnisse hinweg zu täuschen und der Welt das traurige Schauspiel, in dem ein gewissenloses Kind die Hauptrolle spielte, zu ersparen.
So führte er von nun an eine Art Scheinexistenz, durch die er sich genöthigt sah, den Ruin im Hause durch das äußere Renommee zu verdecken. Das ging soweit, daß er zuletzt sich selbst betrog und an den vermögenden Vater des vermögen¬ den Sohnes glaubte. Und diese fixe Idee steigerte sich in demselben Maaße, in dem seine Ersparnisse zusammen¬ schrumpften und das Gespenst des gänzlichen Unterganges immer drohender heranzog und riesiger vor seinen Augen auf¬ tauchte. Aber seine Gleichgültigkeit gegen die Vorkommnisse des Tages war bereit so groß, daß er sich langsam vom
lich hielt man ihn für einen Duckmäuſer, der wohl wiſſe, wie viel er in ſeinem Beutel habe, aber den Menſchen Sand in die Augen ſtreue, um ihrer aufdringlichen Freundſchaft zu entgehen. Gewiß würde ſchon die Zeit kommen, wo der Säckel ſich öffnete, und Herr und Frau Timpe ſich der Welt als wohlhabendes Ehepaar präſentirten, das bis an ſein Lebensende aus den Fenſtern eines ſtattlichen Hauſes heraus¬ blickte. Ja, es kam ſo weit, daß neidiſche Nachbarsleute, die es niemals verziehen, daß der Sohn des Handwerkers eine glänzende Partie gemacht hatte, in unzweideutiger Weiſe von einem Geizhalſe ſprachen und nur zu leicht durchblicken ließen, wer damit gemeint ſei.
Johannes Timpe und ein Geizhals! Als der Meiſter zufälligerweiſe von dieſer Bezeichnung erfuhr, mußte er trotz ſeiner düſteren Stimmung laut auflachen. Es fiel ihm aber nicht im Geringſten ein, dieſem theils ſchmeichelhaften, theils wenig angenehmen Gerüchte entgegenzutreten. Trug alles das doch dazu bei, über ſeine wirklichen Verhältniſſe hinweg zu täuſchen und der Welt das traurige Schauſpiel, in dem ein gewiſſenloſes Kind die Hauptrolle ſpielte, zu erſparen.
So führte er von nun an eine Art Scheinexiſtenz, durch die er ſich genöthigt ſah, den Ruin im Hauſe durch das äußere Renommee zu verdecken. Das ging ſoweit, daß er zuletzt ſich ſelbſt betrog und an den vermögenden Vater des vermögen¬ den Sohnes glaubte. Und dieſe fixe Idee ſteigerte ſich in demſelben Maaße, in dem ſeine Erſparniſſe zuſammen¬ ſchrumpften und das Geſpenſt des gänzlichen Unterganges immer drohender heranzog und rieſiger vor ſeinen Augen auf¬ tauchte. Aber ſeine Gleichgültigkeit gegen die Vorkommniſſe des Tages war bereit ſo groß, daß er ſich langſam vom
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lich hielt man ihn für einen Duckmäuſer, der wohl wiſſe, wie
viel er in ſeinem Beutel habe, aber den Menſchen Sand in
die Augen ſtreue, um ihrer aufdringlichen Freundſchaft zu
entgehen. Gewiß würde ſchon die Zeit kommen, wo der
Säckel ſich öffnete, und Herr und Frau Timpe ſich der Welt
als wohlhabendes Ehepaar präſentirten, das bis an ſein
Lebensende aus den Fenſtern eines ſtattlichen Hauſes heraus¬
blickte. Ja, es kam ſo weit, daß neidiſche Nachbarsleute, die
es niemals verziehen, daß der Sohn des Handwerkers eine
glänzende Partie gemacht hatte, in unzweideutiger Weiſe
von einem Geizhalſe ſprachen und nur zu leicht durchblicken
ließen, wer damit gemeint ſei.
Johannes Timpe und ein Geizhals! Als der Meiſter
zufälligerweiſe von dieſer Bezeichnung erfuhr, mußte er trotz
ſeiner düſteren Stimmung laut auflachen. Es fiel ihm aber
nicht im Geringſten ein, dieſem theils ſchmeichelhaften, theils
wenig angenehmen Gerüchte entgegenzutreten. Trug alles
das doch dazu bei, über ſeine wirklichen Verhältniſſe hinweg
zu täuſchen und der Welt das traurige Schauſpiel, in dem
ein gewiſſenloſes Kind die Hauptrolle ſpielte, zu erſparen.
So führte er von nun an eine Art Scheinexiſtenz, durch
die er ſich genöthigt ſah, den Ruin im Hauſe durch das äußere
Renommee zu verdecken. Das ging ſoweit, daß er zuletzt ſich
ſelbſt betrog und an den vermögenden Vater des vermögen¬
den Sohnes glaubte. Und dieſe fixe Idee ſteigerte ſich in
demſelben Maaße, in dem ſeine Erſparniſſe zuſammen¬
ſchrumpften und das Geſpenſt des gänzlichen Unterganges
immer drohender heranzog und rieſiger vor ſeinen Augen auf¬
tauchte. Aber ſeine Gleichgültigkeit gegen die Vorkommniſſe
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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/234>, abgerufen am 25.11.2024.
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