Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790. Eulal. Er quält Sie? wodurch? Bitterm. Zerbrech' ich mir denn nicht schon seit ganzen Monaten vergebens den Kopf, um hin- ter das Geheimniß zu kommen? Zwar hatt' ich vor kurzem einen Brief aus Spanien, in welchem man mir meldet, daß sich in hiesigen Gegenden ein Spion aufhalte; und der Beschreibung nach -- Eulal. (lächelnd) Leicht möglich! Der König von Spanien hat von Ihrer vortreflichen Schaf- zucht gehört, und da seine eigenen Schafe nicht viel taugen, so will er Ihnen die Kunstgriffe ab- lauren lassen. Nein, lieber Herr Bittermann, las- sen Sie den fremden, geheimnißvollen Mann zu- frieden. Er ist mir zwar noch nie in den Wurf ge- kommen, und ich bin auch eben nicht neugierig, ihn zu sehen; aber alles, was ich von ihm höre, charakterisirt ihn als einen Menschen, den man allenthalben wohl dulden mag. -- Er lebt still und friedlich. Bitterm. Das thut er. Eulal. Er erzeigt manche Wohlthat im Ver- borgenen. Bitterm. Das thut er. Eulal. Er beleidigt kein Kind. Bitterm.
Eulal. Er quaͤlt Sie? wodurch? Bitterm. Zerbrech’ ich mir denn nicht ſchon ſeit ganzen Monaten vergebens den Kopf, um hin- ter das Geheimniß zu kommen? Zwar hatt’ ich vor kurzem einen Brief aus Spanien, in welchem man mir meldet, daß ſich in hieſigen Gegenden ein Spion aufhalte; und der Beſchreibung nach — Eulal. (lächelnd) Leicht moͤglich! Der Koͤnig von Spanien hat von Ihrer vortreflichen Schaf- zucht gehoͤrt, und da ſeine eigenen Schafe nicht viel taugen, ſo will er Ihnen die Kunſtgriffe ab- lauren laſſen. Nein, lieber Herr Bittermann, laſ- ſen Sie den fremden, geheimnißvollen Mann zu- frieden. Er iſt mir zwar noch nie in den Wurf ge- kommen, und ich bin auch eben nicht neugierig, ihn zu ſehen; aber alles, was ich von ihm hoͤre, charakteriſirt ihn als einen Menſchen, den man allenthalben wohl dulden mag. — Er lebt ſtill und friedlich. Bitterm. Das thut er. Eulal. Er erzeigt manche Wohlthat im Ver- borgenen. Bitterm. Das thut er. Eulal. Er beleidigt kein Kind. Bitterm.
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Eulal. Er quaͤlt Sie? wodurch?
Bitterm. Zerbrech’ ich mir denn nicht ſchon
ſeit ganzen Monaten vergebens den Kopf, um hin-
ter das Geheimniß zu kommen? Zwar hatt’ ich
vor kurzem einen Brief aus Spanien, in welchem
man mir meldet, daß ſich in hieſigen Gegenden
ein Spion aufhalte; und der Beſchreibung nach —
Eulal. (lächelnd) Leicht moͤglich! Der Koͤnig
von Spanien hat von Ihrer vortreflichen Schaf-
zucht gehoͤrt, und da ſeine eigenen Schafe nicht
viel taugen, ſo will er Ihnen die Kunſtgriffe ab-
lauren laſſen. Nein, lieber Herr Bittermann, laſ-
ſen Sie den fremden, geheimnißvollen Mann zu-
frieden. Er iſt mir zwar noch nie in den Wurf ge-
kommen, und ich bin auch eben nicht neugierig,
ihn zu ſehen; aber alles, was ich von ihm hoͤre,
charakteriſirt ihn als einen Menſchen, den man
allenthalben wohl dulden mag. — Er lebt ſtill und
friedlich.
Bitterm. Das thut er.
Eulal. Er erzeigt manche Wohlthat im Ver-
borgenen.
Bitterm. Das thut er.
Eulal. Er beleidigt kein Kind.
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Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/40>, abgerufen am 16.07.2024. |