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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Die Pferdezucht.

Die Geſtüte können entweder als wilde, halbwilde oder als zahme Geſtüte ein-
gerichtet werden. In den wilden Geſtüten werden die Pferde ſich ſelbſt überlaſſen,
ohne daß für die Wahl der Zuchtthiere, ihre Ernährung und Unterkunft beſondere
Vorſorge getroffen wird. Die drei- bis vierjährigen Pferde werden eingefangen,
gezähmt und ihrem Gebrauche zugeführt. Dieſe Art der Geſtütswirthſchaft findet
ſich nur auf ausgedehnten Steppenländereien, die nur auf dieſe Weiſe nutzbar gemacht
werden können. In den halbwilden Geſtüten ſorgt man wenigſtens für die Zeit der un-
günſtigen Witterung für Unterkunft und Futter. Die Geſchlechter werden getrennt geweidet,
die Hengſte zur Beſchälzeit in die Heerden oder Rudeln der Stuten eingelaſſen. In
den zahmen Geſtüten werden die Zuchtpferde ſowohl im Winter als über Nacht im
Sommer in beſonders hergerichteten Stallungen untergebracht, die Zutheilung und der
Sprung erfolgt aus der Hand. Die Fohlen werden mit möglichſter Sorgfalt auf-
gezogen und dadurch die Pferde zutraulicher und verwendbarer, wenn auch etwas empfind-
licher als wenn die Aufzucht der Natur überlaſſen bleibt. In Oeſterreich, Deutſchland,
Frankreich und England finden ſich nur zahme Geſtüte, nachdem das früher beſtandene
halbwilde Sennergeſtüt in ein zahmes umgewandelt wurde. Halbwilde Geſtüte
ſind anzutreffen in Ungarn, Rußland, wilde Geſtüte im aſiatiſchen Rußland, Nord-
amerika ꝛc.

Hofgeſtüte nennt man jene Geſtüte, welche für die Zwecke der Marſtälle fürſt-
licher Höfe gehalten werden, Staatsgeſtüte jene, in welchen vorzugsweiſe Hengſte
gezüchtet und aufgezogen werden, die dann auf die Landgeſtüte (Beſchäldepôts,
Beſchälſtationen, Hengſtendepôts) vertheilt werden, um die Stuten von Privaten gegen
mäßiges Sprunggeld zu decken. In den Militärgeſtüten werden die Pferde auf
Rechnung und für die Zwecke des Militärs gehalten und herangezüchtet. Die Land-
geſtüte haben überall dort große Bedeutung, wo viel Sinn für Pferdezucht unter den
kleinen Grundbeſitzern herrſcht, welchen jedoch die Haltung eines eigenen Hengſtes zu
koſtſpielig iſt. Die Beſchäldepôts ergänzen ihren Bedarf oft wieder durch unmittel-
baren Ankauf von Hengſten im Lande.

2. Die Auswahl der Zuchtthiere.

Die Auswahl der Zuchtthiere richtet ſich nach der Art der Producte, welche heran-
gezogen werden ſollen. Für die Geſtüte wird edles oder wenigſtens halbedles Blut zu
wählen ſein. Bei der Zucht mit Arbeitsſtuten hat man nicht über Halbblut hinaus
zu gehen. Das Pferd iſt nicht zu allen Dienſten gleich gut verwendbar, ſondern
immer nur für einen Dienſt; es wird ſich entweder als Reitpferd, Zugpferd oder
Tragpferd eignen. Für den Reitdienſt wird man nur ſolche Pferde auswählen,
welche leicht und ſchlank gebaut ſind, ſich gewandt bewegen, biegſame Rücken- und Hals-
muskeln beſitzen und einen normalen Rücken- und Fußbau aufweiſen. Die Vorder-
füße ſollen möglichſt weit vor den Leib, die Hinterfüße weit unter den Leib geſetzt
werden, die Höhe nicht über 1.5—1.6 Meter hinausgehen. Die weiteren An-
forderungen richten ſich nach den Zwecken, für welche das Reitpferd dienen ſoll. Bei
Rennpferden, bei welchen es mehr auf Schnelligkeit als auf Kraft und Ausdauer

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/261>, abgerufen am 20.02.2025.