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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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warum. . . . Na, die Krauses, wenn ich noch daran denke!
Das Paar war lustig anzusehen. Die Frau war drei Köpfe
größer als der Mann, und Er trug immer die größte Angst¬
röhre, die nur aufzutreiben war, um zu beweisen, daß er der
Herr sei. Aber da hatte sich was! Die Frau kommandirte
nach dem Markt gehen und einkaufen, und er wurde von ihr
wieder retour geschickt, wenn er nicht das Richtige gebracht
hatte. Die Jungens liefen hinter ihm her und nannten ihn
immer "Muttern's Schlafmütze" . . . Da war auch noch der
alte Kantor Riez, Gott laß' ihn selig ruhen! Er war so
vergeßlich, daß er einmal sein eignes Haus nicht finden konnte
und mich auf der Straße fragte, ob ich nicht wisse, wo der
Kantor Riez wohne. Na, ich habe lachen müssen!"

Und das Endwort dieser Erinnerungen Gottfried Timpe's
war immer das alte: "Ja damals -- das waren noch andere
Zeiten!"

Viel Sorge hatte es dem Ehepaare gemacht, dem Alten
gegenüber einen Grund für die gänzliche Abwesenheit Franzen's
zu finden. Seit jenem Abend nämlich, an dem des Meisters
Mißtrauen gegen seinen Sohn so plötzlich erwacht und be¬
stätigt worden war, hatte er diesen nicht mehr zu Gesicht be¬
kommen. Am anderen Tage war, wie es schien, nachträglich,
eine gedruckte Verlobungsanzeige eingetroffen und einige Zeilen
Franzens, worin er anzeigte, daß er zum Mittagsessen nicht
erscheinen könne und die Eltern bat, das anfängliche Ver¬
schweigen seiner Verlobung nicht übel zu deuten. Da sein
Vater auf Urban nicht gut zu sprechen sei, so habe er ge¬
glaubt, man würde sein Glück nicht so auffassen, wie er es
wünschte. Er würde seinen Eltern immer in Liebe zugethan
sein, man solle es aber entschuldigen, wenn er von jetzt ab

warum. . . . Na, die Krauſes, wenn ich noch daran denke!
Das Paar war luſtig anzuſehen. Die Frau war drei Köpfe
größer als der Mann, und Er trug immer die größte Angſt¬
röhre, die nur aufzutreiben war, um zu beweiſen, daß er der
Herr ſei. Aber da hatte ſich was! Die Frau kommandirte
nach dem Markt gehen und einkaufen, und er wurde von ihr
wieder retour geſchickt, wenn er nicht das Richtige gebracht
hatte. Die Jungens liefen hinter ihm her und nannten ihn
immer „Muttern's Schlafmütze“ . . . Da war auch noch der
alte Kantor Riez, Gott laß' ihn ſelig ruhen! Er war ſo
vergeßlich, daß er einmal ſein eignes Haus nicht finden konnte
und mich auf der Straße fragte, ob ich nicht wiſſe, wo der
Kantor Riez wohne. Na, ich habe lachen müſſen!“

Und das Endwort dieſer Erinnerungen Gottfried Timpe's
war immer das alte: „Ja damals — das waren noch andere
Zeiten!“

Viel Sorge hatte es dem Ehepaare gemacht, dem Alten
gegenüber einen Grund für die gänzliche Abweſenheit Franzen's
zu finden. Seit jenem Abend nämlich, an dem des Meiſters
Mißtrauen gegen ſeinen Sohn ſo plötzlich erwacht und be¬
ſtätigt worden war, hatte er dieſen nicht mehr zu Geſicht be¬
kommen. Am anderen Tage war, wie es ſchien, nachträglich,
eine gedruckte Verlobungsanzeige eingetroffen und einige Zeilen
Franzens, worin er anzeigte, daß er zum Mittagseſſen nicht
erſcheinen könne und die Eltern bat, das anfängliche Ver¬
ſchweigen ſeiner Verlobung nicht übel zu deuten. Da ſein
Vater auf Urban nicht gut zu ſprechen ſei, ſo habe er ge¬
glaubt, man würde ſein Glück nicht ſo auffaſſen, wie er es
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ſein, man ſolle es aber entſchuldigen, wenn er von jetzt ab

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[160/0172] warum. . . . Na, die Krauſes, wenn ich noch daran denke! Das Paar war luſtig anzuſehen. Die Frau war drei Köpfe größer als der Mann, und Er trug immer die größte Angſt¬ röhre, die nur aufzutreiben war, um zu beweiſen, daß er der Herr ſei. Aber da hatte ſich was! Die Frau kommandirte nach dem Markt gehen und einkaufen, und er wurde von ihr wieder retour geſchickt, wenn er nicht das Richtige gebracht hatte. Die Jungens liefen hinter ihm her und nannten ihn immer „Muttern's Schlafmütze“ . . . Da war auch noch der alte Kantor Riez, Gott laß' ihn ſelig ruhen! Er war ſo vergeßlich, daß er einmal ſein eignes Haus nicht finden konnte und mich auf der Straße fragte, ob ich nicht wiſſe, wo der Kantor Riez wohne. Na, ich habe lachen müſſen!“ Und das Endwort dieſer Erinnerungen Gottfried Timpe's war immer das alte: „Ja damals — das waren noch andere Zeiten!“ Viel Sorge hatte es dem Ehepaare gemacht, dem Alten gegenüber einen Grund für die gänzliche Abweſenheit Franzen's zu finden. Seit jenem Abend nämlich, an dem des Meiſters Mißtrauen gegen ſeinen Sohn ſo plötzlich erwacht und be¬ ſtätigt worden war, hatte er dieſen nicht mehr zu Geſicht be¬ kommen. Am anderen Tage war, wie es ſchien, nachträglich, eine gedruckte Verlobungsanzeige eingetroffen und einige Zeilen Franzens, worin er anzeigte, daß er zum Mittagseſſen nicht erſcheinen könne und die Eltern bat, das anfängliche Ver¬ ſchweigen ſeiner Verlobung nicht übel zu deuten. Da ſein Vater auf Urban nicht gut zu ſprechen ſei, ſo habe er ge¬ glaubt, man würde ſein Glück nicht ſo auffaſſen, wie er es wünſchte. Er würde ſeinen Eltern immer in Liebe zugethan ſein, man ſolle es aber entſchuldigen, wenn er von jetzt ab

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/172>, abgerufen am 22.11.2024.