Kotzebue, August von: Der Rehbock oder die Schuldlosen Schuldbewußten. Leipzig, 1815.
Gott! auf die Seele wie brennendes Siegel- lack, aber ich denke doch immer: besser be- wahrt als beklagt. (Er setzt sich zu ihr und will sie liebkosen.) Grete. (stößt ihn von sich und kehrt ihm den Rücken zu.) Pacht. Allerliebstes Gretchen! weine nur nicht! - es wird mir ganz wunderlich zu Muthe - na, da haben wir's! hi! hi! hi! - da kommen meine Thränen geschossen, als ob der Spund vom Fasse gesprungen wäre. (er schluchzt mit seiner Frau um die Wette.) Grete. (immer schluchzend) Ich sehe, mein lieber Grauschimmel hat doch ein gutes Herz. Pacht. Ja, das hab' ich. Grete. Er ist bewegt - Pacht. Bis auf die Knochen! Grete. (plötzlich freundlich sich zu ihm kehrend.) Also geh' ich auf's Schloß? Pacht. Ne Gretchen, wenn ich auch die Thränen stoßweise von mir geben müßte, so bleib
Gott! auf die Seele wie brennendes Siegel- lack, aber ich denke doch immer: besser be- wahrt als beklagt. (Er setzt sich zu ihr und will sie liebkosen.) Grete. (stößt ihn von sich und kehrt ihm den Rücken zu.) Pacht. Allerliebstes Gretchen! weine nur nicht! – es wird mir ganz wunderlich zu Muthe – na, da haben wir's! hi! hi! hi! – da kommen meine Thraͤnen geschossen, als ob der Spund vom Fasse gesprungen waͤre. (er schluchzt mit seiner Frau um die Wette.) Grete. (immer schluchzend) Ich sehe, mein lieber Grauschimmel hat doch ein gutes Herz. Pacht. Ja, das hab' ich. Grete. Er ist bewegt – Pacht. Bis auf die Knochen! Grete. (ploͤtzlich freundlich sich zu ihm kehrend.) Also geh' ich auf's Schloß? Pacht. Ne Gretchen, wenn ich auch die Thraͤnen stoßweise von mir geben muͤßte, so bleib <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#PAC"> <p><pb facs="#f0032" n="26"/> Gott! auf die Seele wie brennendes Siegel-<lb/> lack, aber ich denke doch immer: besser be-<lb/> wahrt als beklagt. <stage>(Er setzt sich zu ihr und will<lb/> sie liebkosen.)</stage></p> </sp> <sp who="#GRE"> <speaker>Grete.</speaker> <p> <stage>(stößt ihn von sich und kehrt ihm den<lb/> Rücken zu.)</stage> </p> </sp> <sp who="#PAC"> <speaker>Pacht.</speaker> <p> Allerliebstes Gretchen! weine nur<lb/> nicht! – es wird mir ganz wunderlich zu<lb/> Muthe – na, da haben wir's! hi! hi! hi!<lb/> – da kommen meine Thraͤnen geschossen, als<lb/> ob der Spund vom Fasse gesprungen waͤre. <stage><lb/> (er schluchzt mit seiner Frau um die Wette.)</stage></p> </sp> <sp who="#GRE"> <speaker>Grete.</speaker> <p><stage>(immer schluchzend)</stage> Ich sehe, mein<lb/> lieber Grauschimmel hat doch ein gutes Herz.</p> </sp> <sp who="#PAC"> <speaker>Pacht.</speaker> <p> Ja, das hab' ich.</p> </sp> <sp who="#GRE"> <speaker>Grete.</speaker> <p> Er ist bewegt –</p> </sp> <sp who="#PAC"> <speaker>Pacht.</speaker> <p> Bis auf die Knochen!</p> </sp> <sp who="#GRE"> <speaker>Grete.</speaker> <p><stage>(ploͤtzlich freundlich sich zu ihm kehrend.)</stage><lb/> Also geh' ich auf's Schloß?</p> </sp> <sp who="#PAC"> <speaker>Pacht.</speaker> <p> Ne Gretchen, wenn ich auch die<lb/> Thraͤnen stoßweise von mir geben muͤßte, so<lb/> bleib<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0032]
Gott! auf die Seele wie brennendes Siegel-
lack, aber ich denke doch immer: besser be-
wahrt als beklagt. (Er setzt sich zu ihr und will
sie liebkosen.)
Grete. (stößt ihn von sich und kehrt ihm den
Rücken zu.)
Pacht. Allerliebstes Gretchen! weine nur
nicht! – es wird mir ganz wunderlich zu
Muthe – na, da haben wir's! hi! hi! hi!
– da kommen meine Thraͤnen geschossen, als
ob der Spund vom Fasse gesprungen waͤre.
(er schluchzt mit seiner Frau um die Wette.)
Grete. (immer schluchzend) Ich sehe, mein
lieber Grauschimmel hat doch ein gutes Herz.
Pacht. Ja, das hab' ich.
Grete. Er ist bewegt –
Pacht. Bis auf die Knochen!
Grete. (ploͤtzlich freundlich sich zu ihm kehrend.)
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Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Der Rehbock oder die Schuldlosen Schuldbewußten. Leipzig, 1815, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_rehbock_1815/32>, abgerufen am 21.07.2024. |