Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.Besondere Thierzuchtlehre. 2. Die Auswahl der Race. Die Erreichung des Züchtungszweckes wird am Besten durch die entsprechende 3. Die Auswahl der Zuchtthiere. Nächst Gesundheit, erhöhter Lebensthätigkeit und Vererbungsfähigkeit sollen die Die Wolle für mehrseitigen Gebrauch (a deux mains) wird in einer Länge Von der Wolle, welche sich zur Herstellung von Kammwolle oder glat- Beſondere Thierzuchtlehre. 2. Die Auswahl der Race. Die Erreichung des Züchtungszweckes wird am Beſten durch die entſprechende 3. Die Auswahl der Zuchtthiere. Nächſt Geſundheit, erhöhter Lebensthätigkeit und Vererbungsfähigkeit ſollen die Die Wolle für mehrſeitigen Gebrauch (à deux mains) wird in einer Länge Von der Wolle, welche ſich zur Herſtellung von Kammwolle oder glat- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0212" n="196"/> <fw place="top" type="header">Beſondere Thierzuchtlehre.</fw><lb/> <div n="5"> <head> <hi rendition="#b">2. Die Auswahl der Race.</hi> </head><lb/> <p>Die Erreichung des Züchtungszweckes wird am Beſten durch die entſprechende<lb/> Auswahl der Race gefördert. Für die feine Tuchwollſchäferei eignen ſich die Merino-<lb/> ſchafe, für grobe Tuchwolle die verſchiedenen Arten von Landſchafen, für die Kamm-<lb/> wollſchäferei das Kammwoll-Merino, das franzöſiſche Rambouilletſchaf, die kurz-<lb/> wolligen engliſchen Schafe, vor allem das Southdownſchaf, und für die Fleiſchſchaf-<lb/> zucht die engliſchen Schafracen überhaupt, beſonders das Leiceſter-, Southdown- und<lb/> Shropſphireſchaf, welche gewöhnlich den meiſten Vortheil nicht als Reinzuchten, ſondern<lb/> als Kreuzungen mit Landſchafen gewähren. Zu den maſtfähigen Racen zählen über-<lb/> dies die Zackelſchafe und das Hängohrſchaf, welches Letztere auch durch ſeine Milch<lb/> einen Nebenertrag gewährt.</p> </div><lb/> <div n="5"> <head> <hi rendition="#b">3. Die Auswahl der Zuchtthiere.</hi> </head><lb/> <p>Nächſt Geſundheit, erhöhter Lebensthätigkeit und Vererbungsfähigkeit ſollen die<lb/> Zuchtſchafe die gewünſchten Eigenſchaften in möglichſt hohem Grade beſitzen. Bei<lb/> den <hi rendition="#g">Wollſchafen</hi> handelt es ſich vor Allem um die entſprechende Beſchaffenheit<lb/> des Vließes. Soll die Wolle ſich zur Herſtellung von <hi rendition="#g">Streichgarn</hi> oder <hi rendition="#g">Tuch,</hi><lb/> d. i. gewalkten Stoffen, bei welchen die Fäden des Gewebes durch die hervorſtehenden<lb/> Haarenden verdeckt werden, eignen, ſo muß ſie vor Allem große Krimpkraft beſitzen,<lb/> denn nur dann iſt es möglich aus den Haaren ein verfilztes Gewebe herzuſtellen;<lb/> nächſtdem ſoll die Wolle normal- oder gedrängtbogig ſein. Bei flacher Kräuſelung<lb/> läßt ſich die filzähnliche Oberfläche des Tuches ſchwer herſtellen, bei hochbogiger<lb/> Wolle entſteht dagegen bei dem Scheeren der aus dem Tuchgewebe hervorſtehenden<lb/> Haarenden zu viel Verluſt. Außerdem hat man bei der Auswahl von Zuchtthieren<lb/> für Tuchwolle auf möglichſte Treue zu ſehen, da nur von einem treuen Vließe ein<lb/> gleichförmiges Streichgarn erzielt werden kann. Von beſonderer Bedeutung iſt die<lb/> Tiefe des Stapels, dieſelbe ſoll nicht über 4—4.5 Centm. hinausgehen, da es bei<lb/> den Tuchwollen hauptſächlich darauf ankommt ein Garn zu gewinnen, bei welchem<lb/> möglichſt viele Haarenden hervorſtehen. Die Feinheit des Tuches hängt von der Fein-<lb/> heit des ſichtbar bleibenden, mit der Weberkarde an die Oberfläche des Tuches ge-<lb/> zogenen, einzelnen Haares ab. Am meiſten Abſatz finden jedoch gegenwärtig mittel-<lb/> feine Tuchwollen, zu welchen man Zuchtthiere mit ſonſt tadelloſer Tuchwolle von<lb/><hi rendition="#aq">I.</hi> Prima oder <hi rendition="#aq">II.</hi> Electa zu wählen hat.</p><lb/> <p>Die Wolle für <hi rendition="#g">mehrſeitigen Gebrauch</hi> (<hi rendition="#aq">à deux mains</hi>) wird in einer Länge<lb/> zwiſchen 4.5 und 5.9 Centm. gezüchtet.</p><lb/> <p>Von der Wolle, welche ſich zur Herſtellung von <hi rendition="#g">Kammwolle</hi> oder <hi rendition="#g">glat-<lb/> ten Zeugen</hi> eignen ſoll, verlangt man keine Krimpkraft und flache, ſchlichte<lb/> Kräuſelung, da der Faden des Gewebes erkennbar bleibt und nicht durch hervor-<lb/> ſtehende, verfilzte Haarenden verdeckt wird. Der Stapel darf nicht kurz, ſondern<lb/> muß über 6—8 Centm. tief ſein, da ſonſt zu viele Haare zur Bildung des Fadens<lb/> erforderlich ſind, deren Haarenden ſich dann vordrängen. Ueber dieſes Maß hinaus-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [196/0212]
Beſondere Thierzuchtlehre.
2. Die Auswahl der Race.
Die Erreichung des Züchtungszweckes wird am Beſten durch die entſprechende
Auswahl der Race gefördert. Für die feine Tuchwollſchäferei eignen ſich die Merino-
ſchafe, für grobe Tuchwolle die verſchiedenen Arten von Landſchafen, für die Kamm-
wollſchäferei das Kammwoll-Merino, das franzöſiſche Rambouilletſchaf, die kurz-
wolligen engliſchen Schafe, vor allem das Southdownſchaf, und für die Fleiſchſchaf-
zucht die engliſchen Schafracen überhaupt, beſonders das Leiceſter-, Southdown- und
Shropſphireſchaf, welche gewöhnlich den meiſten Vortheil nicht als Reinzuchten, ſondern
als Kreuzungen mit Landſchafen gewähren. Zu den maſtfähigen Racen zählen über-
dies die Zackelſchafe und das Hängohrſchaf, welches Letztere auch durch ſeine Milch
einen Nebenertrag gewährt.
3. Die Auswahl der Zuchtthiere.
Nächſt Geſundheit, erhöhter Lebensthätigkeit und Vererbungsfähigkeit ſollen die
Zuchtſchafe die gewünſchten Eigenſchaften in möglichſt hohem Grade beſitzen. Bei
den Wollſchafen handelt es ſich vor Allem um die entſprechende Beſchaffenheit
des Vließes. Soll die Wolle ſich zur Herſtellung von Streichgarn oder Tuch,
d. i. gewalkten Stoffen, bei welchen die Fäden des Gewebes durch die hervorſtehenden
Haarenden verdeckt werden, eignen, ſo muß ſie vor Allem große Krimpkraft beſitzen,
denn nur dann iſt es möglich aus den Haaren ein verfilztes Gewebe herzuſtellen;
nächſtdem ſoll die Wolle normal- oder gedrängtbogig ſein. Bei flacher Kräuſelung
läßt ſich die filzähnliche Oberfläche des Tuches ſchwer herſtellen, bei hochbogiger
Wolle entſteht dagegen bei dem Scheeren der aus dem Tuchgewebe hervorſtehenden
Haarenden zu viel Verluſt. Außerdem hat man bei der Auswahl von Zuchtthieren
für Tuchwolle auf möglichſte Treue zu ſehen, da nur von einem treuen Vließe ein
gleichförmiges Streichgarn erzielt werden kann. Von beſonderer Bedeutung iſt die
Tiefe des Stapels, dieſelbe ſoll nicht über 4—4.5 Centm. hinausgehen, da es bei
den Tuchwollen hauptſächlich darauf ankommt ein Garn zu gewinnen, bei welchem
möglichſt viele Haarenden hervorſtehen. Die Feinheit des Tuches hängt von der Fein-
heit des ſichtbar bleibenden, mit der Weberkarde an die Oberfläche des Tuches ge-
zogenen, einzelnen Haares ab. Am meiſten Abſatz finden jedoch gegenwärtig mittel-
feine Tuchwollen, zu welchen man Zuchtthiere mit ſonſt tadelloſer Tuchwolle von
I. Prima oder II. Electa zu wählen hat.
Die Wolle für mehrſeitigen Gebrauch (à deux mains) wird in einer Länge
zwiſchen 4.5 und 5.9 Centm. gezüchtet.
Von der Wolle, welche ſich zur Herſtellung von Kammwolle oder glat-
ten Zeugen eignen ſoll, verlangt man keine Krimpkraft und flache, ſchlichte
Kräuſelung, da der Faden des Gewebes erkennbar bleibt und nicht durch hervor-
ſtehende, verfilzte Haarenden verdeckt wird. Der Stapel darf nicht kurz, ſondern
muß über 6—8 Centm. tief ſein, da ſonſt zu viele Haare zur Bildung des Fadens
erforderlich ſind, deren Haarenden ſich dann vordrängen. Ueber dieſes Maß hinaus-
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