Was Ihr so nennt -- und warlich unbe- dacht -- Denn man verachtet nicht, wornach man stre- bet, Und jeder Sterbliche strebt nach der Macht! Laßt große Worte dem Sentenzenschreiber, Kein Weltlauf spiegelt sich im Dintenfleck. Verachtet wird der Dieb -- doch nicht der Räuber. Denn schwach und feig' ist Jener -- dieser stark und keck. -- Gewissen? Furcht vor Strafe quält den Knaben, Allein auch sie den Schwachen nur erreicht; Sey stark, sey über das Gesetz erhaben, So athmest Du im blut'gen Purpur leicht. Macht ist das Ziel der Schlauheit wie der Waffen, Denn was dem Sterblichen behaglich ist: Gold, Herrschaft, Wollust, Ruhm -- sie kann es schaffen!
Altäre
L 2
Was Ihr so nennt — und warlich unbe- dacht — Denn man verachtet nicht, wornach man stre- bet, Und jeder Sterbliche strebt nach der Macht! Laßt große Worte dem Sentenzenschreiber, Kein Weltlauf spiegelt sich im Dintenfleck. Verachtet wird der Dieb — doch nicht der Raͤuber. Denn schwach und feig' ist Jener — dieser stark und keck. — Gewissen? Furcht vor Strafe quaͤlt den Knaben, Allein auch sie den Schwachen nur erreicht; Sey stark, sey uͤber das Gesetz erhaben, So athmest Du im blut'gen Purpur leicht. Macht ist das Ziel der Schlauheit wie der Waffen, Denn was dem Sterblichen behaglich ist: Gold, Herrschaft, Wollust, Ruhm — sie kann es schaffen!
Altaͤre
L 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><spwho="#BER"><pbfacs="#f0169"n="163"/><lgtype="poem"><lgn="1"><l>Was Ihr so nennt — und warlich unbe-<lb/>
dacht —<lb/>
Denn man verachtet nicht, wornach man stre-<lb/>
bet,<lb/>
Und jeder Sterbliche strebt nach der Macht!<lb/>
Laßt große Worte dem Sentenzenschreiber,<lb/>
Kein Weltlauf spiegelt sich im Dintenfleck.<lb/>
Verachtet wird der Dieb — doch nicht der<lb/>
Raͤuber.<lb/>
Denn schwach und feig' ist Jener — dieser<lb/>
stark und keck. —<lb/>
Gewissen? Furcht vor Strafe quaͤlt den<lb/>
Knaben,<lb/>
Allein auch sie den Schwachen nur erreicht;<lb/>
Sey stark, sey uͤber das Gesetz erhaben,<lb/>
So athmest Du im blut'gen Purpur leicht.<lb/>
Macht ist das Ziel der Schlauheit wie der<lb/>
Waffen,<lb/>
Denn was dem Sterblichen behaglich ist:<lb/>
Gold, Herrschaft, Wollust, Ruhm —<hirendition="#g">sie</hi><lb/>
kann es schaffen!</l></lg></lg><lb/><fwtype="sig"place="bottom">L 2</fw><fwtype="catch"place="bottom">Altaͤre</fw><lb/></sp></div></div></body></text></TEI>
[163/0169]
Was Ihr so nennt — und warlich unbe-
dacht —
Denn man verachtet nicht, wornach man stre-
bet,
Und jeder Sterbliche strebt nach der Macht!
Laßt große Worte dem Sentenzenschreiber,
Kein Weltlauf spiegelt sich im Dintenfleck.
Verachtet wird der Dieb — doch nicht der
Raͤuber.
Denn schwach und feig' ist Jener — dieser
stark und keck. —
Gewissen? Furcht vor Strafe quaͤlt den
Knaben,
Allein auch sie den Schwachen nur erreicht;
Sey stark, sey uͤber das Gesetz erhaben,
So athmest Du im blut'gen Purpur leicht.
Macht ist das Ziel der Schlauheit wie der
Waffen,
Denn was dem Sterblichen behaglich ist:
Gold, Herrschaft, Wollust, Ruhm — sie
kann es schaffen!
Altaͤre
L 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-01-11T12:18:01Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: gekennzeichnet;
Druckfehler: dokumentiert;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: gekennzeichnet;
Kustoden: gekennzeichnet;
langes s (ſ): als s transkribiert;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Kotzebue, August von: Der Schutzgeist. Leipzig, 1814, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_schutzgeist_1814/169>, abgerufen am 15.08.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.