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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Die Düngung.

Fehlt es im Herbste vor der Saat an Zeit oder der nöthigen Mistmenge, so
können noch nachträglich dem Boden im Frühjahre durch das Ausbreiten von Stall-
mist auf die jungen Pflanzen, durch die sogenannte Kopfdüngung, Pflanzennähr-
stoffe zugeführt werden. Die Wirkung des Ueberdüngens ist jedoch nur eine vorüber-
gehende, weshalb die Kopfdüngung nur zur Aufhülfe schlecht über den Winter ge-
kommener Saaten oder zur Düngung von Wiesen und mehrjährigen Kleeschlägen
verwendet werden soll.

Ein im westlichen Deutschland und in England übliches Düngungsverfahren ist
das Pferchen oder Horden, bei welchem das Weidevieh, meistens Schafe, durch
transportable Zäune oder Netze über Nacht zusammengehalten wird, um das ein-
gezäunte Feldstück unmittelbar zu bedüngen. Ist das Feldstück durch ein oder zwei
Nächte je nach der beabsichtigten Größe der Düngung gepfercht, so wird streifenweise
ein neues Feldstück mit den Schafen betrieben. Durch diese Düngungsweise wird
nicht nur die ganze Düngerbehandlung, sondern auch die Ausfuhr und das Aus-
breiten am Felde erspart, gegenüber welcher Kostenersparung die Abnutzung der
Zäune nicht in Betracht kommt. Es läßt sich jedoch nur in milden klimatischen
Verhältnissen oder mit abgehärteten Schafen ausführen. Die Stärke und Wirkung
der Pferchdüngung richtet sich nach der Anzahl und Ernährung der Schafe und nach
der Dauer der Pferchdüngung. Als gute Pferchdüngung wird angenommen, wenn
12,000 Schafe per Hectar in je 24 Stunden 12--14 Stunden im Pferche ver-
weilen, als schwache, wenn auf 1 Hectar nur 9000 Schafe kommen. In ersterem
Falle wird die von einem Schafe abfallende Düngermenge auf 0.84 #M., in
letzterem auf 1.11 #M. vertheilt. --

Die Wirkung des in den Boden gebrachten Stallmistes ist eine zweifache, indem
derselbe sowohl den Boden mit Pflanzennährstoffen in assimilirbarem Zustande ver-
sieht, als auch die physikalischen Eigenschaften des Bodens verbessert. Nachdem der
Stallmist aus den in der Wirthschaft selbst gebauten Futterstoffen hervorgeht, so
reicht derselbe allein nicht aus, um alle aus der Wirthschaft entnommenen Nährstoffe
zu ersetzen, wenn nicht durch eine Wiesenzulage oder durch Futter- und Düngerzukauf
Ersatz für die in den Verkaufsfrüchten enthaltenen Mineralstoffe geboten wird. Von
den zur Verwendung gelangenden Düngermitteln ist er jedoch neben den menschlichen
Excrementen allein im Stande, dem Boden alle Nährstoffe, wenn auch nicht in dem-
selben Verhältnisse, wie sie dem Boden entnommen werden, so doch in ausreichender
Menge und in assimilirbarem Zustande zu geben.

Vergleicht man den frischen mit dem verrotteten Mist, so ergiebt sich, daß in
letzterem sich die Nährstoffe in aufnahmsfähigerem Zustande befinden. Dabei ist aber
zu beachten, daß der, aus einer gewissen Menge frischen Stallmistes entstehende
verrottete Mist durch Verluste bei der Aufbewahrung nährstoffärmer wurde,
wenn auch bei gleichen Mengen der verrottete Mist einen höheren Gehalt an
Pflanzennährstoffen aufzuweisen hat. In dem verrotteten Mist ist besonders eine
Verringerung der organischen Substanz (S. 170) eingetreten, in Folge dessen die
physikalische Wirkung des Stallmistes in diesem Zustande abgemindert ist. Durch

Die Düngung.

Fehlt es im Herbſte vor der Saat an Zeit oder der nöthigen Miſtmenge, ſo
können noch nachträglich dem Boden im Frühjahre durch das Ausbreiten von Stall-
miſt auf die jungen Pflanzen, durch die ſogenannte Kopfdüngung, Pflanzennähr-
ſtoffe zugeführt werden. Die Wirkung des Ueberdüngens iſt jedoch nur eine vorüber-
gehende, weshalb die Kopfdüngung nur zur Aufhülfe ſchlecht über den Winter ge-
kommener Saaten oder zur Düngung von Wieſen und mehrjährigen Kleeſchlägen
verwendet werden ſoll.

Ein im weſtlichen Deutſchland und in England übliches Düngungsverfahren iſt
das Pferchen oder Horden, bei welchem das Weidevieh, meiſtens Schafe, durch
transportable Zäune oder Netze über Nacht zuſammengehalten wird, um das ein-
gezäunte Feldſtück unmittelbar zu bedüngen. Iſt das Feldſtück durch ein oder zwei
Nächte je nach der beabſichtigten Größe der Düngung gepfercht, ſo wird ſtreifenweiſe
ein neues Feldſtück mit den Schafen betrieben. Durch dieſe Düngungsweiſe wird
nicht nur die ganze Düngerbehandlung, ſondern auch die Ausfuhr und das Aus-
breiten am Felde erſpart, gegenüber welcher Koſtenerſparung die Abnutzung der
Zäune nicht in Betracht kommt. Es läßt ſich jedoch nur in milden klimatiſchen
Verhältniſſen oder mit abgehärteten Schafen ausführen. Die Stärke und Wirkung
der Pferchdüngung richtet ſich nach der Anzahl und Ernährung der Schafe und nach
der Dauer der Pferchdüngung. Als gute Pferchdüngung wird angenommen, wenn
12,000 Schafe per Hectar in je 24 Stunden 12—14 Stunden im Pferche ver-
weilen, als ſchwache, wenn auf 1 Hectar nur 9000 Schafe kommen. In erſterem
Falle wird die von einem Schafe abfallende Düngermenge auf 0.84 □M., in
letzterem auf 1.11 □M. vertheilt. —

Die Wirkung des in den Boden gebrachten Stallmiſtes iſt eine zweifache, indem
derſelbe ſowohl den Boden mit Pflanzennährſtoffen in aſſimilirbarem Zuſtande ver-
ſieht, als auch die phyſikaliſchen Eigenſchaften des Bodens verbeſſert. Nachdem der
Stallmiſt aus den in der Wirthſchaft ſelbſt gebauten Futterſtoffen hervorgeht, ſo
reicht derſelbe allein nicht aus, um alle aus der Wirthſchaft entnommenen Nährſtoffe
zu erſetzen, wenn nicht durch eine Wieſenzulage oder durch Futter- und Düngerzukauf
Erſatz für die in den Verkaufsfrüchten enthaltenen Mineralſtoffe geboten wird. Von
den zur Verwendung gelangenden Düngermitteln iſt er jedoch neben den menſchlichen
Excrementen allein im Stande, dem Boden alle Nährſtoffe, wenn auch nicht in dem-
ſelben Verhältniſſe, wie ſie dem Boden entnommen werden, ſo doch in ausreichender
Menge und in aſſimilirbarem Zuſtande zu geben.

Vergleicht man den friſchen mit dem verrotteten Miſt, ſo ergiebt ſich, daß in
letzterem ſich die Nährſtoffe in aufnahmsfähigerem Zuſtande befinden. Dabei iſt aber
zu beachten, daß der, aus einer gewiſſen Menge friſchen Stallmiſtes entſtehende
verrottete Miſt durch Verluſte bei der Aufbewahrung nährſtoffärmer wurde,
wenn auch bei gleichen Mengen der verrottete Miſt einen höheren Gehalt an
Pflanzennährſtoffen aufzuweiſen hat. In dem verrotteten Miſt iſt beſonders eine
Verringerung der organiſchen Subſtanz (S. 170) eingetreten, in Folge deſſen die
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[175/0193] Die Düngung. Fehlt es im Herbſte vor der Saat an Zeit oder der nöthigen Miſtmenge, ſo können noch nachträglich dem Boden im Frühjahre durch das Ausbreiten von Stall- miſt auf die jungen Pflanzen, durch die ſogenannte Kopfdüngung, Pflanzennähr- ſtoffe zugeführt werden. Die Wirkung des Ueberdüngens iſt jedoch nur eine vorüber- gehende, weshalb die Kopfdüngung nur zur Aufhülfe ſchlecht über den Winter ge- kommener Saaten oder zur Düngung von Wieſen und mehrjährigen Kleeſchlägen verwendet werden ſoll. Ein im weſtlichen Deutſchland und in England übliches Düngungsverfahren iſt das Pferchen oder Horden, bei welchem das Weidevieh, meiſtens Schafe, durch transportable Zäune oder Netze über Nacht zuſammengehalten wird, um das ein- gezäunte Feldſtück unmittelbar zu bedüngen. Iſt das Feldſtück durch ein oder zwei Nächte je nach der beabſichtigten Größe der Düngung gepfercht, ſo wird ſtreifenweiſe ein neues Feldſtück mit den Schafen betrieben. Durch dieſe Düngungsweiſe wird nicht nur die ganze Düngerbehandlung, ſondern auch die Ausfuhr und das Aus- breiten am Felde erſpart, gegenüber welcher Koſtenerſparung die Abnutzung der Zäune nicht in Betracht kommt. Es läßt ſich jedoch nur in milden klimatiſchen Verhältniſſen oder mit abgehärteten Schafen ausführen. Die Stärke und Wirkung der Pferchdüngung richtet ſich nach der Anzahl und Ernährung der Schafe und nach der Dauer der Pferchdüngung. Als gute Pferchdüngung wird angenommen, wenn 12,000 Schafe per Hectar in je 24 Stunden 12—14 Stunden im Pferche ver- weilen, als ſchwache, wenn auf 1 Hectar nur 9000 Schafe kommen. In erſterem Falle wird die von einem Schafe abfallende Düngermenge auf 0.84 □M., in letzterem auf 1.11 □M. vertheilt. — Die Wirkung des in den Boden gebrachten Stallmiſtes iſt eine zweifache, indem derſelbe ſowohl den Boden mit Pflanzennährſtoffen in aſſimilirbarem Zuſtande ver- ſieht, als auch die phyſikaliſchen Eigenſchaften des Bodens verbeſſert. Nachdem der Stallmiſt aus den in der Wirthſchaft ſelbſt gebauten Futterſtoffen hervorgeht, ſo reicht derſelbe allein nicht aus, um alle aus der Wirthſchaft entnommenen Nährſtoffe zu erſetzen, wenn nicht durch eine Wieſenzulage oder durch Futter- und Düngerzukauf Erſatz für die in den Verkaufsfrüchten enthaltenen Mineralſtoffe geboten wird. Von den zur Verwendung gelangenden Düngermitteln iſt er jedoch neben den menſchlichen Excrementen allein im Stande, dem Boden alle Nährſtoffe, wenn auch nicht in dem- ſelben Verhältniſſe, wie ſie dem Boden entnommen werden, ſo doch in ausreichender Menge und in aſſimilirbarem Zuſtande zu geben. Vergleicht man den friſchen mit dem verrotteten Miſt, ſo ergiebt ſich, daß in letzterem ſich die Nährſtoffe in aufnahmsfähigerem Zuſtande befinden. Dabei iſt aber zu beachten, daß der, aus einer gewiſſen Menge friſchen Stallmiſtes entſtehende verrottete Miſt durch Verluſte bei der Aufbewahrung nährſtoffärmer wurde, wenn auch bei gleichen Mengen der verrottete Miſt einen höheren Gehalt an Pflanzennährſtoffen aufzuweiſen hat. In dem verrotteten Miſt iſt beſonders eine Verringerung der organiſchen Subſtanz (S. 170) eingetreten, in Folge deſſen die phyſikaliſche Wirkung des Stallmiſtes in dieſem Zuſtande abgemindert iſt. Durch

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/193>, abgerufen am 21.11.2024.