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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Allgemeine Thierzuchtlehre.
der Gewinnung von Nutzthieren, dieſe bei der Gewinnung von Zuchtthieren.
Letzteres höheres Ziel erfordert einen viel größeren Aufwand von Intelligenz und
Capital. Mit Bezug auf die Leiſtungsfähigkeit kann der Zweck der Züchtung je nach
der verſchiedenen Thierart entweder auf die Nutzung durch Arbeitsleiſtung, auf die
Gewinnung von Milch, Fleiſch und Fett, von Wolle ꝛc., oder auf die Vereinigung
einiger oder mehrerer Nutzungseigenſchaften gerichtet ſein. Die Züchtung ſchafft jedoch
immer nur eine unerläßliche Vorbedingung, welcher die entſprechende Haltung und
Fütterung nach zu folgen hat, ſoll das angeſtrebte Ziel erreicht werden.

2. Der Racebegriff.

Um die Unterſcheidung der einzelnen organiſchen Weſen zu ermöglichen iſt eine Zu-
ſammenfaſſung derſelben in Gruppen je nach ihren gemeinſchaftlichen Eigenſchaften
erforderlich. Die Individuen werden demnach in Reiche, Claſſen, Ordnungen, Familien,
Gattungen (Sippen oder Geſchlechter) und in Arten eingereiht. Die Arten umfaſſen alle
jene Einzelweſen, welche ſich gleichen und untereinander fruchtbar fortpflanzen; ſie ſind
jedoch nach den Forſchungen Charles Darwin’s1) nicht unabänderlich, ſondern erleiden
durch äußere auf ſie einwirkende Umſtände und die natürliche Auswahl im Kampfe
um’s Daſein in langen Zeiträumen mannigfaltige Abänderungen, die aus der
urſprünglich einen Art zur Bildung einer Spielart, einer Abart und ſelbſt einer
neuen Art führen.

Der Landwirth geht in der Unterſcheidung noch weiter, indem er in der Art
auch noch Abarten oder Racen, Schläge, Spielarten, Stämme, Zuchten, Familien und
endlich die Individuen unterſcheidet. Dieſe Unterabtheilungen ſind jedoch noch viel
weniger als die Art oder ſelbſt noch die Race als etwas Unabänderliches anzuſehen,
ſie weiſen vielmehr die verſchiedenſten Uebergänge auf. Es läßt ſich daher für
dieſelben kaum eine allgemein giltige Definition feſtſtellen.

Mit dem Ausdrucke „Race“ bezeichnet man die Geſammtheit von Thieren
einer Art, welche ſich durch ihre Körperformen und ihre Nutzungseigenſchaften von
Anderen auffallend unterſcheiden und dieſe Eigenſchaften ſelbſt dann auch auf ihre Nach-
kommenſchaft übertragen, wenn ſie unter andere äußere Einflüſſe kommen, als in
ihrer Heimath beſtehen. Thierindividuen, welche einer anerkannten Race angehören,
werden als Racethiere und wenn ſie von dem Orte ihres natürlichen Vorkommens
genommen werden, als Originalracethiere bezeichnet. Sind die Eigenſchaften
der in einer Gegend vorkommenden Thiere nicht ſo erheblich und charakteriſtiſch, um
eine eigene Race aufſtellen zu können, ſo faßt man ſie unter der Bezeichnung
Schlag zuſammen, welcher Ausdruck übrigens auch zur Bezeichnung der durch-

1) Charles Darwin, Ueber den Urſprung der Arten durch natürliche Auswahl oder
Erhaltung der begünſtigten Racen im Kampfe um’s Daſein. Aus dem Engliſchen überſetzt
von H. G. Bronn, 5. Aufl., Stuttgart 1872, und Charles Darwin, Das Variiren der
Thiere und Pflanzen im Zuſtande der Domeſtication. Aus dem Engliſchen überſetzt von
J. Vict. Carus, 2 Bde., Stuttgart 1868.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/46>, abgerufen am 20.02.2025.