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Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856.

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II. Abschnitt. 2. Periode.
4) Werden durch das Festhalten in Kopfstellung und Rippen-
biegung die Pferde für die Annahme der gebogenen
Stellungen
, mithin für die Bewegung auf kleineren Bögen
und Volten geschickt gemacht.
5) Sind zur Annahme der complizirten Stellungen, complizirte
und fein-nüancirte Hülfen nothwendig, deren Verstehen und
Befolgen eine bedeutende Entwickelung des Verständ-
nisses und des Gehorsams
bedingt.

Ich bin nicht der Ansicht, dass man geradezu behaupten
kann, die eine Lection ist das Rezept für die Schulter-
freiheit, die andere für den Galopp
etc. Sie werden auf
die verschiedenen Gebäude verschieden wirken und es muss
die Beobachtung dem Reiter resp. Reitlehrer zeigen, ob er aus der
Art, wie das Thier die eine oder andere Lection zu gehen im
Stande ist, für dasselbe Nutzen und welchen Nutzen erwar-
ten darf.

Die Schulreiterei übt die Lectionen im Schritt, Trab und
Galopp. Die Campagne-Reiter begnügen sich mit Schritt,
Trab und nehmen nur etwa den Traversgalopp hinzu. Es ist das
Schlimme bei den Seitenlectionen im Allgemeinen, dass diejeni-
gen Fehler, welche den Nutzen gänzlich annulliren,
gerade die am häufigsten vorkommenden sind
.

Die gröbsten Fehler aber sind:

I. Wenn das Gleichgewicht

A. nach vorwärts verloren gegangen ist,
1) weil der Hals nicht genug zurückgearbeitet wird.
Es kann alsdann von einer leichten und erhabenen Action
des übertretenden Vorderfusses nicht die Rede sein, weil die
Last ihn erdrückt. Steile Schultern sind die gebundensten,
sie bedürfen der meisten Befreiung; sie aber geben für den
Hals den schlechtesten Ansatz und dieser wird vorhängend
wieder diese Befreiung hindern.
2) weil die Hinterhand nicht genügend untergehalten
wird
, um das Gewicht der Vorhand aufzunehmen. Es ar-
beitet alsdann die Hinterhand hinten heraus, die Vorhand
weit unter dem Leibe. Es ist keine weite und kräftige Er-
hebung des überschreitenden Fusses nöthig, welche durch die
Belastung auch nebenbei unmöglich wäre, mithin auch keine
II. Abschnitt. 2. Periode.
4) Werden durch das Festhalten in Kopfstellung und Rippen-
biegung die Pferde für die Annahme der gebogenen
Stellungen
, mithin für die Bewegung auf kleineren Bögen
und Volten geschickt gemacht.
5) Sind zur Annahme der complizirten Stellungen, complizirte
und fein-nüançirte Hülfen nothwendig, deren Verstehen und
Befolgen eine bedeutende Entwickelung des Verständ-
nisses und des Gehorsams
bedingt.

Ich bin nicht der Ansicht, dass man geradezu behaupten
kann, die eine Lection ist das Rezept für die Schulter-
freiheit, die andere für den Galopp
etc. Sie werden auf
die verschiedenen Gebäude verschieden wirken und es muss
die Beobachtung dem Reiter resp. Reitlehrer zeigen, ob er aus der
Art, wie das Thier die eine oder andere Lection zu gehen im
Stande ist, für dasselbe Nutzen und welchen Nutzen erwar-
ten darf.

Die Schulreiterei übt die Lectionen im Schritt, Trab und
Galopp. Die Campagne-Reiter begnügen sich mit Schritt,
Trab und nehmen nur etwa den Traversgalopp hinzu. Es ist das
Schlimme bei den Seitenlectionen im Allgemeinen, dass diejeni-
gen Fehler, welche den Nutzen gänzlich annulliren,
gerade die am häufigsten vorkommenden sind
.

Die gröbsten Fehler aber sind:

I. Wenn das Gleichgewicht

A. nach vorwärts verloren gegangen ist,
1) weil der Hals nicht genug zurückgearbeitet wird.
Es kann alsdann von einer leichten und erhabenen Action
des übertretenden Vorderfusses nicht die Rede sein, weil die
Last ihn erdrückt. Steile Schultern sind die gebundensten,
sie bedürfen der meisten Befreiung; sie aber geben für den
Hals den schlechtesten Ansatz und dieser wird vorhängend
wieder diese Befreiung hindern.
2) weil die Hinterhand nicht genügend untergehalten
wird
, um das Gewicht der Vorhand aufzunehmen. Es ar-
beitet alsdann die Hinterhand hinten heraus, die Vorhand
weit unter dem Leibe. Es ist keine weite und kräftige Er-
hebung des überschreitenden Fusses nöthig, welche durch die
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[221/0243] II. Abschnitt. 2. Periode. 4) Werden durch das Festhalten in Kopfstellung und Rippen- biegung die Pferde für die Annahme der gebogenen Stellungen, mithin für die Bewegung auf kleineren Bögen und Volten geschickt gemacht. 5) Sind zur Annahme der complizirten Stellungen, complizirte und fein-nüançirte Hülfen nothwendig, deren Verstehen und Befolgen eine bedeutende Entwickelung des Verständ- nisses und des Gehorsams bedingt. Ich bin nicht der Ansicht, dass man geradezu behaupten kann, die eine Lection ist das Rezept für die Schulter- freiheit, die andere für den Galopp etc. Sie werden auf die verschiedenen Gebäude verschieden wirken und es muss die Beobachtung dem Reiter resp. Reitlehrer zeigen, ob er aus der Art, wie das Thier die eine oder andere Lection zu gehen im Stande ist, für dasselbe Nutzen und welchen Nutzen erwar- ten darf. Die Schulreiterei übt die Lectionen im Schritt, Trab und Galopp. Die Campagne-Reiter begnügen sich mit Schritt, Trab und nehmen nur etwa den Traversgalopp hinzu. Es ist das Schlimme bei den Seitenlectionen im Allgemeinen, dass diejeni- gen Fehler, welche den Nutzen gänzlich annulliren, gerade die am häufigsten vorkommenden sind. Die gröbsten Fehler aber sind: I. Wenn das Gleichgewicht A. nach vorwärts verloren gegangen ist, 1) weil der Hals nicht genug zurückgearbeitet wird. Es kann alsdann von einer leichten und erhabenen Action des übertretenden Vorderfusses nicht die Rede sein, weil die Last ihn erdrückt. Steile Schultern sind die gebundensten, sie bedürfen der meisten Befreiung; sie aber geben für den Hals den schlechtesten Ansatz und dieser wird vorhängend wieder diese Befreiung hindern. 2) weil die Hinterhand nicht genügend untergehalten wird, um das Gewicht der Vorhand aufzunehmen. Es ar- beitet alsdann die Hinterhand hinten heraus, die Vorhand weit unter dem Leibe. Es ist keine weite und kräftige Er- hebung des überschreitenden Fusses nöthig, welche durch die Belastung auch nebenbei unmöglich wäre, mithin auch keine

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Zitationshilfe: Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krane_reitpferd_1856/243>, abgerufen am 04.12.2024.