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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Die Bodenbearbeitung.
der Scharspitze (zu sehr in den Boden oder gegen das Land) wegen des Vorder-
gestelles nicht so leicht bemerkbar als bei den Schwingpflügen. Zur Vermeidung eines
unnöthigen Kraftverbrauches empfiehlt es sich daher erstere als Schwingpflüge zu
versuchen und dann erst, nachdem die Scharspitze etwas nach abwärts gerichtet wurde,
mit dem Vorderwagen zu versehen.

4. Die Pflugformen.

Die überwiegendste Zahl der Pflugformen, die ortsüblichen Pflüge, verdanken
ihre Entstehung der allmäligen Anpassung an die gegebenen Bodenverhältnisse, welche
je nach der Culturstufe in verschieden vollkommener Weise erreicht wird. Neben
diesen Landpflügen entstanden zahlreiche, verbesserte Pflugformen, bei welchen jedoch die
nach mathematischen Grundfätzen construirten Pflüge die Minderzahl bilden. Von
letzteren nennen wir J. Bailey's Pflug (Newcastle 1795), Strecker's Pflug (Wien
um 1850) und Kleyle's Pflug (Wien 1851).

Unter den verbesserten Pflügen treten besonders zwei Entwickelungsreihen durch
die weite Verbreitung hervor, welche die diesen Reihen angehörenden Pflüge er-
langt haben.

Der ersten, formenreichsten Entwickelungsreihe diente als Ausgangspunkt der Bra-
banter Landpflug. Von diesem Stammvater zweigen sich zwei Linien ab, die wir
als die englische und deutsche bezeichnen wollen. Ersterer gehört wahrscheinlich der
Rotherham Pflug an, welcher der Vater aller neueren englischen Pflüge, wie der
Pflüge von Busby, Ball, Ransome, Hornsby, Finlayson und Howard, Fig. 44, ist.

[Abbildung] Fig. 44.

J. & F. Howard's Champion Pflug mit Schälschar. -- Pflug LB für zwei Pferde, Gewicht
115 Kilogr., Preis 110 Mark, 55 fl.

Der Rotherham Pflug steht in Beziehung zu dem Small'schen, schottischen und
Bailey Pflug, welcher letzterer wieder als Stammvater für viele amerikanische Pflüge
(Fig. 38, S. 106) anzusehen ist. Die amerikanischen Pflüge haben gegenüber den
englischen ein kürzeres Streichbrett und statt des eisernen einen hölzernen Grindel.

Die zweite, die deutsche Linie nimmt ihren Ausgang von einem durch Schwerz
im Jahre 1819 in Württemberg eingeführten Brabanter Pflug. Aus dem Schwerz'-
schen Pflug ist der Hohenheimer Pflug (Fig. 22. S. 96) hervorgegangen, welcher wieder
das Vorbild für eine große Zahl von Pflügen mit mittellangem Streichbrette wurde,

Die Bodenbearbeitung.
der Scharſpitze (zu ſehr in den Boden oder gegen das Land) wegen des Vorder-
geſtelles nicht ſo leicht bemerkbar als bei den Schwingpflügen. Zur Vermeidung eines
unnöthigen Kraftverbrauches empfiehlt es ſich daher erſtere als Schwingpflüge zu
verſuchen und dann erſt, nachdem die Scharſpitze etwas nach abwärts gerichtet wurde,
mit dem Vorderwagen zu verſehen.

4. Die Pflugformen.

Die überwiegendſte Zahl der Pflugformen, die ortsüblichen Pflüge, verdanken
ihre Entſtehung der allmäligen Anpaſſung an die gegebenen Bodenverhältniſſe, welche
je nach der Culturſtufe in verſchieden vollkommener Weiſe erreicht wird. Neben
dieſen Landpflügen entſtanden zahlreiche, verbeſſerte Pflugformen, bei welchen jedoch die
nach mathematiſchen Grundfätzen conſtruirten Pflüge die Minderzahl bilden. Von
letzteren nennen wir J. Bailey's Pflug (Newcaſtle 1795), Strecker's Pflug (Wien
um 1850) und Kleyle's Pflug (Wien 1851).

Unter den verbeſſerten Pflügen treten beſonders zwei Entwickelungsreihen durch
die weite Verbreitung hervor, welche die dieſen Reihen angehörenden Pflüge er-
langt haben.

Der erſten, formenreichſten Entwickelungsreihe diente als Ausgangspunkt der Bra-
banter Landpflug. Von dieſem Stammvater zweigen ſich zwei Linien ab, die wir
als die engliſche und deutſche bezeichnen wollen. Erſterer gehört wahrſcheinlich der
Rotherham Pflug an, welcher der Vater aller neueren engliſchen Pflüge, wie der
Pflüge von Busby, Ball, Ranſome, Hornsby, Finlayſon und Howard, Fig. 44, iſt.

[Abbildung] Fig. 44.

J. & F. Howard's Champion Pflug mit Schälſchar. — Pflug LB für zwei Pferde, Gewicht
115 Kilogr., Preis 110 Mark, 55 fl.

Der Rotherham Pflug ſteht in Beziehung zu dem Small'ſchen, ſchottiſchen und
Bailey Pflug, welcher letzterer wieder als Stammvater für viele amerikaniſche Pflüge
(Fig. 38, S. 106) anzuſehen iſt. Die amerikaniſchen Pflüge haben gegenüber den
engliſchen ein kürzeres Streichbrett und ſtatt des eiſernen einen hölzernen Grindel.

Die zweite, die deutſche Linie nimmt ihren Ausgang von einem durch Schwerz
im Jahre 1819 in Württemberg eingeführten Brabanter Pflug. Aus dem Schwerz'-
ſchen Pflug iſt der Hohenheimer Pflug (Fig. 22. S. 96) hervorgegangen, welcher wieder
das Vorbild für eine große Zahl von Pflügen mit mittellangem Streichbrette wurde,

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[111/0129] Die Bodenbearbeitung. der Scharſpitze (zu ſehr in den Boden oder gegen das Land) wegen des Vorder- geſtelles nicht ſo leicht bemerkbar als bei den Schwingpflügen. Zur Vermeidung eines unnöthigen Kraftverbrauches empfiehlt es ſich daher erſtere als Schwingpflüge zu verſuchen und dann erſt, nachdem die Scharſpitze etwas nach abwärts gerichtet wurde, mit dem Vorderwagen zu verſehen. 4. Die Pflugformen. Die überwiegendſte Zahl der Pflugformen, die ortsüblichen Pflüge, verdanken ihre Entſtehung der allmäligen Anpaſſung an die gegebenen Bodenverhältniſſe, welche je nach der Culturſtufe in verſchieden vollkommener Weiſe erreicht wird. Neben dieſen Landpflügen entſtanden zahlreiche, verbeſſerte Pflugformen, bei welchen jedoch die nach mathematiſchen Grundfätzen conſtruirten Pflüge die Minderzahl bilden. Von letzteren nennen wir J. Bailey's Pflug (Newcaſtle 1795), Strecker's Pflug (Wien um 1850) und Kleyle's Pflug (Wien 1851). Unter den verbeſſerten Pflügen treten beſonders zwei Entwickelungsreihen durch die weite Verbreitung hervor, welche die dieſen Reihen angehörenden Pflüge er- langt haben. Der erſten, formenreichſten Entwickelungsreihe diente als Ausgangspunkt der Bra- banter Landpflug. Von dieſem Stammvater zweigen ſich zwei Linien ab, die wir als die engliſche und deutſche bezeichnen wollen. Erſterer gehört wahrſcheinlich der Rotherham Pflug an, welcher der Vater aller neueren engliſchen Pflüge, wie der Pflüge von Busby, Ball, Ranſome, Hornsby, Finlayſon und Howard, Fig. 44, iſt. [Abbildung Fig. 44. J. & F. Howard's Champion Pflug mit Schälſchar. — Pflug LB für zwei Pferde, Gewicht 115 Kilogr., Preis 110 Mark, 55 fl.] Der Rotherham Pflug ſteht in Beziehung zu dem Small'ſchen, ſchottiſchen und Bailey Pflug, welcher letzterer wieder als Stammvater für viele amerikaniſche Pflüge (Fig. 38, S. 106) anzuſehen iſt. Die amerikaniſchen Pflüge haben gegenüber den engliſchen ein kürzeres Streichbrett und ſtatt des eiſernen einen hölzernen Grindel. Die zweite, die deutſche Linie nimmt ihren Ausgang von einem durch Schwerz im Jahre 1819 in Württemberg eingeführten Brabanter Pflug. Aus dem Schwerz'- ſchen Pflug iſt der Hohenheimer Pflug (Fig. 22. S. 96) hervorgegangen, welcher wieder das Vorbild für eine große Zahl von Pflügen mit mittellangem Streichbrette wurde,

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/129>, abgerufen am 23.11.2024.