Die Paarung kann entweder durch 1. den wilden Sprung, 2. den Classen- sprung, oder 3. den Sprung aus der Hand ausgeführt werden.
Bei dem wilden oder ungeregelten Sprunge läßt man die Böcke das ganze Jahr oder zur Schonung derselben nur zu bestimmten Sprungzeiten frei in der Mutter- schafheerde herumlaufen. Bei diesem Sprungverfahren kann selbstverständlich von einer zielbewußten Zucht keine Rede sein. Durch Paarung ungleicher Thiere werden bei solchem Vorgehen zahlreiche Wollfehler in der Heerde auftreten. Die Böcke wer- den überdies unnöthigerweise schnell abgebraucht. Um sie etwas zu schonen, empfiehlt es sich, dieselben in Abtheilungen zu verwenden.
Bei dem Classensprunge werden sämmtliche Mutterschafe, je nach ihren Woll- eigenschaften in Classen oder Abtheilungen gebracht, die im Stalle durch Hürden getrennt werden oder auf der Weide besondere Plätze zugewiesen erhalten. Für jede Classe wird eine Anzahl entsprechender Böcke bestimmt, die in die betreffende Abthei- lung gebracht und nach 2, 3 Sprüngen herausgenommen werden. Die Classen werden je nach dem anzustrebenden Züchtungsziele gebildet. Ist dieses hohe Woll- feinheit, so kommen in die erste Classe, der Pepiniere- oder Eliteheerde, bei welcher der Sprung meist aus der Hand geschieht, alle dem anzustrebenden Züchtungsziele möglichst nahestehenden edlen, feinwolligen Thiere, mit besonderer Treue und Aus- geglichenheit der Wolle; in die zweite Classe alle jene Thiere, deren Wollfeinheit Electa II. oder Prima I. erreicht, die noch dicht, gut ausgeglichen und bewachsen sind, in die dritte Classe die zwar feinwolligen, aber in der Wolldichte zurückstehenden Schafe und in die vierte Classe alle übrigen Thiere mit gröberen, wenn auch reich- wolligem Vließe.
Der Sprung oder die Paarung aus der Hand kann auf zweifache Weise aus- geführt werden, entweder als Harems-, Serailsprung oder als Logensprung. Bei ersterem Verfahren kommen alle einem Bocke zugetheilten Schafe in eine Abtheilung. Hat der Bock in derselben 2--4 Sprünge gemacht, so wird er herausgenommen, die belegten Schafe am Rücken mit Farbe bezeichnet und der Sprung im Register ver- zeichnet. Bei einer größeren Anzahl Schafe ist es erforderlich einen Reservebock zu bestimmen. Bei dem Logensprunge läßt man die rütigen Schafe durch einen ver- schürzten Probirbock (Aufsuchbock) Morgens und Abends aufsuchen. Die brünstigen Schafe bringt man dann je nach ihrer Nummer zu dem schon in Vorhinein bestimmten Bocke auf einen besonderen Belegplatz oder in die Loge, in welcher gewöhnlich die Böcke im Stalle gehalten werden.
Der Bedarf an Böcken richtet sich nach der Dauer der Sprungzeit und dem Sprungverfahren. Bei langer Dauer der Sprungzeit werden bei ein und derselben Bockzahl mehr Schafe fruchtbar, dagegen wird der Unterschied zwischen dem zuerst und zuletzt fallenden Lamme zu groß. Die Sprungzeit soll daher nicht über 5--6 Wochen ausgedehnt werden. Je nach dem Sprungverfahren rechnet man für einen Bock bei einer mittleren Sprungzeit von 4--5 Wochen und bei 2--3, höchstens 4 Sprüngen eines Bockes in einem Tage bei
Beſondere Thierzuchtlehre.
Die Paarung kann entweder durch 1. den wilden Sprung, 2. den Claſſen- ſprung, oder 3. den Sprung aus der Hand ausgeführt werden.
Bei dem wilden oder ungeregelten Sprunge läßt man die Böcke das ganze Jahr oder zur Schonung derſelben nur zu beſtimmten Sprungzeiten frei in der Mutter- ſchafheerde herumlaufen. Bei dieſem Sprungverfahren kann ſelbſtverſtändlich von einer zielbewußten Zucht keine Rede ſein. Durch Paarung ungleicher Thiere werden bei ſolchem Vorgehen zahlreiche Wollfehler in der Heerde auftreten. Die Böcke wer- den überdies unnöthigerweiſe ſchnell abgebraucht. Um ſie etwas zu ſchonen, empfiehlt es ſich, dieſelben in Abtheilungen zu verwenden.
Bei dem Claſſenſprunge werden ſämmtliche Mutterſchafe, je nach ihren Woll- eigenſchaften in Claſſen oder Abtheilungen gebracht, die im Stalle durch Hürden getrennt werden oder auf der Weide beſondere Plätze zugewieſen erhalten. Für jede Claſſe wird eine Anzahl entſprechender Böcke beſtimmt, die in die betreffende Abthei- lung gebracht und nach 2, 3 Sprüngen herausgenommen werden. Die Claſſen werden je nach dem anzuſtrebenden Züchtungsziele gebildet. Iſt dieſes hohe Woll- feinheit, ſo kommen in die erſte Claſſe, der Pepinière- oder Eliteheerde, bei welcher der Sprung meiſt aus der Hand geſchieht, alle dem anzuſtrebenden Züchtungsziele möglichſt naheſtehenden edlen, feinwolligen Thiere, mit beſonderer Treue und Aus- geglichenheit der Wolle; in die zweite Claſſe alle jene Thiere, deren Wollfeinheit Electa II. oder Prima I. erreicht, die noch dicht, gut ausgeglichen und bewachſen ſind, in die dritte Claſſe die zwar feinwolligen, aber in der Wolldichte zurückſtehenden Schafe und in die vierte Claſſe alle übrigen Thiere mit gröberen, wenn auch reich- wolligem Vließe.
Der Sprung oder die Paarung aus der Hand kann auf zweifache Weiſe aus- geführt werden, entweder als Harems-, Serailſprung oder als Logenſprung. Bei erſterem Verfahren kommen alle einem Bocke zugetheilten Schafe in eine Abtheilung. Hat der Bock in derſelben 2—4 Sprünge gemacht, ſo wird er herausgenommen, die belegten Schafe am Rücken mit Farbe bezeichnet und der Sprung im Regiſter ver- zeichnet. Bei einer größeren Anzahl Schafe iſt es erforderlich einen Reſervebock zu beſtimmen. Bei dem Logenſprunge läßt man die rütigen Schafe durch einen ver- ſchürzten Probirbock (Aufſuchbock) Morgens und Abends aufſuchen. Die brünſtigen Schafe bringt man dann je nach ihrer Nummer zu dem ſchon in Vorhinein beſtimmten Bocke auf einen beſonderen Belegplatz oder in die Loge, in welcher gewöhnlich die Böcke im Stalle gehalten werden.
Der Bedarf an Böcken richtet ſich nach der Dauer der Sprungzeit und dem Sprungverfahren. Bei langer Dauer der Sprungzeit werden bei ein und derſelben Bockzahl mehr Schafe fruchtbar, dagegen wird der Unterſchied zwiſchen dem zuerſt und zuletzt fallenden Lamme zu groß. Die Sprungzeit ſoll daher nicht über 5—6 Wochen ausgedehnt werden. Je nach dem Sprungverfahren rechnet man für einen Bock bei einer mittleren Sprungzeit von 4—5 Wochen und bei 2—3, höchſtens 4 Sprüngen eines Bockes in einem Tage bei
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Beſondere Thierzuchtlehre.
Die Paarung kann entweder durch 1. den wilden Sprung, 2. den Claſſen-
ſprung, oder 3. den Sprung aus der Hand ausgeführt werden.
Bei dem wilden oder ungeregelten Sprunge läßt man die Böcke das ganze Jahr
oder zur Schonung derſelben nur zu beſtimmten Sprungzeiten frei in der Mutter-
ſchafheerde herumlaufen. Bei dieſem Sprungverfahren kann ſelbſtverſtändlich von
einer zielbewußten Zucht keine Rede ſein. Durch Paarung ungleicher Thiere werden
bei ſolchem Vorgehen zahlreiche Wollfehler in der Heerde auftreten. Die Böcke wer-
den überdies unnöthigerweiſe ſchnell abgebraucht. Um ſie etwas zu ſchonen, empfiehlt
es ſich, dieſelben in Abtheilungen zu verwenden.
Bei dem Claſſenſprunge werden ſämmtliche Mutterſchafe, je nach ihren Woll-
eigenſchaften in Claſſen oder Abtheilungen gebracht, die im Stalle durch Hürden
getrennt werden oder auf der Weide beſondere Plätze zugewieſen erhalten. Für jede
Claſſe wird eine Anzahl entſprechender Böcke beſtimmt, die in die betreffende Abthei-
lung gebracht und nach 2, 3 Sprüngen herausgenommen werden. Die Claſſen
werden je nach dem anzuſtrebenden Züchtungsziele gebildet. Iſt dieſes hohe Woll-
feinheit, ſo kommen in die erſte Claſſe, der Pepinière- oder Eliteheerde, bei welcher
der Sprung meiſt aus der Hand geſchieht, alle dem anzuſtrebenden Züchtungsziele
möglichſt naheſtehenden edlen, feinwolligen Thiere, mit beſonderer Treue und Aus-
geglichenheit der Wolle; in die zweite Claſſe alle jene Thiere, deren Wollfeinheit
Electa II. oder Prima I. erreicht, die noch dicht, gut ausgeglichen und bewachſen
ſind, in die dritte Claſſe die zwar feinwolligen, aber in der Wolldichte zurückſtehenden
Schafe und in die vierte Claſſe alle übrigen Thiere mit gröberen, wenn auch reich-
wolligem Vließe.
Der Sprung oder die Paarung aus der Hand kann auf zweifache Weiſe aus-
geführt werden, entweder als Harems-, Serailſprung oder als Logenſprung. Bei
erſterem Verfahren kommen alle einem Bocke zugetheilten Schafe in eine Abtheilung.
Hat der Bock in derſelben 2—4 Sprünge gemacht, ſo wird er herausgenommen, die
belegten Schafe am Rücken mit Farbe bezeichnet und der Sprung im Regiſter ver-
zeichnet. Bei einer größeren Anzahl Schafe iſt es erforderlich einen Reſervebock zu
beſtimmen. Bei dem Logenſprunge läßt man die rütigen Schafe durch einen ver-
ſchürzten Probirbock (Aufſuchbock) Morgens und Abends aufſuchen. Die brünſtigen
Schafe bringt man dann je nach ihrer Nummer zu dem ſchon in Vorhinein beſtimmten
Bocke auf einen beſonderen Belegplatz oder in die Loge, in welcher gewöhnlich die
Böcke im Stalle gehalten werden.
Der Bedarf an Böcken richtet ſich nach der Dauer der Sprungzeit und dem
Sprungverfahren. Bei langer Dauer der Sprungzeit werden bei ein und derſelben
Bockzahl mehr Schafe fruchtbar, dagegen wird der Unterſchied zwiſchen dem zuerſt
und zuletzt fallenden Lamme zu groß. Die Sprungzeit ſoll daher nicht über 5—6
Wochen ausgedehnt werden. Je nach dem Sprungverfahren rechnet man für einen
Bock bei einer mittleren Sprungzeit von 4—5 Wochen und bei 2—3, höchſtens
4 Sprüngen eines Bockes in einem Tage bei
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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/216>, abgerufen am 16.02.2025.
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