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Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884).

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Alexandriner, ja mehr, denn es gibt unter ihnen sehr reiche
Männer, sie thun sich rühmlich hervor im Handel, in Gewerben,
Wissenschaft und Kunst, und darum messe ich sie mit gleichem
Maße wie die übrigen Bewohner dieser Stadt. Jhr Aberglauben
ficht mich so wenig an wie der der Egypter." Ebers selbst
erzählt, daß der Wohlstand vieler Juden und die großen Reich-
thümer einzelner das Herz der ärmeren Heiden mit Neid und
dem Wunsch erfüllt habe, "die Besitzthümer derjenigen an sich
zu reißen, welche -- das war nicht zu leugnen -- mehr als
einmal ihren Göttern mit offen zur Schau getragener Verachtung
begegnet waren." Gerade wie heute. Wir sind übrigens in
Sachen des "Kulturkampfs" und der Judenfrage weit entfernt, dem
Verf. aus der Herbeiziehung dieser Dinge des zweiten Jahr-
hunderts in seinen Roman einen Vorwurf zu machen, aber
tadeln müssen wir hier wie bei allen den Gegensatz von Christen
und Heiden, Christen und Juden, Juden und Heiden berührenden
Fragen, daß der Romanschreiber vor den Historiker tritt.
"Vornehm, kühl, gleichgiltig", wie Hadrian selbst, streift Ebers
jene Gegensätze; es fehlt ihm eben zu sehr an Schneidigkeit, als
daß er seinen Zeitgenossen an der weltgeschichtlichen Wieder-
holung jener Gegensätze und Kämpfe eine gute Belehrung könnte
zu Theil werden lassen. Da ist Kohl mit Würstchen ein un-
verfänglicherer Gegenstand. Solche Sächelchen lassen sich alle
Leser gefallen, vorab die Damen. Erinnerungen an brennende
Tagesfragen aber verstimmen viele und die Gunst des Publi-
cums ist für einen Autor wie Ebers ein mit Zahlen anzusetzender
Factor. Wie abhängig das Publicum vom Lieblingsschriftsteller
ist, so abhängig ist wieder der Schriftsteller von der Masse seiner
Leser. --

"Der Kaiser" war der letzte Roman, dem Ebers das alte
Egypten zum Schauplatz anwies. Sein nächster Roman führt
den Leser aus dem zweiten in's sechszehnte Jahrhundert. "Die
Bürgemeisterin
" beginnt im Frühjahr 1574. Zwischen
beide fällt ein kleineres Buch, betitelt "Eine Frage. Jdyll zu
einem Gemälde seines Freundes Alma Tadema." Ebers
selbst nennt diesen Freund "den großen Meister in der malerischen

Alexandriner, ja mehr, denn es gibt unter ihnen ſehr reiche
Männer, ſie thun ſich rühmlich hervor im Handel, in Gewerben,
Wiſſenſchaft und Kunſt, und darum meſſe ich ſie mit gleichem
Maße wie die übrigen Bewohner dieſer Stadt. Jhr Aberglauben
ficht mich ſo wenig an wie der der Egypter.‟ Ebers ſelbſt
erzählt, daß der Wohlſtand vieler Juden und die großen Reich-
thümer einzelner das Herz der ärmeren Heiden mit Neid und
dem Wunſch erfüllt habe, „die Beſitzthümer derjenigen an ſich
zu reißen, welche — das war nicht zu leugnen — mehr als
einmal ihren Göttern mit offen zur Schau getragener Verachtung
begegnet waren.‟ Gerade wie heute. Wir ſind übrigens in
Sachen des „Kulturkampfs‟ und der Judenfrage weit entfernt, dem
Verf. aus der Herbeiziehung dieſer Dinge des zweiten Jahr-
hunderts in ſeinen Roman einen Vorwurf zu machen, aber
tadeln müſſen wir hier wie bei allen den Gegenſatz von Chriſten
und Heiden, Chriſten und Juden, Juden und Heiden berührenden
Fragen, daß der Romanſchreiber vor den Hiſtoriker tritt.
„Vornehm, kühl, gleichgiltig‟, wie Hadrian ſelbſt, ſtreift Ebers
jene Gegenſätze; es fehlt ihm eben zu ſehr an Schneidigkeit, als
daß er ſeinen Zeitgenoſſen an der weltgeſchichtlichen Wieder-
holung jener Gegenſätze und Kämpfe eine gute Belehrung könnte
zu Theil werden laſſen. Da iſt Kohl mit Würſtchen ein un-
verfänglicherer Gegenſtand. Solche Sächelchen laſſen ſich alle
Leſer gefallen, vorab die Damen. Erinnerungen an brennende
Tagesfragen aber verſtimmen viele und die Gunſt des Publi-
cums iſt für einen Autor wie Ebers ein mit Zahlen anzuſetzender
Factor. Wie abhängig das Publicum vom Lieblingsſchriftſteller
iſt, ſo abhängig iſt wieder der Schriftſteller von der Maſſe ſeiner
Leſer. —

„Der Kaiſer‟ war der letzte Roman, dem Ebers das alte
Egypten zum Schauplatz anwies. Sein nächſter Roman führt
den Leſer aus dem zweiten in’s ſechszehnte Jahrhundert. „Die
Bürgemeiſterin
‟ beginnt im Frühjahr 1574. Zwiſchen
beide fällt ein kleineres Buch, betitelt „Eine Frage. Jdyll zu
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[34 226/0034] Alexandriner, ja mehr, denn es gibt unter ihnen ſehr reiche Männer, ſie thun ſich rühmlich hervor im Handel, in Gewerben, Wiſſenſchaft und Kunſt, und darum meſſe ich ſie mit gleichem Maße wie die übrigen Bewohner dieſer Stadt. Jhr Aberglauben ficht mich ſo wenig an wie der der Egypter.‟ Ebers ſelbſt erzählt, daß der Wohlſtand vieler Juden und die großen Reich- thümer einzelner das Herz der ärmeren Heiden mit Neid und dem Wunſch erfüllt habe, „die Beſitzthümer derjenigen an ſich zu reißen, welche — das war nicht zu leugnen — mehr als einmal ihren Göttern mit offen zur Schau getragener Verachtung begegnet waren.‟ Gerade wie heute. Wir ſind übrigens in Sachen des „Kulturkampfs‟ und der Judenfrage weit entfernt, dem Verf. aus der Herbeiziehung dieſer Dinge des zweiten Jahr- hunderts in ſeinen Roman einen Vorwurf zu machen, aber tadeln müſſen wir hier wie bei allen den Gegenſatz von Chriſten und Heiden, Chriſten und Juden, Juden und Heiden berührenden Fragen, daß der Romanſchreiber vor den Hiſtoriker tritt. „Vornehm, kühl, gleichgiltig‟, wie Hadrian ſelbſt, ſtreift Ebers jene Gegenſätze; es fehlt ihm eben zu ſehr an Schneidigkeit, als daß er ſeinen Zeitgenoſſen an der weltgeſchichtlichen Wieder- holung jener Gegenſätze und Kämpfe eine gute Belehrung könnte zu Theil werden laſſen. Da iſt Kohl mit Würſtchen ein un- verfänglicherer Gegenſtand. Solche Sächelchen laſſen ſich alle Leſer gefallen, vorab die Damen. Erinnerungen an brennende Tagesfragen aber verſtimmen viele und die Gunſt des Publi- cums iſt für einen Autor wie Ebers ein mit Zahlen anzuſetzender Factor. Wie abhängig das Publicum vom Lieblingsſchriftſteller iſt, ſo abhängig iſt wieder der Schriftſteller von der Maſſe ſeiner Leſer. — „Der Kaiſer‟ war der letzte Roman, dem Ebers das alte Egypten zum Schauplatz anwies. Sein nächſter Roman führt den Leſer aus dem zweiten in’s ſechszehnte Jahrhundert. „Die Bürgemeiſterin‟ beginnt im Frühjahr 1574. Zwiſchen beide fällt ein kleineres Buch, betitelt „Eine Frage. Jdyll zu einem Gemälde ſeines Freundes Alma Tadema.‟ Ebers ſelbſt nennt dieſen Freund „den großen Meiſter in der maleriſchen

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Zitationshilfe: Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884), S. 34 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraus_professorenroman_1884/34>, abgerufen am 24.11.2024.