Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.Besondere Pflanzenbaulehre. [Abbildung]
Fig. 79. zum Unterschiede von der Baumwolle, welche ein flaches, oftLeinsamen, vergr. 1 Längs- stark gewundenes Band darstellt. Die Länge der dickrandi- gen, gekammerten Bastzellen des Leines wechselt zwischen 6--95 Mm. Sie sind derber gebaut als jene des Hanfes, welche nur 6--22 Mm. lang sind. Die ein- zelnen Bündeln (Faser) sind jedoch bei dem Leine aus einer geringeren Zahl von Bastzellen zusammengesetzt, weshalb die Faser feiner als jene des Hanfes erscheint. Auf die Beschaffenheit der Flachsfaser hat vornehmlich, wie später ausgeführt werden soll, die Düngung einen bestimmenden Einfluß. Die Leinsamen, Fig. 79, sind länglich eiförmig, 1. Die Wachsthumsbedingungen. Der Lein, welcher wahrscheinlich aus dem Orient stammt, zählt zu den ältesten Zu seinem Gedeihen verlangt er feuchte Wärme; Hitze und Dürre, sowie Spät- In feuchten Gegenden liefert der Flachs die feinsten Qualitäten auf sandigen 2. Die Vorfrucht und Vorbereitung. Die beste Vorfrucht für den Lein ist der frisch umgebrochene Rothklee oder Nach dem Leine, welcher das Feld in reinem, frischem Zustande zurückläßt, ge- Beſondere Pflanzenbaulehre. [Abbildung]
Fig. 79. zum Unterſchiede von der Baumwolle, welche ein flaches, oftLeinſamen, vergr. 1 Längs- ſtark gewundenes Band darſtellt. Die Länge der dickrandi- gen, gekammerten Baſtzellen des Leines wechſelt zwiſchen 6—95 Mm. Sie ſind derber gebaut als jene des Hanfes, welche nur 6—22 Mm. lang ſind. Die ein- zelnen Bündeln (Faſer) ſind jedoch bei dem Leine aus einer geringeren Zahl von Baſtzellen zuſammengeſetzt, weshalb die Faſer feiner als jene des Hanfes erſcheint. Auf die Beſchaffenheit der Flachsfaſer hat vornehmlich, wie ſpäter ausgeführt werden ſoll, die Düngung einen beſtimmenden Einfluß. Die Leinſamen, Fig. 79, ſind länglich eiförmig, 1. Die Wachsthumsbedingungen. Der Lein, welcher wahrſcheinlich aus dem Orient ſtammt, zählt zu den älteſten Zu ſeinem Gedeihen verlangt er feuchte Wärme; Hitze und Dürre, ſowie Spät- In feuchten Gegenden liefert der Flachs die feinſten Qualitäten auf ſandigen 2. Die Vorfrucht und Vorbereitung. Die beſte Vorfrucht für den Lein iſt der friſch umgebrochene Rothklee oder Nach dem Leine, welcher das Feld in reinem, friſchem Zuſtande zurückläßt, ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0134" n="120"/><fw place="top" type="header">Beſondere Pflanzenbaulehre.</fw><lb/><figure><head>Fig. 79. </head><p>Leinſamen, vergr. 1 Längs-<lb/> ſchnitt, 2 Querſchnitt — <hi rendition="#aq">a</hi> Samen-<lb/> hülle, <hi rendition="#aq">b</hi> Endoſperm, <hi rendition="#aq">c</hi> Cothledonen,<lb/><hi rendition="#aq">d</hi> Würzelchen des Embryo.</p></figure><lb/> zum Unterſchiede von der Baumwolle, welche ein flaches, oft<lb/> ſtark gewundenes Band darſtellt. Die Länge der dickrandi-<lb/> gen, gekammerten Baſtzellen des Leines wechſelt zwiſchen<lb/> 6—95 Mm. Sie ſind derber gebaut als jene des<lb/> Hanfes, welche nur 6—22 Mm. lang ſind. Die ein-<lb/> zelnen Bündeln (Faſer) ſind jedoch bei dem Leine aus<lb/> einer geringeren Zahl von Baſtzellen zuſammengeſetzt,<lb/> weshalb die Faſer feiner als jene des Hanfes erſcheint.<lb/> Auf die Beſchaffenheit der Flachsfaſer hat vornehmlich,<lb/> wie ſpäter ausgeführt werden ſoll, die Düngung einen<lb/> beſtimmenden Einfluß.</p><lb/> <p>Die Leinſamen, Fig. 79, ſind länglich eiförmig,<lb/> goldbraun, mit einer zarten äußerſten Zellenhülle verſehen,<lb/> welche im Waſſer ſtark anquillt. Der Keim beſitzt zwei<lb/> große, ölreiche (bis 30 %) Cotyledonen, welche von einem<lb/> dünnen Endoſperme umgeben ſind.</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">1. Die Wachsthumsbedingungen.</hi> </head><lb/> <p>Der Lein, welcher wahrſcheinlich aus dem Orient ſtammt, zählt zu den älteſten<lb/> bekannten Culturpflanzen. Gegenwärtig wird er überall gebaut, wo der Boden ge-<lb/> nügende Friſche beſitzt und ein feuchtes Klima vorhanden iſt. Seine Cultur iſt über<lb/> ganz Europa verbreitet. Außerdem wird der Flachs in Aegypten, Algier, Auſtralien,<lb/> Nordamerika, Braſilien ꝛc. gebaut. In Europa liefern die ruſſiſchen Oſtſeeprovinzen,<lb/> Belgien, Irland, Tirol, Schleſien die beſten Flachsqualitäten</p><lb/> <p>Zu ſeinem Gedeihen verlangt er feuchte Wärme; Hitze und Dürre, ſowie Spät-<lb/> fröſte verträgt er nicht. Er gedeiht daher am vorzüglichſten im Gebirge, in Nie-<lb/> derungen an den Meeresküſten, überhaupt in Gegenden, welche ſich durch reichliche<lb/> Thau- und Nebelbildung auszeichnen.</p><lb/> <p>In feuchten Gegenden liefert der Flachs die feinſten Qualitäten auf ſandigen<lb/> Bodenarten, vornehmlich auf nicht zu überreichem, ſandigem Lehmboden, auf humoſem,<lb/> lehmigem Sandboden mit durchlaſſendem Untergrunde und auf trocken gelegtem Teich-<lb/> boden. Am wenigſten zuſagend ſind dem Leine Thonböden und dürrer Sand.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">2. Die Vorfrucht und Vorbereitung.</hi> </head><lb/> <p>Die beſte Vorfrucht für den Lein iſt der friſch umgebrochene Rothklee oder<lb/> irgend eine andere Futterpflanze. Häufig wird er nach einer gedüngten Hackfrucht,<lb/> nach Raps, nach Roggen, gebaut. Nach ſich ſelbſt gedeiht er nicht, weshalb er nur alle<lb/> 6—9 Jahre auf daſſelbe Feld wiederkehren ſoll. Welche Urſache dieſer Erſcheinung,<lb/> der Leinmüdigkeit, zu Grunde liegt, iſt zur Zeit nicht genügend bekannt. Durch die<lb/> Erſchöpfung des Bodens kann ſie nicht allein herbeigeführt werden, nachdem ſonſt<lb/> eine entſprechende Düngung die Wiederkehr des Leines auf daſſelbe Feld möglich<lb/> machen würde, was jedoch nicht zutrifft.</p><lb/> <p>Nach dem Leine, welcher das Feld in reinem, friſchem Zuſtande zurückläßt, ge-<lb/> deiht jede Pflanze gut. Gewöhnlich iſt der Flachs die Vorfrucht für Winterung,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [120/0134]
Beſondere Pflanzenbaulehre.
[Abbildung Fig. 79. Leinſamen, vergr. 1 Längs-
ſchnitt, 2 Querſchnitt — a Samen-
hülle, b Endoſperm, c Cothledonen,
d Würzelchen des Embryo.]
zum Unterſchiede von der Baumwolle, welche ein flaches, oft
ſtark gewundenes Band darſtellt. Die Länge der dickrandi-
gen, gekammerten Baſtzellen des Leines wechſelt zwiſchen
6—95 Mm. Sie ſind derber gebaut als jene des
Hanfes, welche nur 6—22 Mm. lang ſind. Die ein-
zelnen Bündeln (Faſer) ſind jedoch bei dem Leine aus
einer geringeren Zahl von Baſtzellen zuſammengeſetzt,
weshalb die Faſer feiner als jene des Hanfes erſcheint.
Auf die Beſchaffenheit der Flachsfaſer hat vornehmlich,
wie ſpäter ausgeführt werden ſoll, die Düngung einen
beſtimmenden Einfluß.
Die Leinſamen, Fig. 79, ſind länglich eiförmig,
goldbraun, mit einer zarten äußerſten Zellenhülle verſehen,
welche im Waſſer ſtark anquillt. Der Keim beſitzt zwei
große, ölreiche (bis 30 %) Cotyledonen, welche von einem
dünnen Endoſperme umgeben ſind.
1. Die Wachsthumsbedingungen.
Der Lein, welcher wahrſcheinlich aus dem Orient ſtammt, zählt zu den älteſten
bekannten Culturpflanzen. Gegenwärtig wird er überall gebaut, wo der Boden ge-
nügende Friſche beſitzt und ein feuchtes Klima vorhanden iſt. Seine Cultur iſt über
ganz Europa verbreitet. Außerdem wird der Flachs in Aegypten, Algier, Auſtralien,
Nordamerika, Braſilien ꝛc. gebaut. In Europa liefern die ruſſiſchen Oſtſeeprovinzen,
Belgien, Irland, Tirol, Schleſien die beſten Flachsqualitäten
Zu ſeinem Gedeihen verlangt er feuchte Wärme; Hitze und Dürre, ſowie Spät-
fröſte verträgt er nicht. Er gedeiht daher am vorzüglichſten im Gebirge, in Nie-
derungen an den Meeresküſten, überhaupt in Gegenden, welche ſich durch reichliche
Thau- und Nebelbildung auszeichnen.
In feuchten Gegenden liefert der Flachs die feinſten Qualitäten auf ſandigen
Bodenarten, vornehmlich auf nicht zu überreichem, ſandigem Lehmboden, auf humoſem,
lehmigem Sandboden mit durchlaſſendem Untergrunde und auf trocken gelegtem Teich-
boden. Am wenigſten zuſagend ſind dem Leine Thonböden und dürrer Sand.
2. Die Vorfrucht und Vorbereitung.
Die beſte Vorfrucht für den Lein iſt der friſch umgebrochene Rothklee oder
irgend eine andere Futterpflanze. Häufig wird er nach einer gedüngten Hackfrucht,
nach Raps, nach Roggen, gebaut. Nach ſich ſelbſt gedeiht er nicht, weshalb er nur alle
6—9 Jahre auf daſſelbe Feld wiederkehren ſoll. Welche Urſache dieſer Erſcheinung,
der Leinmüdigkeit, zu Grunde liegt, iſt zur Zeit nicht genügend bekannt. Durch die
Erſchöpfung des Bodens kann ſie nicht allein herbeigeführt werden, nachdem ſonſt
eine entſprechende Düngung die Wiederkehr des Leines auf daſſelbe Feld möglich
machen würde, was jedoch nicht zutrifft.
Nach dem Leine, welcher das Feld in reinem, friſchem Zuſtande zurückläßt, ge-
deiht jede Pflanze gut. Gewöhnlich iſt der Flachs die Vorfrucht für Winterung,
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