Last durch Vorneigen vermindern (während er im vorigen Fall in einer ruhigen Belastung verharrt) und höchst vorsichtig zu Werke gehen.
Man hüte sich ferner, die verhaltenen Pferde, die keinen Schritt und geräumigen Trab haben, als gebessert anzusehen, wenn sie mit der Mehrzahl der Pferde im Schritt und Trabe mitkom- men. Es fragt sich hauptsächlich, wodurch sie an Geschwindigkeit in diesen Gängen gewonnen haben. Ist es ein Resultat der ver- mehrten Geschwindigkeit, und nicht der grösseren Weite des Trittes, so ist nichts gewonnen. Sind aber gar die Gänge, was meist der Fall ist, unrein, so begnüge man sich ja nicht mit dem Resultate. Es wird bald das Thier zu Schanden machen. Ohne Gleichzeitigkeit in den Funktionen der Vor- und Hinterhand ist jeder Trabtritt falsch, ohne Innehaltung der 4 Zeiten -- jeder Schritt.
Die Karriere wird sehr viel zur Ausbildung der fördernden Kraft beitragen. Da bei den stärkeren Gängen der Schwerpunkt des Pferdes mehr nach vorn geneigt ist; oder mit anderen Worten, da sie eine vermehrte Neigung des Rumpfes in den Gang nöthig machen, damit das Körpergewicht die Geschwindigkeit vermehren hilft und damit die Hinterbeine, von der Last befreit, um so stär- ker schieben und schwingen können, so muss das Pferd in denselben stärker an die Hand des Reiters gehen.
Die Karriere verlangt mithin die stärkere Anlehnung, nächst ihr der starke Galopp und der gestreckte Trab. Ein Nachgeben der Hand des Reiters in diesen Gängen darf nur so weit erfolgen, als es die weniger enge Zusammenstellung des Halses bedingt.
Dies Nachgeben wird mithin nur beim Eingehen in den Gang erfolgen dürfen. Es würde indess vollkommen verkehrt sein, dem Thiere eine volkommene Zügelfreiheit zu geben. Die Hand darf nicht mehr nachgeben, als die allmälige Dehnung des Halses ver- langt, und die bestimmte Anlehnung in keinem Moment unter- brochen werden. Das plötzliche Nachgeben der Zügel, verbunden mit einem Vorfallen des Reiters, wird oft einen plötzlichen Still- stand des Thieres, statt der erwarteten Schnelligkeit hervorrufen, indem das Thier plötzlich nach vorwärts aus dem Gleichgewicht gebracht, nur dadurch vor dem Sturz sich zu retten weiss, dass es die Vorderbeine vor die Last bringend, auf die Blätter parirt. Die
III. Abschnitt. Viertes Kapitel.
Last durch Vorneigen vermindern (während er im vorigen Fall in einer ruhigen Belastung verharrt) und höchst vorsichtig zu Werke gehen.
Man hüte sich ferner, die verhaltenen Pferde, die keinen Schritt und geräumigen Trab haben, als gebessert anzusehen, wenn sie mit der Mehrzahl der Pferde im Schritt und Trabe mitkom- men. Es fragt sich hauptsächlich, wodurch sie an Geschwindigkeit in diesen Gängen gewonnen haben. Ist es ein Resultat der ver- mehrten Geschwindigkeit, und nicht der grösseren Weite des Trittes, so ist nichts gewonnen. Sind aber gar die Gänge, was meist der Fall ist, unrein, so begnüge man sich ja nicht mit dem Resultate. Es wird bald das Thier zu Schanden machen. Ohne Gleichzeitigkeit in den Funktionen der Vor- und Hinterhand ist jeder Trabtritt falsch, ohne Innehaltung der 4 Zeiten — jeder Schritt.
Die Karrière wird sehr viel zur Ausbildung der fördernden Kraft beitragen. Da bei den stärkeren Gängen der Schwerpunkt des Pferdes mehr nach vorn geneigt ist; oder mit anderen Worten, da sie eine vermehrte Neigung des Rumpfes in den Gang nöthig machen, damit das Körpergewicht die Geschwindigkeit vermehren hilft und damit die Hinterbeine, von der Last befreit, um so stär- ker schieben und schwingen können, so muss das Pferd in denselben stärker an die Hand des Reiters gehen.
Die Karrière verlangt mithin die stärkere Anlehnung, nächst ihr der starke Galopp und der gestreckte Trab. Ein Nachgeben der Hand des Reiters in diesen Gängen darf nur so weit erfolgen, als es die weniger enge Zusammenstellung des Halses bedingt.
Dies Nachgeben wird mithin nur beim Eingehen in den Gang erfolgen dürfen. Es würde indess vollkommen verkehrt sein, dem Thiere eine volkommene Zügelfreiheit zu geben. Die Hand darf nicht mehr nachgeben, als die allmälige Dehnung des Halses ver- langt, und die bestimmte Anlehnung in keinem Moment unter- brochen werden. Das plötzliche Nachgeben der Zügel, verbunden mit einem Vorfallen des Reiters, wird oft einen plötzlichen Still- stand des Thieres, statt der erwarteten Schnelligkeit hervorrufen, indem das Thier plötzlich nach vorwärts aus dem Gleichgewicht gebracht, nur dadurch vor dem Sturz sich zu retten weiss, dass es die Vorderbeine vor die Last bringend, auf die Blätter parirt. Die
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III. Abschnitt. Viertes Kapitel.
Last durch Vorneigen vermindern (während er im vorigen Fall
in einer ruhigen Belastung verharrt) und höchst vorsichtig zu
Werke gehen.
Man hüte sich ferner, die verhaltenen Pferde, die keinen
Schritt und geräumigen Trab haben, als gebessert anzusehen, wenn
sie mit der Mehrzahl der Pferde im Schritt und Trabe mitkom-
men. Es fragt sich hauptsächlich, wodurch sie an Geschwindigkeit
in diesen Gängen gewonnen haben. Ist es ein Resultat der ver-
mehrten Geschwindigkeit, und nicht der grösseren Weite
des Trittes, so ist nichts gewonnen. Sind aber gar die Gänge,
was meist der Fall ist, unrein, so begnüge man sich ja nicht mit
dem Resultate. Es wird bald das Thier zu Schanden machen.
Ohne Gleichzeitigkeit in den Funktionen der Vor- und Hinterhand
ist jeder Trabtritt falsch, ohne Innehaltung der 4 Zeiten — jeder
Schritt.
Die Karrière wird sehr viel zur Ausbildung der fördernden
Kraft beitragen. Da bei den stärkeren Gängen der Schwerpunkt
des Pferdes mehr nach vorn geneigt ist; oder mit anderen Worten,
da sie eine vermehrte Neigung des Rumpfes in den Gang nöthig
machen, damit das Körpergewicht die Geschwindigkeit vermehren
hilft und damit die Hinterbeine, von der Last befreit, um so stär-
ker schieben und schwingen können, so muss das Pferd in denselben
stärker an die Hand des Reiters gehen.
Die Karrière verlangt mithin die stärkere Anlehnung, nächst
ihr der starke Galopp und der gestreckte Trab. Ein Nachgeben
der Hand des Reiters in diesen Gängen darf nur so weit erfolgen,
als es die weniger enge Zusammenstellung des Halses bedingt.
Dies Nachgeben wird mithin nur beim Eingehen in den Gang
erfolgen dürfen. Es würde indess vollkommen verkehrt sein, dem
Thiere eine volkommene Zügelfreiheit zu geben. Die Hand darf
nicht mehr nachgeben, als die allmälige Dehnung des Halses ver-
langt, und die bestimmte Anlehnung in keinem Moment unter-
brochen werden. Das plötzliche Nachgeben der Zügel, verbunden
mit einem Vorfallen des Reiters, wird oft einen plötzlichen Still-
stand des Thieres, statt der erwarteten Schnelligkeit hervorrufen,
indem das Thier plötzlich nach vorwärts aus dem Gleichgewicht
gebracht, nur dadurch vor dem Sturz sich zu retten weiss, dass es
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Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krane_reitpferd_1856/172>, abgerufen am 17.02.2025.
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