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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Die Pferdezucht.
kann daher zwischen 322--419 Tagen schwanken. Kurz vor dem Eintritte der Ge-
burt, nachdem 1--2 Tage vorher vorbereitende Wehen erschienen sind, legt sich ge-
wöhnlich die Stute nieder und gebärt dann verhältnißmäßig leicht das Fohlen. Nach
der Geburt springt die Stute auf, wobei die Nabelschnur abreißt, und leckt das
feuchte Fohlen ab, welches, wenn auch etwas unbeholfen, aufsteht und das Euter der
Mutter aufsucht. Durch die Wirkung der Erstlingsmilch entleert das Fohlen bald
nach dem Saugen die während seines Aufenthaltes im Mutterleibe angesammelten
Kothmengen, das sogenannte Füllenpech. Dieser normale Verlauf der Geburt wird
zuweilen gestört, weshalb man die Stuten zu dieser Zeit von einem kundigen Wärter
beaufsichtigen zu lassen hat, damit erforderlichenfalls eine künstliche Nachhilfe schnell
gegeben werden kann. Eine Geburtshilfe soll jedoch nur in den zwingendsten Fällen
angewendet werden.

In den ersten Tagen nach der Geburt reicht man stark angefeuchtetes Kleien-
oder Mehlfutter. Späterhin sorgt man durch Verabreichung von süßem Heu, Gersten-
schrot, aufgeweichten Leinölkuchen für eine reichliche und normale Absonderung der
Milch. Dasselbe erreicht man durch eine nahe, gute Weide oder durch Vorlegen von
Grünfutter. Nach etwa 10--14 Tagen hat sich die Stute so weit erholt, daß sie
bei günstiger Witterung wieder, zunächst mäßigen, Zugdienst verrichten kann, voraus-
gesetzt, daß sie pro Tag eine Zulage von 1.5--2 Kilogr. Hafer erhält. Dabei ist
jedoch eine Erhitzung der Stute zu vermeiden. Wäre dieselbe eingetreten, so muß
man die Stute erst durch Umherführen beruhigen und hat dann die ersten Tropfen
Milch auszumelken, bevor man das Fohlen saugen läßt. Nach etwa 9--20 Tagen
wird die Stute neuerdings rossig und kann nun wieder zum Hengste gebracht werden.

Ist die Stute eingegangen oder gibt sie keine oder nicht ausreichende Milch, so
läßt sich die Aufzucht des Fohlens durch eine Amme, eine milchende Stute, die ihr
Fohlen verloren hat, wenn auch mit einiger Mühe bewerkstelligen. Bei großer Sorg-
falt gelingt es auch, das Fohlen mit Kuhmilch aufzuziehen. Dieselbe muß in ver-
dünntem Zustande und in kleinen Mengen mehrmals des Tages verabreicht werden.
Verabsäumt man diese Vorsichtsmaßregel, so treten leicht Koliken und Durchfälle ein,
welche schließlich zum Eingehen des Fohlens führen. Fohlen, welche auffällige Form-
fehler oder Gebrechen zeigen, sind selbstverständlich von jeder Aufzucht auszuschließen,
wenn das Product die mit der Aufzucht verbundene Mühe lohnen soll.

Nach dem ersten Monate gibt man dem Fohlen in einem eingezäunten Platze
Gelegenheit zur Bewegung im Freien, weiterhin läßt man dasselbe mit der Mutter
auf die Weide gehen oder neben der eingespannten Mutter herlaufen. nach vier
Wochen beginnt das Fohlen an dem Futter der Mutter zu naschen; man richtet da-
her demselben einen niedrigen Futtertrog ein, in welchem man zartes Heu und
Hafer vorlegt, um das Fohlen auf diese naturgemäße Weise allmählig an festere
Nahrung zu gewöhnen.

In der ersten Zeit nach der Geburt oder gegen Ende der Säugezeit treten
mancherlei krankhafte Zustände ein, welche wie der Durchfall und die Fohlenlähme
zum Eingehen des Fohlens führen können, wenn man nicht dagegen durch rechtzeitig

Die Pferdezucht.
kann daher zwiſchen 322—419 Tagen ſchwanken. Kurz vor dem Eintritte der Ge-
burt, nachdem 1—2 Tage vorher vorbereitende Wehen erſchienen ſind, legt ſich ge-
wöhnlich die Stute nieder und gebärt dann verhältnißmäßig leicht das Fohlen. Nach
der Geburt ſpringt die Stute auf, wobei die Nabelſchnur abreißt, und leckt das
feuchte Fohlen ab, welches, wenn auch etwas unbeholfen, aufſteht und das Euter der
Mutter aufſucht. Durch die Wirkung der Erſtlingsmilch entleert das Fohlen bald
nach dem Saugen die während ſeines Aufenthaltes im Mutterleibe angeſammelten
Kothmengen, das ſogenannte Füllenpech. Dieſer normale Verlauf der Geburt wird
zuweilen geſtört, weshalb man die Stuten zu dieſer Zeit von einem kundigen Wärter
beaufſichtigen zu laſſen hat, damit erforderlichenfalls eine künſtliche Nachhilfe ſchnell
gegeben werden kann. Eine Geburtshilfe ſoll jedoch nur in den zwingendſten Fällen
angewendet werden.

In den erſten Tagen nach der Geburt reicht man ſtark angefeuchtetes Kleien-
oder Mehlfutter. Späterhin ſorgt man durch Verabreichung von ſüßem Heu, Gerſten-
ſchrot, aufgeweichten Leinölkuchen für eine reichliche und normale Abſonderung der
Milch. Daſſelbe erreicht man durch eine nahe, gute Weide oder durch Vorlegen von
Grünfutter. Nach etwa 10—14 Tagen hat ſich die Stute ſo weit erholt, daß ſie
bei günſtiger Witterung wieder, zunächſt mäßigen, Zugdienſt verrichten kann, voraus-
geſetzt, daß ſie pro Tag eine Zulage von 1.5—2 Kilogr. Hafer erhält. Dabei iſt
jedoch eine Erhitzung der Stute zu vermeiden. Wäre dieſelbe eingetreten, ſo muß
man die Stute erſt durch Umherführen beruhigen und hat dann die erſten Tropfen
Milch auszumelken, bevor man das Fohlen ſaugen läßt. Nach etwa 9—20 Tagen
wird die Stute neuerdings roſſig und kann nun wieder zum Hengſte gebracht werden.

Iſt die Stute eingegangen oder gibt ſie keine oder nicht ausreichende Milch, ſo
läßt ſich die Aufzucht des Fohlens durch eine Amme, eine milchende Stute, die ihr
Fohlen verloren hat, wenn auch mit einiger Mühe bewerkſtelligen. Bei großer Sorg-
falt gelingt es auch, das Fohlen mit Kuhmilch aufzuziehen. Dieſelbe muß in ver-
dünntem Zuſtande und in kleinen Mengen mehrmals des Tages verabreicht werden.
Verabſäumt man dieſe Vorſichtsmaßregel, ſo treten leicht Koliken und Durchfälle ein,
welche ſchließlich zum Eingehen des Fohlens führen. Fohlen, welche auffällige Form-
fehler oder Gebrechen zeigen, ſind ſelbſtverſtändlich von jeder Aufzucht auszuſchließen,
wenn das Product die mit der Aufzucht verbundene Mühe lohnen ſoll.

Nach dem erſten Monate gibt man dem Fohlen in einem eingezäunten Platze
Gelegenheit zur Bewegung im Freien, weiterhin läßt man daſſelbe mit der Mutter
auf die Weide gehen oder neben der eingeſpannten Mutter herlaufen. nach vier
Wochen beginnt das Fohlen an dem Futter der Mutter zu naſchen; man richtet da-
her demſelben einen niedrigen Futtertrog ein, in welchem man zartes Heu und
Hafer vorlegt, um das Fohlen auf dieſe naturgemäße Weiſe allmählig an feſtere
Nahrung zu gewöhnen.

In der erſten Zeit nach der Geburt oder gegen Ende der Säugezeit treten
mancherlei krankhafte Zuſtände ein, welche wie der Durchfall und die Fohlenlähme
zum Eingehen des Fohlens führen können, wenn man nicht dagegen durch rechtzeitig

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[249/0265] Die Pferdezucht. kann daher zwiſchen 322—419 Tagen ſchwanken. Kurz vor dem Eintritte der Ge- burt, nachdem 1—2 Tage vorher vorbereitende Wehen erſchienen ſind, legt ſich ge- wöhnlich die Stute nieder und gebärt dann verhältnißmäßig leicht das Fohlen. Nach der Geburt ſpringt die Stute auf, wobei die Nabelſchnur abreißt, und leckt das feuchte Fohlen ab, welches, wenn auch etwas unbeholfen, aufſteht und das Euter der Mutter aufſucht. Durch die Wirkung der Erſtlingsmilch entleert das Fohlen bald nach dem Saugen die während ſeines Aufenthaltes im Mutterleibe angeſammelten Kothmengen, das ſogenannte Füllenpech. Dieſer normale Verlauf der Geburt wird zuweilen geſtört, weshalb man die Stuten zu dieſer Zeit von einem kundigen Wärter beaufſichtigen zu laſſen hat, damit erforderlichenfalls eine künſtliche Nachhilfe ſchnell gegeben werden kann. Eine Geburtshilfe ſoll jedoch nur in den zwingendſten Fällen angewendet werden. In den erſten Tagen nach der Geburt reicht man ſtark angefeuchtetes Kleien- oder Mehlfutter. Späterhin ſorgt man durch Verabreichung von ſüßem Heu, Gerſten- ſchrot, aufgeweichten Leinölkuchen für eine reichliche und normale Abſonderung der Milch. Daſſelbe erreicht man durch eine nahe, gute Weide oder durch Vorlegen von Grünfutter. Nach etwa 10—14 Tagen hat ſich die Stute ſo weit erholt, daß ſie bei günſtiger Witterung wieder, zunächſt mäßigen, Zugdienſt verrichten kann, voraus- geſetzt, daß ſie pro Tag eine Zulage von 1.5—2 Kilogr. Hafer erhält. Dabei iſt jedoch eine Erhitzung der Stute zu vermeiden. Wäre dieſelbe eingetreten, ſo muß man die Stute erſt durch Umherführen beruhigen und hat dann die erſten Tropfen Milch auszumelken, bevor man das Fohlen ſaugen läßt. Nach etwa 9—20 Tagen wird die Stute neuerdings roſſig und kann nun wieder zum Hengſte gebracht werden. Iſt die Stute eingegangen oder gibt ſie keine oder nicht ausreichende Milch, ſo läßt ſich die Aufzucht des Fohlens durch eine Amme, eine milchende Stute, die ihr Fohlen verloren hat, wenn auch mit einiger Mühe bewerkſtelligen. Bei großer Sorg- falt gelingt es auch, das Fohlen mit Kuhmilch aufzuziehen. Dieſelbe muß in ver- dünntem Zuſtande und in kleinen Mengen mehrmals des Tages verabreicht werden. Verabſäumt man dieſe Vorſichtsmaßregel, ſo treten leicht Koliken und Durchfälle ein, welche ſchließlich zum Eingehen des Fohlens führen. Fohlen, welche auffällige Form- fehler oder Gebrechen zeigen, ſind ſelbſtverſtändlich von jeder Aufzucht auszuſchließen, wenn das Product die mit der Aufzucht verbundene Mühe lohnen ſoll. Nach dem erſten Monate gibt man dem Fohlen in einem eingezäunten Platze Gelegenheit zur Bewegung im Freien, weiterhin läßt man daſſelbe mit der Mutter auf die Weide gehen oder neben der eingeſpannten Mutter herlaufen. nach vier Wochen beginnt das Fohlen an dem Futter der Mutter zu naſchen; man richtet da- her demſelben einen niedrigen Futtertrog ein, in welchem man zartes Heu und Hafer vorlegt, um das Fohlen auf dieſe naturgemäße Weiſe allmählig an feſtere Nahrung zu gewöhnen. In der erſten Zeit nach der Geburt oder gegen Ende der Säugezeit treten mancherlei krankhafte Zuſtände ein, welche wie der Durchfall und die Fohlenlähme zum Eingehen des Fohlens führen können, wenn man nicht dagegen durch rechtzeitig

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/265>, abgerufen am 24.11.2024.