Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite

somit nicht wol gezweifelt werden. Wir sehen sie bei kleiner Dosis
rascher auftreten und namentlich rascher verschwinden, als bei grösserer
Gabe, wo sie nach 30 Minuten und selbst später noch deutlich ist.
Am ausgeprägtesten sind die negativen Reactionen bei R., der schon
an sich sehr kurze psychische Zeiten darbietet, während bei K., der
unter normalen Verhältnissen gar keine oder doch nur sehr geringe
Neigung zu vorzeitiger Reaction besitzt, auch unter dem Einflusse des
Paraldehyd keine nennenswerthe Verkürzung der Zahlen und noch viel
weniger das Auftreten negativer Zeiten beobachtet werden konnte.

Als Ergebniss dieser Betrachtungen können wir somit den Satz
aufstellen, dass die einfache Reaction durch das Paraldehyd eine rasch
eintretende, aber sich auch bald wieder ausgleichende Verlängerung
erfährt. Bei Versuchspersonen mit Neigung zu vorzeitiger Reaction
wird diese Neigung in sehr beträchtlichem Masse gesteigert, selbst
bis zum Auftreten negativer Zeiten. Diese letztere Wirkung ist weit inten-
siver und länger anhaltend bei einer Gabe von 5 gr, als bei einer
solchen von 2 gr. Eine ähnliche Steigerung der Wirkung mit Zu-
nahme der Dosis scheint hinsichtlich der Verlängerung der Zahlen zu
bestehen; wenigstens sprechen die Erfahrungen bei L. und R. in diesem
Sinne.

Im Anschlusse an die Erfahrungen bei der einfachen Reaction
muss ich noch einen letzten hierhergehörigen Versuch erwähnen, wel-
cher in der Weise angestellt wurde, dass ich selbst in kurzen Zwi-
schenräumen 5 Mal je 1 gr Paraldehyd nahm. An den durch ein
Sternchen bezeichneten Punkten wurde das Paraldehyd getrunken.
Das Resultat der Beobachtungsreihe war das folgende:

Tabelle LXVIII.

[Tabelle]

Im Allgemeinen stellt sich somit eine gewisse Verlangsamung der
Reaction auch hier heraus; dieselbe ist am Ende ungefähr ebenso
beträchtlich, als wenn die 5 gr mit einem Mal genommen worden
wären. Dazwischen aber haben wir, im Beginne des Versuches, auch
einige ziemlich kurze Zahlen zu verzeichen, ähnlich wie bei dem ent-
sprechenden früher mitgetheilten Versuche K. (5 gr). Auch hier ist
indessen die Verkürzung so gering, dass wir noch kein Recht haben,
dieselbe für etwas Anderes als eine Zufälligkeit zu halten.


somit nicht wol gezweifelt werden. Wir sehen sie bei kleiner Dosis
rascher auftreten und namentlich rascher verschwinden, als bei grösserer
Gabe, wo sie nach 30 Minuten und selbst später noch deutlich ist.
Am ausgeprägtesten sind die negativen Reactionen bei R., der schon
an sich sehr kurze psychische Zeiten darbietet, während bei K., der
unter normalen Verhältnissen gar keine oder doch nur sehr geringe
Neigung zu vorzeitiger Reaction besitzt, auch unter dem Einflusse des
Paraldehyd keine nennenswerthe Verkürzung der Zahlen und noch viel
weniger das Auftreten negativer Zeiten beobachtet werden konnte.

Als Ergebniss dieser Betrachtungen können wir somit den Satz
aufstellen, dass die einfache Reaction durch das Paraldehyd eine rasch
eintretende, aber sich auch bald wieder ausgleichende Verlängerung
erfährt. Bei Versuchspersonen mit Neigung zu vorzeitiger Reaction
wird diese Neigung in sehr beträchtlichem Masse gesteigert, selbst
bis zum Auftreten negativer Zeiten. Diese letztere Wirkung ist weit inten-
siver und länger anhaltend bei einer Gabe von 5 gr, als bei einer
solchen von 2 gr. Eine ähnliche Steigerung der Wirkung mit Zu-
nahme der Dosis scheint hinsichtlich der Verlängerung der Zahlen zu
bestehen; wenigstens sprechen die Erfahrungen bei L. und R. in diesem
Sinne.

Im Anschlusse an die Erfahrungen bei der einfachen Reaction
muss ich noch einen letzten hierhergehörigen Versuch erwähnen, wel-
cher in der Weise angestellt wurde, dass ich selbst in kurzen Zwi-
schenräumen 5 Mal je 1 gr Paraldehyd nahm. An den durch ein
Sternchen bezeichneten Punkten wurde das Paraldehyd getrunken.
Das Resultat der Beobachtungsreihe war das folgende:

Tabelle LXVIII.

[Tabelle]

Im Allgemeinen stellt sich somit eine gewisse Verlangsamung der
Reaction auch hier heraus; dieselbe ist am Ende ungefähr ebenso
beträchtlich, als wenn die 5 gr mit einem Mal genommen worden
wären. Dazwischen aber haben wir, im Beginne des Versuches, auch
einige ziemlich kurze Zahlen zu verzeichen, ähnlich wie bei dem ent-
sprechenden früher mitgetheilten Versuche K. (5 gr). Auch hier ist
indessen die Verkürzung so gering, dass wir noch kein Recht haben,
dieselbe für etwas Anderes als eine Zufälligkeit zu halten.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0168" n="152"/>
somit nicht wol gezweifelt werden. Wir sehen sie bei kleiner Dosis<lb/>
rascher auftreten und namentlich rascher verschwinden, als bei grösserer<lb/>
Gabe, wo sie nach 30 Minuten und selbst später noch deutlich ist.<lb/>
Am ausgeprägtesten sind die negativen Reactionen bei R., der schon<lb/>
an sich sehr kurze psychische Zeiten darbietet, während bei K., der<lb/>
unter normalen Verhältnissen gar keine oder doch nur sehr geringe<lb/>
Neigung zu vorzeitiger Reaction besitzt, auch unter dem Einflusse des<lb/>
Paraldehyd keine nennenswerthe Verkürzung der Zahlen und noch viel<lb/>
weniger das Auftreten negativer Zeiten beobachtet werden konnte.</p><lb/>
          <p>Als Ergebniss dieser Betrachtungen können wir somit den Satz<lb/>
aufstellen, dass die einfache Reaction durch das Paraldehyd eine rasch<lb/>
eintretende, aber sich auch bald wieder ausgleichende <hi rendition="#g">Verlängerung</hi><lb/>
erfährt. Bei Versuchspersonen mit Neigung zu vorzeitiger Reaction<lb/>
wird diese Neigung in sehr beträchtlichem Masse <hi rendition="#g">gesteigert</hi>, selbst<lb/>
bis zum Auftreten negativer Zeiten. Diese letztere Wirkung ist weit inten-<lb/>
siver und länger anhaltend bei einer Gabe von 5 gr, als bei einer<lb/>
solchen von 2 gr. Eine ähnliche Steigerung der Wirkung mit Zu-<lb/>
nahme der Dosis scheint hinsichtlich der Verlängerung der Zahlen zu<lb/>
bestehen; wenigstens sprechen die Erfahrungen bei L. und R. in diesem<lb/>
Sinne.</p><lb/>
          <p>Im Anschlusse an die Erfahrungen bei der einfachen Reaction<lb/>
muss ich noch einen letzten hierhergehörigen Versuch erwähnen, wel-<lb/>
cher in der Weise angestellt wurde, dass ich selbst in kurzen Zwi-<lb/>
schenräumen 5 Mal je 1 gr Paraldehyd nahm. An den durch ein<lb/>
Sternchen bezeichneten Punkten wurde das Paraldehyd getrunken.<lb/>
Das Resultat der Beobachtungsreihe war das folgende:</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Tabelle</hi> LXVIII.</hi> </p><lb/>
          <table>
            <row>
              <cell/>
            </row>
          </table>
          <p>Im Allgemeinen stellt sich somit eine gewisse Verlangsamung der<lb/>
Reaction auch hier heraus; dieselbe ist am Ende ungefähr ebenso<lb/>
beträchtlich, als wenn die 5 gr mit einem Mal genommen worden<lb/>
wären. Dazwischen aber haben wir, im Beginne des Versuches, auch<lb/>
einige ziemlich kurze Zahlen zu verzeichen, ähnlich wie bei dem ent-<lb/>
sprechenden früher mitgetheilten Versuche K. (5 gr). Auch hier ist<lb/>
indessen die Verkürzung so gering, dass wir noch kein Recht haben,<lb/>
dieselbe für etwas Anderes als eine Zufälligkeit zu halten.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0168] somit nicht wol gezweifelt werden. Wir sehen sie bei kleiner Dosis rascher auftreten und namentlich rascher verschwinden, als bei grösserer Gabe, wo sie nach 30 Minuten und selbst später noch deutlich ist. Am ausgeprägtesten sind die negativen Reactionen bei R., der schon an sich sehr kurze psychische Zeiten darbietet, während bei K., der unter normalen Verhältnissen gar keine oder doch nur sehr geringe Neigung zu vorzeitiger Reaction besitzt, auch unter dem Einflusse des Paraldehyd keine nennenswerthe Verkürzung der Zahlen und noch viel weniger das Auftreten negativer Zeiten beobachtet werden konnte. Als Ergebniss dieser Betrachtungen können wir somit den Satz aufstellen, dass die einfache Reaction durch das Paraldehyd eine rasch eintretende, aber sich auch bald wieder ausgleichende Verlängerung erfährt. Bei Versuchspersonen mit Neigung zu vorzeitiger Reaction wird diese Neigung in sehr beträchtlichem Masse gesteigert, selbst bis zum Auftreten negativer Zeiten. Diese letztere Wirkung ist weit inten- siver und länger anhaltend bei einer Gabe von 5 gr, als bei einer solchen von 2 gr. Eine ähnliche Steigerung der Wirkung mit Zu- nahme der Dosis scheint hinsichtlich der Verlängerung der Zahlen zu bestehen; wenigstens sprechen die Erfahrungen bei L. und R. in diesem Sinne. Im Anschlusse an die Erfahrungen bei der einfachen Reaction muss ich noch einen letzten hierhergehörigen Versuch erwähnen, wel- cher in der Weise angestellt wurde, dass ich selbst in kurzen Zwi- schenräumen 5 Mal je 1 gr Paraldehyd nahm. An den durch ein Sternchen bezeichneten Punkten wurde das Paraldehyd getrunken. Das Resultat der Beobachtungsreihe war das folgende: Tabelle LXVIII. Im Allgemeinen stellt sich somit eine gewisse Verlangsamung der Reaction auch hier heraus; dieselbe ist am Ende ungefähr ebenso beträchtlich, als wenn die 5 gr mit einem Mal genommen worden wären. Dazwischen aber haben wir, im Beginne des Versuches, auch einige ziemlich kurze Zahlen zu verzeichen, ähnlich wie bei dem ent- sprechenden früher mitgetheilten Versuche K. (5 gr). Auch hier ist indessen die Verkürzung so gering, dass wir noch kein Recht haben, dieselbe für etwas Anderes als eine Zufälligkeit zu halten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kraepelin_arzneimittel_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kraepelin_arzneimittel_1892/168
Zitationshilfe: Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraepelin_arzneimittel_1892/168>, abgerufen am 25.11.2024.