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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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gut sind und die Liebe zwischen Euch Beiden hält an: mein
Gott, weshalb sollte aus Euch Beiden nicht noch ein Paar
werden! Sie sind jung, Sie können noch warten. Sie
müssen vor Allem erst ein tüchtiger Kaufmann werden, sich
in meinem Geschäfte bewähren, dann bin ich nicht abgeneigt,
Fürsprecher bei meiner Frau zu werden. Das macht sich über¬
haupt nachher ganz von selbst. Aber wie gesagt: meine Interessen
wahrnehmen, rücksichtslos als Kaufmann sich zeigen, Zahlen¬
mensch durch und durch werden, immer denken: Erst mein
Chef
, dann ich! Dann werden Sie auch zu etwas kommen.
Wer weiß, was im Leben noch alles geschehen kann: schon
mancher Chef hat seinen Untergebenen zu sich emporgezogen,
wenn er sich der Treue desselben versichert halten durfte.
Vertrauen entgegenbringen -- so heißt das Band, das uns
zusammenhält. . . ."

Franz hatte die weinumnebelten Augen groß aufgerissen
und seinen Chef angestarrt. Ein Paradies der Zukunft
entstand in seiner Phantasie und zauberte ihm lachende
Bilder vor das Auge, die seine kühnsten Hoffnungen über¬
trafen. Niemals hätte er sich träumen lassen, daß man in
diesem Hause seine Absichten so leicht verstehen würde. Was
er da vernahm, war ein halbes Zugeständniß seiner geheimsten
Wünsche. Er wollte etwas sagen, aber Urban, der in seiner
gewohnten Weise ihn mit einem listigen Blick über die Brille
hinweg fixirt hatte, ließ ihn nicht zu Worte kommen.

" . . . Sehen Sie, Timpe, ich habe Sie in mein Herz
geschlossen", begann er auf's Neue, mit lallender Stimme,
die Worte abgebrochen hervorstoßend, aber doch den Sinn
jedes einzelnen berechnend. "Sie sind ein ganz anderer Kerl,
als Ihr Vater. Der ist bockig, starrsinnig wie ein orthodoxer

gut ſind und die Liebe zwiſchen Euch Beiden hält an: mein
Gott, weshalb ſollte aus Euch Beiden nicht noch ein Paar
werden! Sie ſind jung, Sie können noch warten. Sie
müſſen vor Allem erſt ein tüchtiger Kaufmann werden, ſich
in meinem Geſchäfte bewähren, dann bin ich nicht abgeneigt,
Fürſprecher bei meiner Frau zu werden. Das macht ſich über¬
haupt nachher ganz von ſelbſt. Aber wie geſagt: meine Intereſſen
wahrnehmen, rückſichtslos als Kaufmann ſich zeigen, Zahlen¬
menſch durch und durch werden, immer denken: Erſt mein
Chef
, dann ich! Dann werden Sie auch zu etwas kommen.
Wer weiß, was im Leben noch alles geſchehen kann: ſchon
mancher Chef hat ſeinen Untergebenen zu ſich emporgezogen,
wenn er ſich der Treue deſſelben verſichert halten durfte.
Vertrauen entgegenbringen — ſo heißt das Band, das uns
zuſammenhält. . . .“

Franz hatte die weinumnebelten Augen groß aufgeriſſen
und ſeinen Chef angeſtarrt. Ein Paradies der Zukunft
entſtand in ſeiner Phantaſie und zauberte ihm lachende
Bilder vor das Auge, die ſeine kühnſten Hoffnungen über¬
trafen. Niemals hätte er ſich träumen laſſen, daß man in
dieſem Hauſe ſeine Abſichten ſo leicht verſtehen würde. Was
er da vernahm, war ein halbes Zugeſtändniß ſeiner geheimſten
Wünſche. Er wollte etwas ſagen, aber Urban, der in ſeiner
gewohnten Weiſe ihn mit einem liſtigen Blick über die Brille
hinweg fixirt hatte, ließ ihn nicht zu Worte kommen.

„ . . . Sehen Sie, Timpe, ich habe Sie in mein Herz
geſchloſſen“, begann er auf's Neue, mit lallender Stimme,
die Worte abgebrochen hervorſtoßend, aber doch den Sinn
jedes einzelnen berechnend. „Sie ſind ein ganz anderer Kerl,
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[123/0135] gut ſind und die Liebe zwiſchen Euch Beiden hält an: mein Gott, weshalb ſollte aus Euch Beiden nicht noch ein Paar werden! Sie ſind jung, Sie können noch warten. Sie müſſen vor Allem erſt ein tüchtiger Kaufmann werden, ſich in meinem Geſchäfte bewähren, dann bin ich nicht abgeneigt, Fürſprecher bei meiner Frau zu werden. Das macht ſich über¬ haupt nachher ganz von ſelbſt. Aber wie geſagt: meine Intereſſen wahrnehmen, rückſichtslos als Kaufmann ſich zeigen, Zahlen¬ menſch durch und durch werden, immer denken: Erſt mein Chef, dann ich! Dann werden Sie auch zu etwas kommen. Wer weiß, was im Leben noch alles geſchehen kann: ſchon mancher Chef hat ſeinen Untergebenen zu ſich emporgezogen, wenn er ſich der Treue deſſelben verſichert halten durfte. Vertrauen entgegenbringen — ſo heißt das Band, das uns zuſammenhält. . . .“ Franz hatte die weinumnebelten Augen groß aufgeriſſen und ſeinen Chef angeſtarrt. Ein Paradies der Zukunft entſtand in ſeiner Phantaſie und zauberte ihm lachende Bilder vor das Auge, die ſeine kühnſten Hoffnungen über¬ trafen. Niemals hätte er ſich träumen laſſen, daß man in dieſem Hauſe ſeine Abſichten ſo leicht verſtehen würde. Was er da vernahm, war ein halbes Zugeſtändniß ſeiner geheimſten Wünſche. Er wollte etwas ſagen, aber Urban, der in ſeiner gewohnten Weiſe ihn mit einem liſtigen Blick über die Brille hinweg fixirt hatte, ließ ihn nicht zu Worte kommen. „ . . . Sehen Sie, Timpe, ich habe Sie in mein Herz geſchloſſen“, begann er auf's Neue, mit lallender Stimme, die Worte abgebrochen hervorſtoßend, aber doch den Sinn jedes einzelnen berechnend. „Sie ſind ein ganz anderer Kerl, als Ihr Vater. Der iſt bockig, ſtarrſinnig wie ein orthodoxer

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/135>, abgerufen am 22.11.2024.