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Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884).

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"Unterläßt man es, so kann man von dem späteren Besitzer für
das, was diesem fortkommt, auf Schadenersatz belangt wer-
den
." Das Unterlassen jener Angaben soll Nachtheil bringen,
während es nach Ebers Vortheil bringen würde. --

Daß auch in dem "Kaiser" ganz moderne Dinge vorkommen,
von welchen man nicht behaupten kann, daß sie stets vorgekommen
sind und nur in der äußeren Gestaltung einen Wechsel erfahren
haben, läßt sich nach der Lektüre der früheren Romane schon
vermuthen, indessen wollen wir auch hier mit einzelnen Beispielen
darauf hinweisen, wie sehr der Alterthumsforscher Ebers ein
Romanschreiber des 19. Jahrhunderts ist. Abgesehen von Aus-
drücken wie "allerliebst", "wunderhübsch", "außerordentlich nett",
erfahren wir, daß wie Napoleon III. Porzellanfabriken so Hadrian
Papyrusfabriken besucht hat. Diese Fabriken pflegten ihre
besonderen Fabrikärzte zu haben. Die kaiserliche Post hatte
ihre fahrende Post, darum "Postställe" und "Poststraßen", auch
"Poststationen". "Auch dem Geschick der alternden Lehrer und
Erzieher der Jugend hatte er (Hadrian) seine Aufmerksamkeit
zugewandt." Er wollte Beamte, Krieger und Lehrer mit gleichem
Maße messen. Ohne Zweifel hat er an eine Art Schullehrer-
pensions-Gesetz gedacht. Als Ebers seinen Roman schrieb, be-
gann der "Kulturkampf" in sein letztes Stadium zu treten und die
Judenfrage hatte angefangen sich geltend zu machen. Natür-
lich sehen wir den Reflex beider im Roman. Es wird aus-
drücklich des Berichtes des Plinius an den Kaiser Trajan
und der Antwort des Kaisers gedacht. Damals wurde ja auch
eine Art Kulturkampf gegen die Kirche unternommen, doch nicht
ohne eine weise Mäßigung: alle polizeilichen Aufspürungen sollten
unterbleiben. Hätte sich die Excellenz Falk wenigstens diese
Mäßigung zum Muster genommen und darnach Landräthe und
Gendarmen instruirt! -- "Der Präfect" im Roman ist es ja
wohl, welcher bezüglich der Juden erklärt: "Jch kenne sie und
bin bestrebt, ihnen wie allen Bürgern dieses Landes, das ich im
Namen des Staates und Kaisers verwalte, Gerechtigkeit wider-
fahren zu lassen. Sie zahlen Steuern so viel wie die andern

Zeitfragen des christl. Volkslebens. IX. 4. Heft. 3

„Unterläßt man es, ſo kann man von dem ſpäteren Beſitzer für
das, was dieſem fortkommt, auf Schadenerſatz belangt wer-
den
.‟ Das Unterlaſſen jener Angaben ſoll Nachtheil bringen,
während es nach Ebers Vortheil bringen würde. —

Daß auch in dem „Kaiſer‟ ganz moderne Dinge vorkommen,
von welchen man nicht behaupten kann, daß ſie ſtets vorgekommen
ſind und nur in der äußeren Geſtaltung einen Wechſel erfahren
haben, läßt ſich nach der Lektüre der früheren Romane ſchon
vermuthen, indeſſen wollen wir auch hier mit einzelnen Beiſpielen
darauf hinweiſen, wie ſehr der Alterthumsforſcher Ebers ein
Romanſchreiber des 19. Jahrhunderts iſt. Abgeſehen von Aus-
drücken wie „allerliebſt‟, „wunderhübſch‟, „außerordentlich nett‟,
erfahren wir, daß wie Napoleon III. Porzellanfabriken ſo Hadrian
Papyrusfabriken beſucht hat. Dieſe Fabriken pflegten ihre
beſonderen Fabrikärzte zu haben. Die kaiſerliche Poſt hatte
ihre fahrende Poſt, darum „Poſtſtälle‟ und „Poſtſtraßen‟, auch
„Poſtſtationen‟. „Auch dem Geſchick der alternden Lehrer und
Erzieher der Jugend hatte er (Hadrian) ſeine Aufmerkſamkeit
zugewandt.‟ Er wollte Beamte, Krieger und Lehrer mit gleichem
Maße meſſen. Ohne Zweifel hat er an eine Art Schullehrer-
penſions-Geſetz gedacht. Als Ebers ſeinen Roman ſchrieb, be-
gann der „Kulturkampf‟ in ſein letztes Stadium zu treten und die
Judenfrage hatte angefangen ſich geltend zu machen. Natür-
lich ſehen wir den Reflex beider im Roman. Es wird aus-
drücklich des Berichtes des Plinius an den Kaiſer Trajan
und der Antwort des Kaiſers gedacht. Damals wurde ja auch
eine Art Kulturkampf gegen die Kirche unternommen, doch nicht
ohne eine weiſe Mäßigung: alle polizeilichen Aufſpürungen ſollten
unterbleiben. Hätte ſich die Excellenz Falk wenigſtens dieſe
Mäßigung zum Muſter genommen und darnach Landräthe und
Gendarmen inſtruirt! — „Der Präfect‟ im Roman iſt es ja
wohl, welcher bezüglich der Juden erklärt: „Jch kenne ſie und
bin beſtrebt, ihnen wie allen Bürgern dieſes Landes, das ich im
Namen des Staates und Kaiſers verwalte, Gerechtigkeit wider-
fahren zu laſſen. Sie zahlen Steuern ſo viel wie die andern

Zeitfragen des chriſtl. Volkslebens. IX. 4. Heft. 3
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[33/0033] „Unterläßt man es, ſo kann man von dem ſpäteren Beſitzer für das, was dieſem fortkommt, auf Schadenerſatz belangt wer- den.‟ Das Unterlaſſen jener Angaben ſoll Nachtheil bringen, während es nach Ebers Vortheil bringen würde. — Daß auch in dem „Kaiſer‟ ganz moderne Dinge vorkommen, von welchen man nicht behaupten kann, daß ſie ſtets vorgekommen ſind und nur in der äußeren Geſtaltung einen Wechſel erfahren haben, läßt ſich nach der Lektüre der früheren Romane ſchon vermuthen, indeſſen wollen wir auch hier mit einzelnen Beiſpielen darauf hinweiſen, wie ſehr der Alterthumsforſcher Ebers ein Romanſchreiber des 19. Jahrhunderts iſt. Abgeſehen von Aus- drücken wie „allerliebſt‟, „wunderhübſch‟, „außerordentlich nett‟, erfahren wir, daß wie Napoleon III. Porzellanfabriken ſo Hadrian Papyrusfabriken beſucht hat. Dieſe Fabriken pflegten ihre beſonderen Fabrikärzte zu haben. Die kaiſerliche Poſt hatte ihre fahrende Poſt, darum „Poſtſtälle‟ und „Poſtſtraßen‟, auch „Poſtſtationen‟. „Auch dem Geſchick der alternden Lehrer und Erzieher der Jugend hatte er (Hadrian) ſeine Aufmerkſamkeit zugewandt.‟ Er wollte Beamte, Krieger und Lehrer mit gleichem Maße meſſen. Ohne Zweifel hat er an eine Art Schullehrer- penſions-Geſetz gedacht. Als Ebers ſeinen Roman ſchrieb, be- gann der „Kulturkampf‟ in ſein letztes Stadium zu treten und die Judenfrage hatte angefangen ſich geltend zu machen. Natür- lich ſehen wir den Reflex beider im Roman. Es wird aus- drücklich des Berichtes des Plinius an den Kaiſer Trajan und der Antwort des Kaiſers gedacht. Damals wurde ja auch eine Art Kulturkampf gegen die Kirche unternommen, doch nicht ohne eine weiſe Mäßigung: alle polizeilichen Aufſpürungen ſollten unterbleiben. Hätte ſich die Excellenz Falk wenigſtens dieſe Mäßigung zum Muſter genommen und darnach Landräthe und Gendarmen inſtruirt! — „Der Präfect‟ im Roman iſt es ja wohl, welcher bezüglich der Juden erklärt: „Jch kenne ſie und bin beſtrebt, ihnen wie allen Bürgern dieſes Landes, das ich im Namen des Staates und Kaiſers verwalte, Gerechtigkeit wider- fahren zu laſſen. Sie zahlen Steuern ſo viel wie die andern Zeitfragen des chriſtl. Volkslebens. IX. 4. Heft. 3

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Zitationshilfe: Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884), S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraus_professorenroman_1884/33>, abgerufen am 24.11.2024.