Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
Achter Auftritt.
Lotte. Eulalia.
Lotte. (im Hereintreten, zur Thür hinaus belfernd)
Nun ja, das wäre mir eben recht. Warum nicht
lieber gar in den Stall? -- Ihre Dienerin, Madam
Müller. Ich bitte mir ein Zimmer aus, wie es
sich für eine honette Person geziemt.
Eulal. Ich denke, man hat Ihnen ein recht
artiges Zimmerchen eingeräumt.
Lotte. Ein artiges Zimmerchen? seht doch!
hinten an der Treppe, gerade über dem Kuhstall.
Ey! Da könnt' ich vor Gestank kein Auge zu thun.
Eulal. (sehr sanft) Ich habe selbst ein ganzes
Jahr lang da geschlafen.
Lotte. Wahrhaftig? Nun so rathe ich Ihnen,
je eher je lieber wieder hinein zu ziehen. Meine
liebe Madam, es ist ein großer Unterschied zwischen
gewissen Personen und gewissen Personen; es kommt
gar viel darauf an, wie man es von Jugend auf
gewohnt gewesen. Mein seeliger Papa war Hof-
kutscher, und trug die Livree Sr. Durchlaucht. Ge-
wisse Personen sind so aus der Luft herunterge-
schneyt, und mögen freylich wohl ihre Nasen von
Achter Auftritt.
Lotte. Eulalia.
Lotte. (im Hereintreten, zur Thür hinaus belfernd)
Nun ja, das waͤre mir eben recht. Warum nicht
lieber gar in den Stall? — Ihre Dienerin, Madam
Muͤller. Ich bitte mir ein Zimmer aus, wie es
ſich fuͤr eine honette Perſon geziemt.
Eulal. Ich denke, man hat Ihnen ein recht
artiges Zimmerchen eingeraͤumt.
Lotte. Ein artiges Zimmerchen? ſeht doch!
hinten an der Treppe, gerade uͤber dem Kuhſtall.
Ey! Da koͤnnt’ ich vor Geſtank kein Auge zu thun.
Eulal. (ſehr ſanft) Ich habe ſelbſt ein ganzes
Jahr lang da geſchlafen.
Lotte. Wahrhaftig? Nun ſo rathe ich Ihnen,
je eher je lieber wieder hinein zu ziehen. Meine
liebe Madam, es iſt ein großer Unterſchied zwiſchen
gewiſſen Perſonen und gewiſſen Perſonen; es kommt
gar viel darauf an, wie man es von Jugend auf
gewohnt geweſen. Mein ſeeliger Papa war Hof-
kutſcher, und trug die Livree Sr. Durchlaucht. Ge-
wiſſe Perſonen ſind ſo aus der Luft herunterge-
ſchneyt, und moͤgen freylich wohl ihre Naſen von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0068" n="60"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Achter Auftritt</hi>.</hi> </head><lb/>
            <stage>Lotte. Eulalia.</stage><lb/>
            <sp who="#LOT">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Lotte.</hi> </speaker>
              <stage>(im Hereintreten, zur Thür hinaus belfernd)</stage><lb/>
              <p>Nun ja, das wa&#x0364;re mir eben recht. Warum nicht<lb/>
lieber gar in den Stall? &#x2014; Ihre Dienerin, Madam<lb/>
Mu&#x0364;ller. Ich bitte mir ein Zimmer aus, wie es<lb/>
&#x017F;ich fu&#x0364;r eine honette Per&#x017F;on geziemt.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#EUL">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker>
              <p>Ich denke, man hat Ihnen ein recht<lb/>
artiges Zimmerchen eingera&#x0364;umt.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#LOT">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Lotte.</hi> </speaker>
              <p>Ein artiges Zimmerchen? &#x017F;eht doch!<lb/>
hinten an der Treppe, gerade u&#x0364;ber dem Kuh&#x017F;tall.<lb/><choice><sic>Fy</sic><corr>Ey</corr></choice>! Da ko&#x0364;nnt&#x2019; ich vor Ge&#x017F;tank kein Auge zu thun.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#EUL">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker>
              <stage>(&#x017F;ehr &#x017F;anft)</stage>
              <p>Ich habe &#x017F;elb&#x017F;t ein ganzes<lb/>
Jahr lang da ge&#x017F;chlafen.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#LOT">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Lotte.</hi> </speaker>
              <p>Wahrhaftig? Nun &#x017F;o rathe ich Ihnen,<lb/>
je eher je lieber wieder hinein zu ziehen. Meine<lb/>
liebe Madam, es i&#x017F;t ein großer Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Per&#x017F;onen und gewi&#x017F;&#x017F;en Per&#x017F;onen; es kommt<lb/>
gar viel darauf an, wie man es von Jugend auf<lb/>
gewohnt gewe&#x017F;en. Mein &#x017F;eeliger Papa war Hof-<lb/>
kut&#x017F;cher, und trug die Livree Sr. Durchlaucht. Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e Per&#x017F;onen &#x017F;ind &#x017F;o aus der Luft herunterge-<lb/>
&#x017F;chneyt, und mo&#x0364;gen freylich wohl ihre Na&#x017F;en von<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0068] Achter Auftritt. Lotte. Eulalia. Lotte. (im Hereintreten, zur Thür hinaus belfernd) Nun ja, das waͤre mir eben recht. Warum nicht lieber gar in den Stall? — Ihre Dienerin, Madam Muͤller. Ich bitte mir ein Zimmer aus, wie es ſich fuͤr eine honette Perſon geziemt. Eulal. Ich denke, man hat Ihnen ein recht artiges Zimmerchen eingeraͤumt. Lotte. Ein artiges Zimmerchen? ſeht doch! hinten an der Treppe, gerade uͤber dem Kuhſtall. Ey! Da koͤnnt’ ich vor Geſtank kein Auge zu thun. Eulal. (ſehr ſanft) Ich habe ſelbſt ein ganzes Jahr lang da geſchlafen. Lotte. Wahrhaftig? Nun ſo rathe ich Ihnen, je eher je lieber wieder hinein zu ziehen. Meine liebe Madam, es iſt ein großer Unterſchied zwiſchen gewiſſen Perſonen und gewiſſen Perſonen; es kommt gar viel darauf an, wie man es von Jugend auf gewohnt geweſen. Mein ſeeliger Papa war Hof- kutſcher, und trug die Livree Sr. Durchlaucht. Ge- wiſſe Perſonen ſind ſo aus der Luft herunterge- ſchneyt, und moͤgen freylich wohl ihre Naſen von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/68
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/68>, abgerufen am 18.12.2024.