Und als Johannes seine Augen aufs Neue anstrengte, erkannte er in der jungen Dame Fräulein Emma Urban, die sich gar innig an seinen Sohn anschmiegte und selig zu ihm emporblickte.
Der Meister blickte so lange mit halbgeöffnetem Munde den Dahinwandelnden nach, bis ihm die Pfeife ausgegangen war.
"Ei, sieh' diesen Tausendsassa an! So also stehen die Dinge --"
Und als er von seiner Warte herabgestiegen war, trat er zu Frau Karoline mit den Worten ins Zimmer:
"Denk' Dir nur, Alte, unser Junge hat eine Braut!"
"Träumst Du, Vater . . .?"
"Krusemeyer hat nicht zu viel gesagt; er wird wahr¬ haftig noch Herrn Urban's Schwiegersohn. Da soll mir der Thomas Beyer noch einmal kommen! Ich will ihm heim¬ leuchten."
"Ja, ja, Vater -- ich habe es immer gesagt: aus dem Jungen wird was."
"Du Alte? Ich glaube, ich war Dir in dieser Behaup¬ tung weit voraus."
Und die Alten kamen sich vergnügt wie Brautleute vor und plauderten noch lustig bis spät in die Nacht hinein.
Und als Johannes ſeine Augen aufs Neue anſtrengte, erkannte er in der jungen Dame Fräulein Emma Urban, die ſich gar innig an ſeinen Sohn anſchmiegte und ſelig zu ihm emporblickte.
Der Meiſter blickte ſo lange mit halbgeöffnetem Munde den Dahinwandelnden nach, bis ihm die Pfeife ausgegangen war.
„Ei, ſieh' dieſen Tauſendſaſſa an! So alſo ſtehen die Dinge —“
Und als er von ſeiner Warte herabgeſtiegen war, trat er zu Frau Karoline mit den Worten ins Zimmer:
„Denk' Dir nur, Alte, unſer Junge hat eine Braut!“
„Träumſt Du, Vater . . .?“
„Kruſemeyer hat nicht zu viel geſagt; er wird wahr¬ haftig noch Herrn Urban's Schwiegerſohn. Da ſoll mir der Thomas Beyer noch einmal kommen! Ich will ihm heim¬ leuchten.“
„Ja, ja, Vater — ich habe es immer geſagt: aus dem Jungen wird was.“
„Du Alte? Ich glaube, ich war Dir in dieſer Behaup¬ tung weit voraus.“
Und die Alten kamen ſich vergnügt wie Brautleute vor und plauderten noch luſtig bis ſpät in die Nacht hinein.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0106"n="94"/><p>Und als Johannes ſeine Augen aufs Neue anſtrengte,<lb/>
erkannte er in der jungen Dame Fräulein Emma Urban, die<lb/>ſich gar innig an ſeinen Sohn anſchmiegte und ſelig zu ihm<lb/>
emporblickte.</p><lb/><p>Der Meiſter blickte ſo lange mit halbgeöffnetem Munde<lb/>
den Dahinwandelnden nach, bis ihm die Pfeife ausgegangen<lb/>
war.</p><lb/><p>„Ei, ſieh' dieſen Tauſendſaſſa an! So alſo ſtehen die<lb/>
Dinge —“</p><lb/><p>Und als er von ſeiner Warte herabgeſtiegen war, trat<lb/>
er zu Frau Karoline mit den Worten ins Zimmer:</p><lb/><p>„Denk' Dir nur, Alte, unſer Junge hat eine Braut!“</p><lb/><p>„Träumſt Du, Vater . . .?“</p><lb/><p>„Kruſemeyer hat nicht zu viel geſagt; er wird wahr¬<lb/>
haftig noch Herrn Urban's Schwiegerſohn. Da ſoll mir der<lb/>
Thomas Beyer noch einmal kommen! Ich will ihm heim¬<lb/>
leuchten.“</p><lb/><p>„Ja, ja, Vater — ich habe es immer geſagt: aus dem<lb/>
Jungen wird was.“</p><lb/><p>„<hirendition="#g">Du</hi> Alte? Ich glaube, ich war Dir in dieſer Behaup¬<lb/>
tung weit voraus.“</p><lb/><p>Und die Alten kamen ſich vergnügt wie Brautleute vor<lb/>
und plauderten noch luſtig bis ſpät in die Nacht hinein.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[94/0106]
Und als Johannes ſeine Augen aufs Neue anſtrengte,
erkannte er in der jungen Dame Fräulein Emma Urban, die
ſich gar innig an ſeinen Sohn anſchmiegte und ſelig zu ihm
emporblickte.
Der Meiſter blickte ſo lange mit halbgeöffnetem Munde
den Dahinwandelnden nach, bis ihm die Pfeife ausgegangen
war.
„Ei, ſieh' dieſen Tauſendſaſſa an! So alſo ſtehen die
Dinge —“
Und als er von ſeiner Warte herabgeſtiegen war, trat
er zu Frau Karoline mit den Worten ins Zimmer:
„Denk' Dir nur, Alte, unſer Junge hat eine Braut!“
„Träumſt Du, Vater . . .?“
„Kruſemeyer hat nicht zu viel geſagt; er wird wahr¬
haftig noch Herrn Urban's Schwiegerſohn. Da ſoll mir der
Thomas Beyer noch einmal kommen! Ich will ihm heim¬
leuchten.“
„Ja, ja, Vater — ich habe es immer geſagt: aus dem
Jungen wird was.“
„Du Alte? Ich glaube, ich war Dir in dieſer Behaup¬
tung weit voraus.“
Und die Alten kamen ſich vergnügt wie Brautleute vor
und plauderten noch luſtig bis ſpät in die Nacht hinein.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/106>, abgerufen am 07.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.