Kotzebue, August von: Der Rehbock oder die Schuldlosen Schuldbewußten. Leipzig, 1815. Bar. Mein Herr Bruder. Eben um der- gleichen zu vermeiden, kam ich hierher unter dem Titel deines Stallmeisters. Meine eigene Schwester, deine Gattin, sollte mich nicht kennen, da ich weiß, wie gern die Schwe- stern ihre Brüder zu verkuppeln pflegen. Das ist gelungen. Emilie - die ich, lange vor meinen Reisen und Feldzügen, kaum zweimal in ihrer Kostschule besuchte - ahnet nicht, es sey ihr Bruder, der jetzt ihre Schecken und Rappen regieret und ihr krankes Reitpferd in die Kur genommen hat. Graf. Indessen ist sie doch sehr freund- lich gegen dich. Bar. Hast du mich doch selbst gebeten, ihr zum Spaß den Hof zu machen. Graf. Ja, weil ich hoffte, sie würde es gewaltig übel nehmen, daß der Herr Stall- meister sich unterstünde - Bar. Herr Bruder, keine Fürstin zürnt
über die Macht ihrer Reize. Bar. Mein Herr Bruder. Eben um der- gleichen zu vermeiden, kam ich hierher unter dem Titel deines Stallmeisters. Meine eigene Schwester, deine Gattin, sollte mich nicht kennen, da ich weiß, wie gern die Schwe- stern ihre Bruͤder zu verkuppeln pflegen. Das ist gelungen. Emilie – die ich, lange vor meinen Reisen und Feldzuͤgen, kaum zweimal in ihrer Kostschule besuchte – ahnet nicht, es sey ihr Bruder, der jetzt ihre Schecken und Rappen regieret und ihr krankes Reitpferd in die Kur genommen hat. Graf. Indessen ist sie doch sehr freund- lich gegen dich. Bar. Hast du mich doch selbst gebeten, ihr zum Spaß den Hof zu machen. Graf. Ja, weil ich hoffte, sie wuͤrde es gewaltig uͤbel nehmen, daß der Herr Stall- meister sich unterstuͤnde – Bar. Herr Bruder, keine Fuͤrstin zuͤrnt
uͤber die Macht ihrer Reize. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0014" n="8"/> <sp who="#BA"> <speaker>Bar.</speaker> <p> Mein Herr Bruder. Eben um der-<lb/> gleichen zu vermeiden, kam ich hierher unter<lb/> dem Titel deines <hi rendition="#g">Stallmeisters</hi>. Meine<lb/> eigene Schwester, deine Gattin, sollte mich<lb/> nicht kennen, da ich weiß, wie gern die Schwe-<lb/> stern ihre Bruͤder zu verkuppeln pflegen. Das<lb/> ist gelungen. Emilie – die ich, lange vor<lb/> meinen Reisen und Feldzuͤgen, kaum zweimal<lb/> in ihrer Kostschule besuchte – ahnet nicht, es<lb/> sey ihr Bruder, der jetzt ihre Schecken und<lb/> Rappen regieret und ihr krankes Reitpferd in<lb/> die Kur genommen hat.</p> </sp> <sp who="#GRAF"> <speaker>Graf.</speaker> <p> Indessen ist sie doch sehr freund-<lb/> lich gegen dich.</p> </sp> <sp who="#BA"> <speaker>Bar.</speaker> <p> Hast du mich doch selbst gebeten,<lb/> ihr zum Spaß den Hof zu machen.</p> </sp> <sp who="#GRAF"> <speaker>Graf.</speaker> <p> Ja, weil ich hoffte, sie wuͤrde es<lb/> gewaltig uͤbel nehmen, daß der Herr Stall-<lb/> meister sich unterstuͤnde –</p> </sp> <sp who="#BA"> <speaker>Bar.</speaker> <p> Herr Bruder, keine Fuͤrstin zuͤrnt<lb/> uͤber die Macht ihrer Reize.</p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [8/0014]
Bar. Mein Herr Bruder. Eben um der-
gleichen zu vermeiden, kam ich hierher unter
dem Titel deines Stallmeisters. Meine
eigene Schwester, deine Gattin, sollte mich
nicht kennen, da ich weiß, wie gern die Schwe-
stern ihre Bruͤder zu verkuppeln pflegen. Das
ist gelungen. Emilie – die ich, lange vor
meinen Reisen und Feldzuͤgen, kaum zweimal
in ihrer Kostschule besuchte – ahnet nicht, es
sey ihr Bruder, der jetzt ihre Schecken und
Rappen regieret und ihr krankes Reitpferd in
die Kur genommen hat.
Graf. Indessen ist sie doch sehr freund-
lich gegen dich.
Bar. Hast du mich doch selbst gebeten,
ihr zum Spaß den Hof zu machen.
Graf. Ja, weil ich hoffte, sie wuͤrde es
gewaltig uͤbel nehmen, daß der Herr Stall-
meister sich unterstuͤnde –
Bar. Herr Bruder, keine Fuͤrstin zuͤrnt
uͤber die Macht ihrer Reize.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |