Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790. Peter. Ey vor vierzehn Tagen mußt ich ihm ja auch Geld bringen, und vor einer Woche auch. Es war gerade an einem Sonntage -- nein, es war an einem Montage -- aber ein Festtag muß es gewesen seyn, denn ich hatte meinen Sonntags- Rock an. Franz. Und all' das Geld kam von Madam Müller? Peter. J Herr Je, von wem denn sonst? Mein Papa ist nicht so ein Narr; der sagt, man muß das Seinige zu rathe halten, und besonders im Sommer muß man gar keine Almosen geben; denn da hat der liebe Gott Kräuter und Wurzeln genug wachsen lassen, von denen der Mensch satt wer- den kann. Franz. Ey der liebe Papa! Peter. Aber Madam Müller lacht den Papa aus. Als vor Weihnachten die Kinder der alten Liese die Blattern hatten -- nein, es war nach Weihnachten. -- Franz. Nun, gleichviel! Peter. Ja, da wollte Madam Müller mich auch hinunter schicken ins Dorf, zu der alten Liese nehmlich. Aber das schlug ich ihr rund ab; denn Peter. Ey vor vierzehn Tagen mußt ich ihm ja auch Geld bringen, und vor einer Woche auch. Es war gerade an einem Sonntage — nein, es war an einem Montage — aber ein Feſttag muß es geweſen ſeyn, denn ich hatte meinen Sonntags- Rock an. Franz. Und all’ das Geld kam von Madam Muͤller? Peter. J Herr Je, von wem denn ſonſt? Mein Papa iſt nicht ſo ein Narr; der ſagt, man muß das Seinige zu rathe halten, und beſonders im Sommer muß man gar keine Almoſen geben; denn da hat der liebe Gott Kraͤuter und Wurzeln genug wachſen laſſen, von denen der Menſch ſatt wer- den kann. Franz. Ey der liebe Papa! Peter. Aber Madam Muͤller lacht den Papa aus. Als vor Weihnachten die Kinder der alten Lieſe die Blattern hatten — nein, es war nach Weihnachten. — Franz. Nun, gleichviel! Peter. Ja, da wollte Madam Muͤller mich auch hinunter ſchicken ins Dorf, zu der alten Lieſe nehmlich. Aber das ſchlug ich ihr rund ab; denn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0019" n="11"/> <sp who="#PET"> <speaker> <hi rendition="#fr">Peter.</hi> </speaker> <p>Ey vor vierzehn Tagen mußt ich ihm ja<lb/> auch Geld bringen, und vor einer Woche auch.<lb/> Es war gerade an einem Sonntage — nein, es<lb/> war an einem Montage — aber ein Feſttag muß es<lb/> geweſen ſeyn, denn ich hatte meinen Sonntags-<lb/> Rock an.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker> <p>Und all’ das Geld kam von Madam<lb/> Muͤller?</p> </sp><lb/> <sp who="#PET"> <speaker> <hi rendition="#fr">Peter.</hi> </speaker> <p>J Herr Je, von wem denn ſonſt? Mein<lb/> Papa iſt nicht ſo ein Narr; der ſagt, man muß<lb/> das Seinige zu rathe halten, und beſonders im<lb/> Sommer muß man gar keine Almoſen geben; denn<lb/> da hat der liebe Gott Kraͤuter und Wurzeln genug<lb/> wachſen laſſen, von denen der Menſch ſatt wer-<lb/> den kann.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker> <p>Ey der liebe Papa!</p> </sp><lb/> <sp who="#PET"> <speaker> <hi rendition="#fr">Peter.</hi> </speaker> <p>Aber Madam Muͤller lacht den Papa<lb/> aus. Als vor Weihnachten die Kinder der alten<lb/> Lieſe die Blattern hatten — nein, es war nach<lb/> Weihnachten. —</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker> <p>Nun, gleichviel!</p> </sp><lb/> <sp who="#PET"> <speaker> <hi rendition="#fr">Peter.</hi> </speaker> <p>Ja, da wollte Madam Muͤller mich<lb/> auch hinunter ſchicken ins Dorf, zu der alten Lieſe<lb/> nehmlich. Aber das ſchlug ich ihr rund ab; denn<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [11/0019]
Peter. Ey vor vierzehn Tagen mußt ich ihm ja
auch Geld bringen, und vor einer Woche auch.
Es war gerade an einem Sonntage — nein, es
war an einem Montage — aber ein Feſttag muß es
geweſen ſeyn, denn ich hatte meinen Sonntags-
Rock an.
Franz. Und all’ das Geld kam von Madam
Muͤller?
Peter. J Herr Je, von wem denn ſonſt? Mein
Papa iſt nicht ſo ein Narr; der ſagt, man muß
das Seinige zu rathe halten, und beſonders im
Sommer muß man gar keine Almoſen geben; denn
da hat der liebe Gott Kraͤuter und Wurzeln genug
wachſen laſſen, von denen der Menſch ſatt wer-
den kann.
Franz. Ey der liebe Papa!
Peter. Aber Madam Muͤller lacht den Papa
aus. Als vor Weihnachten die Kinder der alten
Lieſe die Blattern hatten — nein, es war nach
Weihnachten. —
Franz. Nun, gleichviel!
Peter. Ja, da wollte Madam Muͤller mich
auch hinunter ſchicken ins Dorf, zu der alten Lieſe
nehmlich. Aber das ſchlug ich ihr rund ab; denn
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Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/19>, abgerufen am 22.07.2024. |