Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite

Ermüdung schnell wieder ausgeglichen wird. K. war, wie die geringe
Anfangsgeschwindigkeit darthut, offenbar schlecht disponirt. Daher
wol der Mangel einer initialen Beschleunigung und die nur unbedeu-
tende endliche Erhebung der Arbeitsleistung über das durch den Al-
kohol erzeugte Minimum hinaus.

Die Grösse der mittleren Variation zeigt auch beim Lesen keine
bestimmte Beziehung zur individuellen Leistungsfähigkeit. Berechnet
man nach den Protokollen das procentische Verhältniss jener ersteren
zur Grösse der Arbeit innerhalb der ersten halben Stunde jedes Ver-
suches, so ergeben sich folgende Zahlen:

Tabelle XXXIII.

[Tabelle]

Diese Zahlen weisen beträchtliche Differenzen auf. Dennoch
würde wenigstens für die Normalversuche die procentische Grösse
der Schwankungen ungefähr derjenigen der Lesegeschwindigkeit pa-
rallel gehen, wie ein Blick auf die Tabelle XXIX zeigt. Abgesehen
demnach von einer einfach proportionalen Steigerung der mittleren
Variationen mit Zunahme der Schnelligkeit des Arbeitens würde noch
ein weiteres Anwachsen jener ersteren über dieses Verhältniss hinaus
zu statuiren sein; die Unregelmässigkeit der Leistung nimmt rascher
zu, als die Grösse derselben. Allein diese anscheinende Gesetzmässig-
keit, welche sich zu weiteren Schlüssen über das Verhalten der Auf-
merksamkeitsspannung verwerthen liesse, verschwindet bei den Alkohol-
versuchen sofort, und zwar, wenn wir den Versuch He. berücksich-
tigen, wahrscheinlich in Folge der dauernden Uebung, welche anschei-
nend Geschwindigkeit und Regelmässigkeit der Arbeit bei den einzelnen
Versuchspersonen in verschiedenem Sinne beeinflusst. Bei M. und
Da. wird die erstere wenig oder gar nicht, die letztere dagegen sehr
gebessert; umgekehrt sehen wir bei Ha. und De. sowol Arbeitsgrösse
wie Schwankungen anwachsen. Bei O. geht die Erhöhung der Lei-
stungsfähigkeit mit Abnahme der mittleren Variation einher, während
endlich der schlecht disponirte K. das ungünstigste Ergebniss darbietet,
Abnahme der Arbeitsgeschwindigkeit bei Anwachsen der Schwan-
kungen. Wieweit alle diese Erscheinungen typische sind, lässt
sich an der Hand des vorliegenden Materials leider nicht fest-
stellen.


Ermüdung schnell wieder ausgeglichen wird. K. war, wie die geringe
Anfangsgeschwindigkeit darthut, offenbar schlecht disponirt. Daher
wol der Mangel einer initialen Beschleunigung und die nur unbedeu-
tende endliche Erhebung der Arbeitsleistung über das durch den Al-
kohol erzeugte Minimum hinaus.

Die Grösse der mittleren Variation zeigt auch beim Lesen keine
bestimmte Beziehung zur individuellen Leistungsfähigkeit. Berechnet
man nach den Protokollen das procentische Verhältniss jener ersteren
zur Grösse der Arbeit innerhalb der ersten halben Stunde jedes Ver-
suches, so ergeben sich folgende Zahlen:

Tabelle XXXIII.

[Tabelle]

Diese Zahlen weisen beträchtliche Differenzen auf. Dennoch
würde wenigstens für die Normalversuche die procentische Grösse
der Schwankungen ungefähr derjenigen der Lesegeschwindigkeit pa-
rallel gehen, wie ein Blick auf die Tabelle XXIX zeigt. Abgesehen
demnach von einer einfach proportionalen Steigerung der mittleren
Variationen mit Zunahme der Schnelligkeit des Arbeitens würde noch
ein weiteres Anwachsen jener ersteren über dieses Verhältniss hinaus
zu statuiren sein; die Unregelmässigkeit der Leistung nimmt rascher
zu, als die Grösse derselben. Allein diese anscheinende Gesetzmässig-
keit, welche sich zu weiteren Schlüssen über das Verhalten der Auf-
merksamkeitsspannung verwerthen liesse, verschwindet bei den Alkohol-
versuchen sofort, und zwar, wenn wir den Versuch He. berücksich-
tigen, wahrscheinlich in Folge der dauernden Uebung, welche anschei-
nend Geschwindigkeit und Regelmässigkeit der Arbeit bei den einzelnen
Versuchspersonen in verschiedenem Sinne beeinflusst. Bei M. und
Da. wird die erstere wenig oder gar nicht, die letztere dagegen sehr
gebessert; umgekehrt sehen wir bei Ha. und De. sowol Arbeitsgrösse
wie Schwankungen anwachsen. Bei O. geht die Erhöhung der Lei-
stungsfähigkeit mit Abnahme der mittleren Variation einher, während
endlich der schlecht disponirte K. das ungünstigste Ergebniss darbietet,
Abnahme der Arbeitsgeschwindigkeit bei Anwachsen der Schwan-
kungen. Wieweit alle diese Erscheinungen typische sind, lässt
sich an der Hand des vorliegenden Materials leider nicht fest-
stellen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0105" n="89"/>
Ermüdung schnell wieder ausgeglichen wird. K. war, wie die geringe<lb/>
Anfangsgeschwindigkeit darthut, offenbar schlecht disponirt. Daher<lb/>
wol der Mangel einer initialen Beschleunigung und die nur unbedeu-<lb/>
tende endliche Erhebung der Arbeitsleistung über das durch den Al-<lb/>
kohol erzeugte Minimum hinaus.</p><lb/>
          <p>Die Grösse der mittleren Variation zeigt auch beim Lesen keine<lb/>
bestimmte Beziehung zur individuellen Leistungsfähigkeit. Berechnet<lb/>
man nach den Protokollen das procentische Verhältniss jener ersteren<lb/>
zur Grösse der Arbeit innerhalb der ersten halben Stunde jedes Ver-<lb/>
suches, so ergeben sich folgende Zahlen:</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Tabelle</hi> XXXIII.</hi> </p><lb/>
          <table>
            <row>
              <cell/>
            </row>
          </table>
          <p>Diese Zahlen weisen beträchtliche Differenzen auf. Dennoch<lb/>
würde wenigstens für die Normalversuche die procentische Grösse<lb/>
der Schwankungen ungefähr derjenigen der Lesegeschwindigkeit pa-<lb/>
rallel gehen, wie ein Blick auf die Tabelle XXIX zeigt. Abgesehen<lb/>
demnach von einer einfach proportionalen Steigerung der mittleren<lb/>
Variationen mit Zunahme der Schnelligkeit des Arbeitens würde noch<lb/>
ein weiteres Anwachsen jener ersteren über dieses Verhältniss hinaus<lb/>
zu statuiren sein; die Unregelmässigkeit der Leistung nimmt rascher<lb/>
zu, als die Grösse derselben. Allein diese anscheinende Gesetzmässig-<lb/>
keit, welche sich zu weiteren Schlüssen über das Verhalten der Auf-<lb/>
merksamkeitsspannung verwerthen liesse, verschwindet bei den Alkohol-<lb/>
versuchen sofort, und zwar, wenn wir den Versuch He. berücksich-<lb/>
tigen, wahrscheinlich in Folge der dauernden Uebung, welche anschei-<lb/>
nend Geschwindigkeit und Regelmässigkeit der Arbeit bei den einzelnen<lb/>
Versuchspersonen in verschiedenem Sinne beeinflusst. Bei M. und<lb/>
Da. wird die erstere wenig oder gar nicht, die letztere dagegen sehr<lb/>
gebessert; umgekehrt sehen wir bei Ha. und De. sowol Arbeitsgrösse<lb/>
wie Schwankungen anwachsen. Bei O. geht die Erhöhung der Lei-<lb/>
stungsfähigkeit mit Abnahme der mittleren Variation einher, während<lb/>
endlich der schlecht disponirte K. das ungünstigste Ergebniss darbietet,<lb/>
Abnahme der Arbeitsgeschwindigkeit bei Anwachsen der Schwan-<lb/>
kungen. Wieweit alle diese Erscheinungen typische sind, lässt<lb/>
sich an der Hand des vorliegenden Materials leider nicht fest-<lb/>
stellen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0105] Ermüdung schnell wieder ausgeglichen wird. K. war, wie die geringe Anfangsgeschwindigkeit darthut, offenbar schlecht disponirt. Daher wol der Mangel einer initialen Beschleunigung und die nur unbedeu- tende endliche Erhebung der Arbeitsleistung über das durch den Al- kohol erzeugte Minimum hinaus. Die Grösse der mittleren Variation zeigt auch beim Lesen keine bestimmte Beziehung zur individuellen Leistungsfähigkeit. Berechnet man nach den Protokollen das procentische Verhältniss jener ersteren zur Grösse der Arbeit innerhalb der ersten halben Stunde jedes Ver- suches, so ergeben sich folgende Zahlen: Tabelle XXXIII. Diese Zahlen weisen beträchtliche Differenzen auf. Dennoch würde wenigstens für die Normalversuche die procentische Grösse der Schwankungen ungefähr derjenigen der Lesegeschwindigkeit pa- rallel gehen, wie ein Blick auf die Tabelle XXIX zeigt. Abgesehen demnach von einer einfach proportionalen Steigerung der mittleren Variationen mit Zunahme der Schnelligkeit des Arbeitens würde noch ein weiteres Anwachsen jener ersteren über dieses Verhältniss hinaus zu statuiren sein; die Unregelmässigkeit der Leistung nimmt rascher zu, als die Grösse derselben. Allein diese anscheinende Gesetzmässig- keit, welche sich zu weiteren Schlüssen über das Verhalten der Auf- merksamkeitsspannung verwerthen liesse, verschwindet bei den Alkohol- versuchen sofort, und zwar, wenn wir den Versuch He. berücksich- tigen, wahrscheinlich in Folge der dauernden Uebung, welche anschei- nend Geschwindigkeit und Regelmässigkeit der Arbeit bei den einzelnen Versuchspersonen in verschiedenem Sinne beeinflusst. Bei M. und Da. wird die erstere wenig oder gar nicht, die letztere dagegen sehr gebessert; umgekehrt sehen wir bei Ha. und De. sowol Arbeitsgrösse wie Schwankungen anwachsen. Bei O. geht die Erhöhung der Lei- stungsfähigkeit mit Abnahme der mittleren Variation einher, während endlich der schlecht disponirte K. das ungünstigste Ergebniss darbietet, Abnahme der Arbeitsgeschwindigkeit bei Anwachsen der Schwan- kungen. Wieweit alle diese Erscheinungen typische sind, lässt sich an der Hand des vorliegenden Materials leider nicht fest- stellen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kraepelin_arzneimittel_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kraepelin_arzneimittel_1892/105
Zitationshilfe: Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraepelin_arzneimittel_1892/105>, abgerufen am 27.11.2024.