während im weiteren Verlaufe des Versuches die verlangsamende Wirkung des Mittels durch die Neigung zu vorzeitiger Reaction über- wogen wurde. Dafür spricht auch das paradoxe Auftreten sehr kurzer Mittelzahlen zwischen verhältnissmässig grossen Werthen.
Das Maximum der Verkürzung wird innerhalb der ersten 20 Mi- nuten erreicht. Eine Ausnahme macht der Versuch Tr. II, bei dem auch später noch einzelne kürzere Zahlen auftreten. Auch hier in- dessen lässt sich aus den Versuchsprotokollen nachweisen, dass offenbar die Neigung zu vorzeitiger Reaction bestand, da zweifelhafte Zahlen unter 100 s häufiger vorkamen. Unter 26 Normalversuchen beobach- tete ich 2 (7,7 %), unter 159 durch Alkohol beeinflussten dagegen 23 (14,5 %) derartige Werthe. Dieses häufigere Auftreten zu kurzer Zahlen unter dem Einflusse des Alkohols war bei Tr. wie bei T. noch fast eine Stunde nach dem Genusse des Mittels deutlich. Eine nachträgliche Verlängerung der Reactionsdauer über die Norm fehlt nur zweimal, bei T. I und K. I. Im ersteren Falle wurde der Versuch nur 34 Minuten lang fortgesetzt; zudem zeigten sich auch hier deutlich vorzeitige Reactionen. In der letzteren Reihe lag die Norm ungewöhnlich hoch; beide Male jedoch wurden die Zahlen am Schlusse wieder etwas länger.
Die Tabelle U bietet ein von R wesentlich verschiedenes Bild dar. Bei Tr. und T. allerdings sehen wir auch hier sofort nach der Aufnahme des Alkohols eine Verkürzung der Zeiten auftreten, welche ihren grössten Werth einmal nach 10, sonst aber nach 20--30 Minuten erreicht und namentlich in T. II sehr beträchtlich ist. Bei K. dagegen fehlt eine Ver- kürzung gänzlich. Die Ursache für diese Differenz liegt, wie ich ebenfalls schon früher gezeigt habe, darin, dass bei Tr. und T. unter dem Einflusse des Alkohols die schon ohnedies in den kleinen Normen für R und U sich ausprägende Neigung zu musculärem Reagiren ausserordentlich verstärkt wird. Die Unterscheidungen gehen dadurch unwillkürlich vielfach in einfache, ja, bei grosser Regelmässigkeit in der Aufeinanderfolge der Beobachtungen, sogar in vorzeitige Reactionen über. So kommt es auch, dass unter jenen 4 Versuchen nur 2 Mal späterhin eine ganz unbedeutende Verlängerung über die Norm hervortritt, während in den andern beiden Reihen die Zahlen dauernd kürzer bleiben. Als brauchbare Messungen der Unterscheidungsreactionen sind diese Ver- suche daher keinesfalls zu verwerthen. Anders liegt die Sache bei K. Hier ist die Verlängerung der Zahlen durchweg recht bedeutend; sie wächst mit der Dosis und erreicht ihren grössten Werth je nach der Gabe in etwa 30 Minuten oder später. Die gleichen Alkohol-
während im weiteren Verlaufe des Versuches die verlangsamende Wirkung des Mittels durch die Neigung zu vorzeitiger Reaction über- wogen wurde. Dafür spricht auch das paradoxe Auftreten sehr kurzer Mittelzahlen zwischen verhältnissmässig grossen Werthen.
Das Maximum der Verkürzung wird innerhalb der ersten 20 Mi- nuten erreicht. Eine Ausnahme macht der Versuch Tr. II, bei dem auch später noch einzelne kürzere Zahlen auftreten. Auch hier in- dessen lässt sich aus den Versuchsprotokollen nachweisen, dass offenbar die Neigung zu vorzeitiger Reaction bestand, da zweifelhafte Zahlen unter 100 σ häufiger vorkamen. Unter 26 Normalversuchen beobach- tete ich 2 (7,7 %), unter 159 durch Alkohol beeinflussten dagegen 23 (14,5 %) derartige Werthe. Dieses häufigere Auftreten zu kurzer Zahlen unter dem Einflusse des Alkohols war bei Tr. wie bei T. noch fast eine Stunde nach dem Genusse des Mittels deutlich. Eine nachträgliche Verlängerung der Reactionsdauer über die Norm fehlt nur zweimal, bei T. I und K. I. Im ersteren Falle wurde der Versuch nur 34 Minuten lang fortgesetzt; zudem zeigten sich auch hier deutlich vorzeitige Reactionen. In der letzteren Reihe lag die Norm ungewöhnlich hoch; beide Male jedoch wurden die Zahlen am Schlusse wieder etwas länger.
Die Tabelle U bietet ein von R wesentlich verschiedenes Bild dar. Bei Tr. und T. allerdings sehen wir auch hier sofort nach der Aufnahme des Alkohols eine Verkürzung der Zeiten auftreten, welche ihren grössten Werth einmal nach 10, sonst aber nach 20—30 Minuten erreicht und namentlich in T. II sehr beträchtlich ist. Bei K. dagegen fehlt eine Ver- kürzung gänzlich. Die Ursache für diese Differenz liegt, wie ich ebenfalls schon früher gezeigt habe, darin, dass bei Tr. und T. unter dem Einflusse des Alkohols die schon ohnedies in den kleinen Normen für R und U sich ausprägende Neigung zu musculärem Reagiren ausserordentlich verstärkt wird. Die Unterscheidungen gehen dadurch unwillkürlich vielfach in einfache, ja, bei grosser Regelmässigkeit in der Aufeinanderfolge der Beobachtungen, sogar in vorzeitige Reactionen über. So kommt es auch, dass unter jenen 4 Versuchen nur 2 Mal späterhin eine ganz unbedeutende Verlängerung über die Norm hervortritt, während in den andern beiden Reihen die Zahlen dauernd kürzer bleiben. Als brauchbare Messungen der Unterscheidungsreactionen sind diese Ver- suche daher keinesfalls zu verwerthen. Anders liegt die Sache bei K. Hier ist die Verlängerung der Zahlen durchweg recht bedeutend; sie wächst mit der Dosis und erreicht ihren grössten Werth je nach der Gabe in etwa 30 Minuten oder später. Die gleichen Alkohol-
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[46/0062]
während im weiteren Verlaufe des Versuches die verlangsamende
Wirkung des Mittels durch die Neigung zu vorzeitiger Reaction über-
wogen wurde. Dafür spricht auch das paradoxe Auftreten sehr
kurzer Mittelzahlen zwischen verhältnissmässig grossen Werthen.
Das Maximum der Verkürzung wird innerhalb der ersten 20 Mi-
nuten erreicht. Eine Ausnahme macht der Versuch Tr. II, bei dem
auch später noch einzelne kürzere Zahlen auftreten. Auch hier in-
dessen lässt sich aus den Versuchsprotokollen nachweisen, dass offenbar
die Neigung zu vorzeitiger Reaction bestand, da zweifelhafte Zahlen
unter 100 σ häufiger vorkamen. Unter 26 Normalversuchen beobach-
tete ich 2 (7,7 %), unter 159 durch Alkohol beeinflussten dagegen
23 (14,5 %) derartige Werthe. Dieses häufigere Auftreten zu kurzer
Zahlen unter dem Einflusse des Alkohols war bei Tr. wie bei
T. noch fast eine Stunde nach dem Genusse des Mittels deutlich.
Eine nachträgliche Verlängerung der Reactionsdauer über die Norm
fehlt nur zweimal, bei T. I und K. I. Im ersteren Falle wurde der
Versuch nur 34 Minuten lang fortgesetzt; zudem zeigten sich auch
hier deutlich vorzeitige Reactionen. In der letzteren Reihe lag die
Norm ungewöhnlich hoch; beide Male jedoch wurden die Zahlen am
Schlusse wieder etwas länger.
Die Tabelle U bietet ein von R wesentlich verschiedenes Bild dar.
Bei Tr. und T. allerdings sehen wir auch hier sofort nach der Aufnahme
des Alkohols eine Verkürzung der Zeiten auftreten, welche ihren grössten
Werth einmal nach 10, sonst aber nach 20—30 Minuten erreicht und
namentlich in T. II sehr beträchtlich ist. Bei K. dagegen fehlt eine Ver-
kürzung gänzlich. Die Ursache für diese Differenz liegt, wie ich ebenfalls
schon früher gezeigt habe, darin, dass bei Tr. und T. unter dem Einflusse
des Alkohols die schon ohnedies in den kleinen Normen für R und U sich
ausprägende Neigung zu musculärem Reagiren ausserordentlich verstärkt
wird. Die Unterscheidungen gehen dadurch unwillkürlich vielfach in
einfache, ja, bei grosser Regelmässigkeit in der Aufeinanderfolge der
Beobachtungen, sogar in vorzeitige Reactionen über. So kommt es
auch, dass unter jenen 4 Versuchen nur 2 Mal späterhin eine ganz
unbedeutende Verlängerung über die Norm hervortritt, während in
den andern beiden Reihen die Zahlen dauernd kürzer bleiben. Als
brauchbare Messungen der Unterscheidungsreactionen sind diese Ver-
suche daher keinesfalls zu verwerthen. Anders liegt die Sache bei
K. Hier ist die Verlängerung der Zahlen durchweg recht bedeutend;
sie wächst mit der Dosis und erreicht ihren grössten Werth je nach
der Gabe in etwa 30 Minuten oder später. Die gleichen Alkohol-
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Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraepelin_arzneimittel_1892/62>, abgerufen am 17.07.2024.
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