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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Die Pflege.
die Saat verfaulen kann. Schließlich schadet der Schnee beim Aufthauen durch
Abschwemmen des fruchtbaren Bodens. Zur Verhütung dieses Schadens und zur
Verhinderung von Thauwasseransammlungen auf dem Felde, welche zum sog. Aus-
tränken
der Pflanzen Veranlassung geben können, hat man zweckmäßig geführte
Wasserfurchen und sonstige Abzüge herzustellen und sorgfältig in dienstfähigem Stande
zu erhalten.

Wie sehr eine mittlere Schneedecke von 15--18 Cm. das wirksamste Schutzmittel gegen
das Eindringen des Frostes in den Boden, gegen Wärmeschwankungen im Boden und
gegen das Erfrieren vieler Culturgewächse ist, zeigen die Beobachtungen Ebermayers 1) in
Aschaffenburg:

[Tabelle]

Gegen Ausgang des Winters verursachen Spätfröste den meisten Schaden, so-
wie gegen Ausgang des Herbstes Frühfröste. Gegen die schädliche Einwirkung der-
selben schützt das Bedecken oder Anhäufeln der Pflanzen mit Erde. In Hopfengärten
legt man aus diesem Grunde über die Hopfenpflanzen mit dem Pfluge einen Furchen-
streifen, welcher im Frühjahre wieder entfernt wird, sobald die Frostgefahr vorüber
ist. Rübenwurzeln, welche im Frühjahre zur Samenzucht ausgesetzt werden, erhalten
gleichfalls zum Schutze gegen Frost ein kleines Erdhäufchen. Reicht die Erde
zum Bedecken der Pflanzen nicht aus, so verwendet man auch Stroh oder strohigen
Dünger. Wiesen, auf welchen die Vegetation der Graspflanzen im Frühjahre bereits
erwacht ist, schützt man durch Ueberleiten von nicht zu kaltem Wasser vor der Frost-
einwirkung. In Weinbergen sucht man frühmorgens, vor Sonnenaufgang, durch
Erzeugung von Rauchwolken die lebhafte Wärmeausstrahlung zu vermeiden. Treten
die Fröste frühzeitig im Herbste ein, so können diese selbst die Ernte behindern.
Beispielsweise kann es vorkommen, daß spätreifende Maissorten vor der Ernte von
Frühfrösten überrascht werden, daß die Zuckerrüben bei Mangel an Arbeitern ein-
frieren und von Schnee bedeckt werden, bevor ihr Herausnehmen aus dem Boden
beendet ist.

Nasse Witterung behindert nicht nur die rechtzeitige Ausführung der meisten
landwirthschaftlichen Arbeiten, sondern bringt auch unmittelbar durch Beförderung
eines zu üppigen Wachsthumes, welches das Lagern der Culturpflanzen und das
Verfaulen der saftigen grünen Pflanzentheile begünstigt, empfindlichen Schaden.
Tritt anhaltend feuchte Witterung während des Blühens der Pflanzen ein, so wird
die Befruchtung durch Zerplatzen oder Fortschwemmen der Pollenkörner gestört und
dadurch die Samenbildung gehindert. Am empfindlichsten schadet zu nasse Witterung

1) Die physikalischen Einwirkungen des Waldes auf Luft und Boden. I. Bd. Aschaffen-
burg 1873.

Die Pflege.
die Saat verfaulen kann. Schließlich ſchadet der Schnee beim Aufthauen durch
Abſchwemmen des fruchtbaren Bodens. Zur Verhütung dieſes Schadens und zur
Verhinderung von Thauwaſſeranſammlungen auf dem Felde, welche zum ſog. Aus-
tränken
der Pflanzen Veranlaſſung geben können, hat man zweckmäßig geführte
Waſſerfurchen und ſonſtige Abzüge herzuſtellen und ſorgfältig in dienſtfähigem Stande
zu erhalten.

Wie ſehr eine mittlere Schneedecke von 15—18 Cm. das wirkſamſte Schutzmittel gegen
das Eindringen des Froſtes in den Boden, gegen Wärmeſchwankungen im Boden und
gegen das Erfrieren vieler Culturgewächſe iſt, zeigen die Beobachtungen Ebermayers 1) in
Aſchaffenburg:

[Tabelle]

Gegen Ausgang des Winters verurſachen Spätfröſte den meiſten Schaden, ſo-
wie gegen Ausgang des Herbſtes Frühfröſte. Gegen die ſchädliche Einwirkung der-
ſelben ſchützt das Bedecken oder Anhäufeln der Pflanzen mit Erde. In Hopfengärten
legt man aus dieſem Grunde über die Hopfenpflanzen mit dem Pfluge einen Furchen-
ſtreifen, welcher im Frühjahre wieder entfernt wird, ſobald die Froſtgefahr vorüber
iſt. Rübenwurzeln, welche im Frühjahre zur Samenzucht ausgeſetzt werden, erhalten
gleichfalls zum Schutze gegen Froſt ein kleines Erdhäufchen. Reicht die Erde
zum Bedecken der Pflanzen nicht aus, ſo verwendet man auch Stroh oder ſtrohigen
Dünger. Wieſen, auf welchen die Vegetation der Graspflanzen im Frühjahre bereits
erwacht iſt, ſchützt man durch Ueberleiten von nicht zu kaltem Waſſer vor der Froſt-
einwirkung. In Weinbergen ſucht man frühmorgens, vor Sonnenaufgang, durch
Erzeugung von Rauchwolken die lebhafte Wärmeausſtrahlung zu vermeiden. Treten
die Fröſte frühzeitig im Herbſte ein, ſo können dieſe ſelbſt die Ernte behindern.
Beiſpielsweiſe kann es vorkommen, daß ſpätreifende Maisſorten vor der Ernte von
Frühfröſten überraſcht werden, daß die Zuckerrüben bei Mangel an Arbeitern ein-
frieren und von Schnee bedeckt werden, bevor ihr Herausnehmen aus dem Boden
beendet iſt.

Naſſe Witterung behindert nicht nur die rechtzeitige Ausführung der meiſten
landwirthſchaftlichen Arbeiten, ſondern bringt auch unmittelbar durch Beförderung
eines zu üppigen Wachsthumes, welches das Lagern der Culturpflanzen und das
Verfaulen der ſaftigen grünen Pflanzentheile begünſtigt, empfindlichen Schaden.
Tritt anhaltend feuchte Witterung während des Blühens der Pflanzen ein, ſo wird
die Befruchtung durch Zerplatzen oder Fortſchwemmen der Pollenkörner geſtört und
dadurch die Samenbildung gehindert. Am empfindlichſten ſchadet zu naſſe Witterung

1) Die phyſikaliſchen Einwirkungen des Waldes auf Luft und Boden. I. Bd. Aſchaffen-
burg 1873.
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[231/0249] Die Pflege. die Saat verfaulen kann. Schließlich ſchadet der Schnee beim Aufthauen durch Abſchwemmen des fruchtbaren Bodens. Zur Verhütung dieſes Schadens und zur Verhinderung von Thauwaſſeranſammlungen auf dem Felde, welche zum ſog. Aus- tränken der Pflanzen Veranlaſſung geben können, hat man zweckmäßig geführte Waſſerfurchen und ſonſtige Abzüge herzuſtellen und ſorgfältig in dienſtfähigem Stande zu erhalten. Wie ſehr eine mittlere Schneedecke von 15—18 Cm. das wirkſamſte Schutzmittel gegen das Eindringen des Froſtes in den Boden, gegen Wärmeſchwankungen im Boden und gegen das Erfrieren vieler Culturgewächſe iſt, zeigen die Beobachtungen Ebermayers 1) in Aſchaffenburg: Gegen Ausgang des Winters verurſachen Spätfröſte den meiſten Schaden, ſo- wie gegen Ausgang des Herbſtes Frühfröſte. Gegen die ſchädliche Einwirkung der- ſelben ſchützt das Bedecken oder Anhäufeln der Pflanzen mit Erde. In Hopfengärten legt man aus dieſem Grunde über die Hopfenpflanzen mit dem Pfluge einen Furchen- ſtreifen, welcher im Frühjahre wieder entfernt wird, ſobald die Froſtgefahr vorüber iſt. Rübenwurzeln, welche im Frühjahre zur Samenzucht ausgeſetzt werden, erhalten gleichfalls zum Schutze gegen Froſt ein kleines Erdhäufchen. Reicht die Erde zum Bedecken der Pflanzen nicht aus, ſo verwendet man auch Stroh oder ſtrohigen Dünger. Wieſen, auf welchen die Vegetation der Graspflanzen im Frühjahre bereits erwacht iſt, ſchützt man durch Ueberleiten von nicht zu kaltem Waſſer vor der Froſt- einwirkung. In Weinbergen ſucht man frühmorgens, vor Sonnenaufgang, durch Erzeugung von Rauchwolken die lebhafte Wärmeausſtrahlung zu vermeiden. Treten die Fröſte frühzeitig im Herbſte ein, ſo können dieſe ſelbſt die Ernte behindern. Beiſpielsweiſe kann es vorkommen, daß ſpätreifende Maisſorten vor der Ernte von Frühfröſten überraſcht werden, daß die Zuckerrüben bei Mangel an Arbeitern ein- frieren und von Schnee bedeckt werden, bevor ihr Herausnehmen aus dem Boden beendet iſt. Naſſe Witterung behindert nicht nur die rechtzeitige Ausführung der meiſten landwirthſchaftlichen Arbeiten, ſondern bringt auch unmittelbar durch Beförderung eines zu üppigen Wachsthumes, welches das Lagern der Culturpflanzen und das Verfaulen der ſaftigen grünen Pflanzentheile begünſtigt, empfindlichen Schaden. Tritt anhaltend feuchte Witterung während des Blühens der Pflanzen ein, ſo wird die Befruchtung durch Zerplatzen oder Fortſchwemmen der Pollenkörner geſtört und dadurch die Samenbildung gehindert. Am empfindlichſten ſchadet zu naſſe Witterung 1) Die phyſikaliſchen Einwirkungen des Waldes auf Luft und Boden. I. Bd. Aſchaffen- burg 1873.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/249>, abgerufen am 22.11.2024.