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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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dachte er gar nicht daran, daß dem Ersteren irgend welcher
Nachtheil erwachsen könne.

Als er die Werkstatt betrat, platzte er gleich hervor:

"Die Menschen werden immer unverschämter in der
Welt. Habt Ihr den Streit gehört zwischen mir und Urban?
Er will an Stelle der Mauer noch ein hohes Gebäude er¬
richten lassen, damit wir hier womöglich den ganzen Tag über
Licht brennen müssen".

"Det lassen wir uns nich jefallen, Meester", rief Fritz
Wiesel sofort, und mehrere der anderen Gesellen fielen
mit ein.

"Das darf er Sie weeß Gott nicht duhn," bemerkte
der kleine Sachse. "Dafür giebt's noch den hohen Ge¬
werberath."

Und Leitmann sagte äußerst kampfesmuthig: "Wenn das
geschieht, machen wir einfach Revolution."

Meister Timpe zeigte Angesichts dieser allgemeinen
Sympathie wieder das alte vergnügte Gesicht, konnte sich aber
doch nicht enthalten, seinen Worten hinzuzufügen:

"Wenn er es thut, werden wir schließlich nichts dagegen
ausrichten können, und wenn wir hier wie in einem Käfig
sitzen müssen. Geld giebt Macht."

"Aha," bemerkte Thomas Beyer, der bisher kein Wort gesagt
hatte. "Meister, Sie beginnen fortzuschreiten."

Timpe erwiderte nichts, sondern ging in seine Arbeits¬
stube, um sich ebenfalls an die Drehbank zu stellen. Als er
am Abend Franz zu Gesicht bekam, lautete seine erste Frage:

"Wie hat sich Dein Chef heute Nachmittag gegen Dich
benommen?"

"Sehr gut, Vater, trotzdem Du ihn mehrmals beleidigt

7*

dachte er gar nicht daran, daß dem Erſteren irgend welcher
Nachtheil erwachſen könne.

Als er die Werkſtatt betrat, platzte er gleich hervor:

„Die Menſchen werden immer unverſchämter in der
Welt. Habt Ihr den Streit gehört zwiſchen mir und Urban?
Er will an Stelle der Mauer noch ein hohes Gebäude er¬
richten laſſen, damit wir hier womöglich den ganzen Tag über
Licht brennen müſſen“.

„Det laſſen wir uns nich jefallen, Meeſter“, rief Fritz
Wieſel ſofort, und mehrere der anderen Geſellen fielen
mit ein.

„Das darf er Sie weeß Gott nicht duhn,“ bemerkte
der kleine Sachſe. „Dafür giebt’s noch den hohen Ge¬
werberath.“

Und Leitmann ſagte äußerſt kampfesmuthig: „Wenn das
geſchieht, machen wir einfach Revolution.“

Meiſter Timpe zeigte Angeſichts dieſer allgemeinen
Sympathie wieder das alte vergnügte Geſicht, konnte ſich aber
doch nicht enthalten, ſeinen Worten hinzuzufügen:

„Wenn er es thut, werden wir ſchließlich nichts dagegen
ausrichten können, und wenn wir hier wie in einem Käfig
ſitzen müſſen. Geld giebt Macht.“

„Aha,“ bemerkte Thomas Beyer, der bisher kein Wort geſagt
hatte. „Meiſter, Sie beginnen fortzuſchreiten.“

Timpe erwiderte nichts, ſondern ging in ſeine Arbeits¬
ſtube, um ſich ebenfalls an die Drehbank zu ſtellen. Als er
am Abend Franz zu Geſicht bekam, lautete ſeine erſte Frage:

„Wie hat ſich Dein Chef heute Nachmittag gegen Dich
benommen?“

„Sehr gut, Vater, trotzdem Du ihn mehrmals beleidigt

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[99/0111] dachte er gar nicht daran, daß dem Erſteren irgend welcher Nachtheil erwachſen könne. Als er die Werkſtatt betrat, platzte er gleich hervor: „Die Menſchen werden immer unverſchämter in der Welt. Habt Ihr den Streit gehört zwiſchen mir und Urban? Er will an Stelle der Mauer noch ein hohes Gebäude er¬ richten laſſen, damit wir hier womöglich den ganzen Tag über Licht brennen müſſen“. „Det laſſen wir uns nich jefallen, Meeſter“, rief Fritz Wieſel ſofort, und mehrere der anderen Geſellen fielen mit ein. „Das darf er Sie weeß Gott nicht duhn,“ bemerkte der kleine Sachſe. „Dafür giebt’s noch den hohen Ge¬ werberath.“ Und Leitmann ſagte äußerſt kampfesmuthig: „Wenn das geſchieht, machen wir einfach Revolution.“ Meiſter Timpe zeigte Angeſichts dieſer allgemeinen Sympathie wieder das alte vergnügte Geſicht, konnte ſich aber doch nicht enthalten, ſeinen Worten hinzuzufügen: „Wenn er es thut, werden wir ſchließlich nichts dagegen ausrichten können, und wenn wir hier wie in einem Käfig ſitzen müſſen. Geld giebt Macht.“ „Aha,“ bemerkte Thomas Beyer, der bisher kein Wort geſagt hatte. „Meiſter, Sie beginnen fortzuſchreiten.“ Timpe erwiderte nichts, ſondern ging in ſeine Arbeits¬ ſtube, um ſich ebenfalls an die Drehbank zu ſtellen. Als er am Abend Franz zu Geſicht bekam, lautete ſeine erſte Frage: „Wie hat ſich Dein Chef heute Nachmittag gegen Dich benommen?“ „Sehr gut, Vater, trotzdem Du ihn mehrmals beleidigt 7*

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/111>, abgerufen am 24.11.2024.