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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Die Ernährung und Pflege.

Eine durchgreifendere Veränderung der chemischen Bestandtheile der Futterstoffe,
als durch die genannten Zubereitungsarten, erfährt das Futter durch das Maischen,
Selbsterhitzen
und Einsäuern. Das Maischfutter wird nur dort angewendet,
wo viele Kartoffeln zu verfüttern sind und kein Branntweinbrennereibetrieb besteht.
Dasselbe ist ein vortreffliches Futter für Milchvieh, im angesäuerten Zustande ein
Mastfutter für Schweine. Fehlt es an einem Dämpfapparate, so kann man sich durch
Selbsterhitzung des Futters behelfen. Zu diesem Zwecke werden Stroh, geringe
Heusorten, Spreu, Scheunenabfälle mit Oelkuchen, Getreideschrot, verkleinerte Rüben
und Kartoffeln zusammengemengt, in einem Kasten festgetreten und mit Wasser an-
gefeuchtet. Wenn das Futter nach zwei bis drei Tagen durch Selbsterwärmung eine
Temperatur von 44°C. erlangt hat, ist es zum Verfüttern geeignet. Durch die
eintretende Gährung sollen die Proteinstoffe und die Rohfaser leichter verdaulich
werden. Neuere Untersuchungen von Hellriegel und Lucanus haben jedoch dargethan,
daß selbst ein Substanzverlust von 4 % stattfindet. Außerdem tritt leicht bei nach-
lässiger Herstellung eine Wucherung von Fadenpilzen ein, welche das Futter schimmelig
und dumpfig macht.

Versuche von W. Funke 1) in Proskau lassen gleichfalls keinen Unterschied zu Gunsten
der Verdaulichkeit des selbsterhitzten Futters erkennen. Zum Versuche, welcher 14 Tage
dauerte, dienten 2 Milchkühe, welche per Kopf und Tag 17.5 Kilogr. Runkelrüben, 4 Kilogr. Roth-
kleeheu, 4.5 Kilogr. Strohhäcksel, 1 Kilogr. Spreu und 0.5 Kilogr. Leinkuchen erhielten und ohne
alle Rückstände auch aufzehrten. Der Proceß der Selbsterhitzung verlief innerhalb 48 Stun-
den in eigens hierfür eingerichteten Brühkästen, in welchen man das angefeuchtete Gemenge
von Strohhäcksel, Spreu und Runkelrüben festtrat; das Brühfutter wurde stets im noch
warmen Zustande verfüttert und von den Thieren mit großer Begierde verzehrt. Per Kopf
und Tag war enthalten:

[Tabelle]

Um so mehr Beachtung verdient das Einsäuern, welcher Zubereitung vornehm-
lich Rüben, Kartoffeln, Preßlinge und Schnittlinge aus den Zuckerfabriken, Stärke-
fabriksrückstände etc. und solche Futterarten unterzogen werden, die wie Rübenblätter,
Grünmais, Grummet, Grünklee etc., wegen regnerischer Witterung nicht trocken ein-
gebracht werden können. Der Vorgang beim Einsäuern wurde bereits Bd. I. im
Capitel "Die Sauerfutterbereitung" S. 260 und im Capitel "Die Knollen- und
Wurzelernte" S. 294 näher angegeben.

Durch das Einsäuern 2) wird ein Theil des Proteins und durch dieses ein
größerer Theil der stickstofffreien Extractstoffe zersetzt, in weiterer Folge ein Theil

1) Wochenbl. der preuß. Annal. der Landw., 1863, Nr. 35 u. 36.
2) Siehe Dr. E. Heiden. Ueber Braunklee- und Sauerkleeheu. Oesterr. landw.
Wochenbl. 1875, S. 557.
Die Ernährung und Pflege.

Eine durchgreifendere Veränderung der chemiſchen Beſtandtheile der Futterſtoffe,
als durch die genannten Zubereitungsarten, erfährt das Futter durch das Maiſchen,
Selbſterhitzen
und Einſäuern. Das Maiſchfutter wird nur dort angewendet,
wo viele Kartoffeln zu verfüttern ſind und kein Branntweinbrennereibetrieb beſteht.
Daſſelbe iſt ein vortreffliches Futter für Milchvieh, im angeſäuerten Zuſtande ein
Maſtfutter für Schweine. Fehlt es an einem Dämpfapparate, ſo kann man ſich durch
Selbſterhitzung des Futters behelfen. Zu dieſem Zwecke werden Stroh, geringe
Heuſorten, Spreu, Scheunenabfälle mit Oelkuchen, Getreideſchrot, verkleinerte Rüben
und Kartoffeln zuſammengemengt, in einem Kaſten feſtgetreten und mit Waſſer an-
gefeuchtet. Wenn das Futter nach zwei bis drei Tagen durch Selbſterwärmung eine
Temperatur von 44°C. erlangt hat, iſt es zum Verfüttern geeignet. Durch die
eintretende Gährung ſollen die Proteïnſtoffe und die Rohfaſer leichter verdaulich
werden. Neuere Unterſuchungen von Hellriegel und Lucanus haben jedoch dargethan,
daß ſelbſt ein Subſtanzverluſt von 4 % ſtattfindet. Außerdem tritt leicht bei nach-
läſſiger Herſtellung eine Wucherung von Fadenpilzen ein, welche das Futter ſchimmelig
und dumpfig macht.

Verſuche von W. Funke 1) in Proskau laſſen gleichfalls keinen Unterſchied zu Gunſten
der Verdaulichkeit des ſelbſterhitzten Futters erkennen. Zum Verſuche, welcher 14 Tage
dauerte, dienten 2 Milchkühe, welche per Kopf und Tag 17.5 Kilogr. Runkelrüben, 4 Kilogr. Roth-
kleeheu, 4.5 Kilogr. Strohhäckſel, 1 Kilogr. Spreu und 0.5 Kilogr. Leinkuchen erhielten und ohne
alle Rückſtände auch aufzehrten. Der Proceß der Selbſterhitzung verlief innerhalb 48 Stun-
den in eigens hierfür eingerichteten Brühkäſten, in welchen man das angefeuchtete Gemenge
von Strohhäckſel, Spreu und Runkelrüben feſttrat; das Brühfutter wurde ſtets im noch
warmen Zuſtande verfüttert und von den Thieren mit großer Begierde verzehrt. Per Kopf
und Tag war enthalten:

[Tabelle]

Um ſo mehr Beachtung verdient das Einſäuern, welcher Zubereitung vornehm-
lich Rüben, Kartoffeln, Preßlinge und Schnittlinge aus den Zuckerfabriken, Stärke-
fabriksrückſtände ꝛc. und ſolche Futterarten unterzogen werden, die wie Rübenblätter,
Grünmais, Grummet, Grünklee ꝛc., wegen regneriſcher Witterung nicht trocken ein-
gebracht werden können. Der Vorgang beim Einſäuern wurde bereits Bd. I. im
Capitel „Die Sauerfutterbereitung“ S. 260 und im Capitel „Die Knollen- und
Wurzelernte“ S. 294 näher angegeben.

Durch das Einſäuern 2) wird ein Theil des Proteïns und durch dieſes ein
größerer Theil der ſtickſtofffreien Extractſtoffe zerſetzt, in weiterer Folge ein Theil

1) Wochenbl. der preuß. Annal. der Landw., 1863, Nr. 35 u. 36.
2) Siehe Dr. E. Heiden. Ueber Braunklee- und Sauerkleeheu. Oeſterr. landw.
Wochenbl. 1875, S. 557.
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[55/0071] Die Ernährung und Pflege. Eine durchgreifendere Veränderung der chemiſchen Beſtandtheile der Futterſtoffe, als durch die genannten Zubereitungsarten, erfährt das Futter durch das Maiſchen, Selbſterhitzen und Einſäuern. Das Maiſchfutter wird nur dort angewendet, wo viele Kartoffeln zu verfüttern ſind und kein Branntweinbrennereibetrieb beſteht. Daſſelbe iſt ein vortreffliches Futter für Milchvieh, im angeſäuerten Zuſtande ein Maſtfutter für Schweine. Fehlt es an einem Dämpfapparate, ſo kann man ſich durch Selbſterhitzung des Futters behelfen. Zu dieſem Zwecke werden Stroh, geringe Heuſorten, Spreu, Scheunenabfälle mit Oelkuchen, Getreideſchrot, verkleinerte Rüben und Kartoffeln zuſammengemengt, in einem Kaſten feſtgetreten und mit Waſſer an- gefeuchtet. Wenn das Futter nach zwei bis drei Tagen durch Selbſterwärmung eine Temperatur von 44°C. erlangt hat, iſt es zum Verfüttern geeignet. Durch die eintretende Gährung ſollen die Proteïnſtoffe und die Rohfaſer leichter verdaulich werden. Neuere Unterſuchungen von Hellriegel und Lucanus haben jedoch dargethan, daß ſelbſt ein Subſtanzverluſt von 4 % ſtattfindet. Außerdem tritt leicht bei nach- läſſiger Herſtellung eine Wucherung von Fadenpilzen ein, welche das Futter ſchimmelig und dumpfig macht. Verſuche von W. Funke 1) in Proskau laſſen gleichfalls keinen Unterſchied zu Gunſten der Verdaulichkeit des ſelbſterhitzten Futters erkennen. Zum Verſuche, welcher 14 Tage dauerte, dienten 2 Milchkühe, welche per Kopf und Tag 17.5 Kilogr. Runkelrüben, 4 Kilogr. Roth- kleeheu, 4.5 Kilogr. Strohhäckſel, 1 Kilogr. Spreu und 0.5 Kilogr. Leinkuchen erhielten und ohne alle Rückſtände auch aufzehrten. Der Proceß der Selbſterhitzung verlief innerhalb 48 Stun- den in eigens hierfür eingerichteten Brühkäſten, in welchen man das angefeuchtete Gemenge von Strohhäckſel, Spreu und Runkelrüben feſttrat; das Brühfutter wurde ſtets im noch warmen Zuſtande verfüttert und von den Thieren mit großer Begierde verzehrt. Per Kopf und Tag war enthalten: Um ſo mehr Beachtung verdient das Einſäuern, welcher Zubereitung vornehm- lich Rüben, Kartoffeln, Preßlinge und Schnittlinge aus den Zuckerfabriken, Stärke- fabriksrückſtände ꝛc. und ſolche Futterarten unterzogen werden, die wie Rübenblätter, Grünmais, Grummet, Grünklee ꝛc., wegen regneriſcher Witterung nicht trocken ein- gebracht werden können. Der Vorgang beim Einſäuern wurde bereits Bd. I. im Capitel „Die Sauerfutterbereitung“ S. 260 und im Capitel „Die Knollen- und Wurzelernte“ S. 294 näher angegeben. Durch das Einſäuern 2) wird ein Theil des Proteïns und durch dieſes ein größerer Theil der ſtickſtofffreien Extractſtoffe zerſetzt, in weiterer Folge ein Theil 1) Wochenbl. der preuß. Annal. der Landw., 1863, Nr. 35 u. 36. 2) Siehe Dr. E. Heiden. Ueber Braunklee- und Sauerkleeheu. Oeſterr. landw. Wochenbl. 1875, S. 557.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/71>, abgerufen am 27.11.2024.