Nowacki 1) ließ einen Theil der Körner bis Anfang September mit den Spelzen und Halmen in Verbindung und untersuchte die nunmehr nachgereiften, lufttrocknen Körner bei der Aufbewahrung in einem luftigen, trocknen Zimmer. Das Resultat giebt nachstehende Tabelle:
[Tabelle]
Auf das Nachreifen der abgeschnittenen Früchte wird man sich besonders dann verlassen, wenn man es mit Früchten zu thun hat, bei welchen durch ein Hinaus- schieben des Erntezeitpunktes die Gefahr stetig zunimmt, daß die Körner immer leichter, je weiter ihre Reife fortschreitet, aus dem Stroh ausfallen können. Allzu sehr sich auf das Nachreifen zu verlassen und das Getreide mit Rücksicht auf dasselbe schon in der Milchreife zu schneiden, wäre aber ebenso fehlerhaft als wie ein zu weites Hinausschieben der Ernte. Im ersteren Falle würde zwar die Keimfähigkeit der Körner nicht beeinträchtigt, aber der höchste Ertrag noch nicht eingetreten sein; im letzteren Falle würde ein großer Verlust durch Körnerausfall kaum zu ver- meiden sein.
Pflanzen, deren Samen sehr leicht ausfallen, wie z. B. die Hülsenfrüchte, der Raps, die Hirsenarten etc. müssen daher geerntet werden, sobald die ersten Pflanzen am Felde reif geworden sind. Noch schwieriger wird die Feststellung des richtigen Erntezeitpunktes bei zweiwüchsigen Pflanzen oder bei Gewächsen, welche wie der Hafer, die Samenkleearten ungleich reifen. In diesen Fällen wird dann zu ernten sein, wenn erwartet werden kann, daß die größte Zahl der Pflanzen reif geworden sei.
Nächst der Beschaffenheit der abzuerntenden Früchte hat jedoch auch noch die Witterung und die verfügbare Arbeitskraft auf die Wahl des Erntezeitpunktes einen maßgebenden Einfluß. Bei günstiger Witterung und ungenügender Arbeitskraft beginne man, je ausgedehnter die abzubringenden Flächen sind, eher etwas früher, als es der Reifezustand der Früchte erfordern würde, um wenigstens die Hauptmasse der Früchte zur richtigsten Zeit hereinzubringen. Fällt dagegen ungünstige, namentlich kühle und feuchte Witterung ein, so bleibt es räthlicher die Ernte etwas zu ver- schieben, in der Erwartung, daß die Früchte am Halme am sichersten gegen die Unbilden der Witterung geschützt bleiben.
Von den verschiedenen Culturpflanzen erfolgt die gleichzeitige Aberntung der Frucht mit dem Stroh, besonders bei Getreide, Hülsenfrüchten und Oelgewächsen, ebenso bei Klee- und Grassämereien.
1) a. a. O. S. 43.
Allgemeine Ackerbaulehre.
Nowacki 1) ließ einen Theil der Körner bis Anfang September mit den Spelzen und Halmen in Verbindung und unterſuchte die nunmehr nachgereiften, lufttrocknen Körner bei der Aufbewahrung in einem luftigen, trocknen Zimmer. Das Reſultat giebt nachſtehende Tabelle:
[Tabelle]
Auf das Nachreifen der abgeſchnittenen Früchte wird man ſich beſonders dann verlaſſen, wenn man es mit Früchten zu thun hat, bei welchen durch ein Hinaus- ſchieben des Erntezeitpunktes die Gefahr ſtetig zunimmt, daß die Körner immer leichter, je weiter ihre Reife fortſchreitet, aus dem Stroh ausfallen können. Allzu ſehr ſich auf das Nachreifen zu verlaſſen und das Getreide mit Rückſicht auf daſſelbe ſchon in der Milchreife zu ſchneiden, wäre aber ebenſo fehlerhaft als wie ein zu weites Hinausſchieben der Ernte. Im erſteren Falle würde zwar die Keimfähigkeit der Körner nicht beeinträchtigt, aber der höchſte Ertrag noch nicht eingetreten ſein; im letzteren Falle würde ein großer Verluſt durch Körnerausfall kaum zu ver- meiden ſein.
Pflanzen, deren Samen ſehr leicht ausfallen, wie z. B. die Hülſenfrüchte, der Raps, die Hirſenarten ꝛc. müſſen daher geerntet werden, ſobald die erſten Pflanzen am Felde reif geworden ſind. Noch ſchwieriger wird die Feſtſtellung des richtigen Erntezeitpunktes bei zweiwüchſigen Pflanzen oder bei Gewächſen, welche wie der Hafer, die Samenkleearten ungleich reifen. In dieſen Fällen wird dann zu ernten ſein, wenn erwartet werden kann, daß die größte Zahl der Pflanzen reif geworden ſei.
Nächſt der Beſchaffenheit der abzuerntenden Früchte hat jedoch auch noch die Witterung und die verfügbare Arbeitskraft auf die Wahl des Erntezeitpunktes einen maßgebenden Einfluß. Bei günſtiger Witterung und ungenügender Arbeitskraft beginne man, je ausgedehnter die abzubringenden Flächen ſind, eher etwas früher, als es der Reifezuſtand der Früchte erfordern würde, um wenigſtens die Hauptmaſſe der Früchte zur richtigſten Zeit hereinzubringen. Fällt dagegen ungünſtige, namentlich kühle und feuchte Witterung ein, ſo bleibt es räthlicher die Ernte etwas zu ver- ſchieben, in der Erwartung, daß die Früchte am Halme am ſicherſten gegen die Unbilden der Witterung geſchützt bleiben.
Von den verſchiedenen Culturpflanzen erfolgt die gleichzeitige Aberntung der Frucht mit dem Stroh, beſonders bei Getreide, Hülſenfrüchten und Oelgewächſen, ebenſo bei Klee- und Grasſämereien.
1) a. a. O. S. 43.
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Allgemeine Ackerbaulehre.
Nowacki 1) ließ einen Theil der Körner bis Anfang September mit den Spelzen und
Halmen in Verbindung und unterſuchte die nunmehr nachgereiften, lufttrocknen Körner
bei der Aufbewahrung in einem luftigen, trocknen Zimmer. Das Reſultat giebt nachſtehende
Tabelle:
Auf das Nachreifen der abgeſchnittenen Früchte wird man ſich beſonders dann
verlaſſen, wenn man es mit Früchten zu thun hat, bei welchen durch ein Hinaus-
ſchieben des Erntezeitpunktes die Gefahr ſtetig zunimmt, daß die Körner immer
leichter, je weiter ihre Reife fortſchreitet, aus dem Stroh ausfallen können. Allzu
ſehr ſich auf das Nachreifen zu verlaſſen und das Getreide mit Rückſicht auf daſſelbe
ſchon in der Milchreife zu ſchneiden, wäre aber ebenſo fehlerhaft als wie ein zu
weites Hinausſchieben der Ernte. Im erſteren Falle würde zwar die Keimfähigkeit
der Körner nicht beeinträchtigt, aber der höchſte Ertrag noch nicht eingetreten ſein;
im letzteren Falle würde ein großer Verluſt durch Körnerausfall kaum zu ver-
meiden ſein.
Pflanzen, deren Samen ſehr leicht ausfallen, wie z. B. die Hülſenfrüchte, der
Raps, die Hirſenarten ꝛc. müſſen daher geerntet werden, ſobald die erſten Pflanzen
am Felde reif geworden ſind. Noch ſchwieriger wird die Feſtſtellung des richtigen
Erntezeitpunktes bei zweiwüchſigen Pflanzen oder bei Gewächſen, welche wie der Hafer,
die Samenkleearten ungleich reifen. In dieſen Fällen wird dann zu ernten ſein,
wenn erwartet werden kann, daß die größte Zahl der Pflanzen reif geworden ſei.
Nächſt der Beſchaffenheit der abzuerntenden Früchte hat jedoch auch noch die
Witterung und die verfügbare Arbeitskraft auf die Wahl des Erntezeitpunktes einen
maßgebenden Einfluß. Bei günſtiger Witterung und ungenügender Arbeitskraft
beginne man, je ausgedehnter die abzubringenden Flächen ſind, eher etwas früher,
als es der Reifezuſtand der Früchte erfordern würde, um wenigſtens die Hauptmaſſe
der Früchte zur richtigſten Zeit hereinzubringen. Fällt dagegen ungünſtige, namentlich
kühle und feuchte Witterung ein, ſo bleibt es räthlicher die Ernte etwas zu ver-
ſchieben, in der Erwartung, daß die Früchte am Halme am ſicherſten gegen die
Unbilden der Witterung geſchützt bleiben.
Von den verſchiedenen Culturpflanzen erfolgt die gleichzeitige Aberntung der
Frucht mit dem Stroh, beſonders bei Getreide, Hülſenfrüchten und Oelgewächſen,
ebenſo bei Klee- und Grasſämereien.
1) a. a. O. S. 43.
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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/282>, abgerufen am 16.02.2025.
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