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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Die Rindviehzucht.
weshalb es am besten ist das Kalb gleich in den Kälberstall zu bringen und 3--4mal
des Tages zur Kuh zu führen.

Das Tränken erfordert vor Allem
Pünktlichkeit, Sorgfalt und Reinlich-
keit. Das Kalb wird bei diesem Auf-
zuchtverfahren gleich nach dem Ab-
lecken oder besser gleich nach der
Geburt von der Kuh entfernt. Im
letzteren Falle ist der Schleim besonders
am Maule durch Abreiben mit weichem
Stroh oder Heu zu entfernen. Die
Milch und zwar in der ersten Woche
die Milch von der eigenen Mutter,
besonders die Colostrummilch, wird
dem Kalbe aus einem Kübel gereicht.
Um das Kalb zum Saufen zu ver-
anlassen, drückt man den Kopf desselben
sanft gegen die Milch oder hält ihm
einen mit Milch benetzten Finger ent-
gegen. Zu demselben Zwecke dienen in
die Barrenwand eingeschobene Tränkvor-
richtungen, Fig. 67, bei welchen durch
Kautschuk etc. die Zitzen der Kuh nachge-
ahmt werden. Derartige Kautschuksaug-
düten liefert C. Schwanitz & Co., Berlin.

Nach der ersten Woche kann auch
von anderen Kühen, jedoch stets kuh-
warme Milch gereicht werden und zwar
mit großer Genauigkeit immer zur

[Abbildung] Fig. 67.

Saug-Apparat für Kälber.

gleichen Zeit 3mal, noch besser, um gieriges Saufen zu vermeiden 4--5mal des Tages.
In der ersten Zeit läßt man das Kalb beliebige Quantitäten aufnehmen, späterhin wird
demselben 1/5 --1/7, im Mittel 1/6 seines Lebendgewichtes an Milch zugemessen.
Kälber, welche mit Milch gemästet werden sollen, erhalten mehr. Je nach dem Ge-
wichte erhalten demnach die Kälber während der Säugezeit 4--10 Kilogr. Milch oder
3.87--9.7 Liter per Tag, da 1 Liter Milch bei 15°C. 1.032 Kilogr. wägt.

Die Dauer der Säugezeit richtet sich nach den Zwecken der Aufzucht. Kälber,
welche weder gemästet, noch zur weiteren Aufzucht, sondern zum Verkaufe für die
Schlachtbank bestimmt werden, setzt man schon mit 3--4 Wochen ab. Aufzuchtkälber
müssen wenigstens 4--5, in guten Wirthschaften niemals unter 6--8 Wochen gesäugt
werden. Bei Zuchtviehaufzucht reicht man selbst 5--6 Monate und länger Milch-
nahrung, dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß bei so langer Milchfütterung das
Absetzen schwieriger wird, da der Pansen in der Entwickelung zurückbleibt.

Die Rindviehzucht.
weshalb es am beſten iſt das Kalb gleich in den Kälberſtall zu bringen und 3—4mal
des Tages zur Kuh zu führen.

Das Tränken erfordert vor Allem
Pünktlichkeit, Sorgfalt und Reinlich-
keit. Das Kalb wird bei dieſem Auf-
zuchtverfahren gleich nach dem Ab-
lecken oder beſſer gleich nach der
Geburt von der Kuh entfernt. Im
letzteren Falle iſt der Schleim beſonders
am Maule durch Abreiben mit weichem
Stroh oder Heu zu entfernen. Die
Milch und zwar in der erſten Woche
die Milch von der eigenen Mutter,
beſonders die Coloſtrummilch, wird
dem Kalbe aus einem Kübel gereicht.
Um das Kalb zum Saufen zu ver-
anlaſſen, drückt man den Kopf deſſelben
ſanft gegen die Milch oder hält ihm
einen mit Milch benetzten Finger ent-
gegen. Zu demſelben Zwecke dienen in
die Barrenwand eingeſchobene Tränkvor-
richtungen, Fig. 67, bei welchen durch
Kautſchuk ꝛc. die Zitzen der Kuh nachge-
ahmt werden. Derartige Kautſchukſaug-
düten liefert C. Schwanitz & Co., Berlin.

Nach der erſten Woche kann auch
von anderen Kühen, jedoch ſtets kuh-
warme Milch gereicht werden und zwar
mit großer Genauigkeit immer zur

[Abbildung] Fig. 67.

Saug-Apparat für Kälber.

gleichen Zeit 3mal, noch beſſer, um gieriges Saufen zu vermeiden 4—5mal des Tages.
In der erſten Zeit läßt man das Kalb beliebige Quantitäten aufnehmen, ſpäterhin wird
demſelben ⅕—1/7, im Mittel ⅙ ſeines Lebendgewichtes an Milch zugemeſſen.
Kälber, welche mit Milch gemäſtet werden ſollen, erhalten mehr. Je nach dem Ge-
wichte erhalten demnach die Kälber während der Säugezeit 4—10 Kilogr. Milch oder
3.87—9.7 Liter per Tag, da 1 Liter Milch bei 15°C. 1.032 Kilogr. wägt.

Die Dauer der Säugezeit richtet ſich nach den Zwecken der Aufzucht. Kälber,
welche weder gemäſtet, noch zur weiteren Aufzucht, ſondern zum Verkaufe für die
Schlachtbank beſtimmt werden, ſetzt man ſchon mit 3—4 Wochen ab. Aufzuchtkälber
müſſen wenigſtens 4—5, in guten Wirthſchaften niemals unter 6—8 Wochen geſäugt
werden. Bei Zuchtviehaufzucht reicht man ſelbſt 5—6 Monate und länger Milch-
nahrung, dabei iſt jedoch zu berückſichtigen, daß bei ſo langer Milchfütterung das
Abſetzen ſchwieriger wird, da der Panſen in der Entwickelung zurückbleibt.

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[119/0135] Die Rindviehzucht. weshalb es am beſten iſt das Kalb gleich in den Kälberſtall zu bringen und 3—4mal des Tages zur Kuh zu führen. Das Tränken erfordert vor Allem Pünktlichkeit, Sorgfalt und Reinlich- keit. Das Kalb wird bei dieſem Auf- zuchtverfahren gleich nach dem Ab- lecken oder beſſer gleich nach der Geburt von der Kuh entfernt. Im letzteren Falle iſt der Schleim beſonders am Maule durch Abreiben mit weichem Stroh oder Heu zu entfernen. Die Milch und zwar in der erſten Woche die Milch von der eigenen Mutter, beſonders die Coloſtrummilch, wird dem Kalbe aus einem Kübel gereicht. Um das Kalb zum Saufen zu ver- anlaſſen, drückt man den Kopf deſſelben ſanft gegen die Milch oder hält ihm einen mit Milch benetzten Finger ent- gegen. Zu demſelben Zwecke dienen in die Barrenwand eingeſchobene Tränkvor- richtungen, Fig. 67, bei welchen durch Kautſchuk ꝛc. die Zitzen der Kuh nachge- ahmt werden. Derartige Kautſchukſaug- düten liefert C. Schwanitz & Co., Berlin. Nach der erſten Woche kann auch von anderen Kühen, jedoch ſtets kuh- warme Milch gereicht werden und zwar mit großer Genauigkeit immer zur [Abbildung Fig. 67. Saug-Apparat für Kälber.] gleichen Zeit 3mal, noch beſſer, um gieriges Saufen zu vermeiden 4—5mal des Tages. In der erſten Zeit läßt man das Kalb beliebige Quantitäten aufnehmen, ſpäterhin wird demſelben ⅕—1/7, im Mittel ⅙ ſeines Lebendgewichtes an Milch zugemeſſen. Kälber, welche mit Milch gemäſtet werden ſollen, erhalten mehr. Je nach dem Ge- wichte erhalten demnach die Kälber während der Säugezeit 4—10 Kilogr. Milch oder 3.87—9.7 Liter per Tag, da 1 Liter Milch bei 15°C. 1.032 Kilogr. wägt. Die Dauer der Säugezeit richtet ſich nach den Zwecken der Aufzucht. Kälber, welche weder gemäſtet, noch zur weiteren Aufzucht, ſondern zum Verkaufe für die Schlachtbank beſtimmt werden, ſetzt man ſchon mit 3—4 Wochen ab. Aufzuchtkälber müſſen wenigſtens 4—5, in guten Wirthſchaften niemals unter 6—8 Wochen geſäugt werden. Bei Zuchtviehaufzucht reicht man ſelbſt 5—6 Monate und länger Milch- nahrung, dabei iſt jedoch zu berückſichtigen, daß bei ſo langer Milchfütterung das Abſetzen ſchwieriger wird, da der Panſen in der Entwickelung zurückbleibt.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/135>, abgerufen am 27.11.2024.