Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790. Eulal. Nimmermehr! Die Arbeit meiner Hän- de muß mich ernähren. Ein Bissen Brod, von ei- ner Thräne der Reue befeuchtet, wird mir mehr Ruhe gewähren, als das Bewustseyn, von dem Vermögen eines Mannes zu schwelgen, den ich einst so schändlich verrathen konnte. Unbek. Nehmen Sie, Madam, nehmen Sie! Eulal. Ich habe diese Demüthigung verdient -- aber ich flüchte zu Ihrer Großmuth. Verscho- nen Sie mich! Unbek. (bey Seite) Gott! welch ein Weib hat der Bube mir entrissen! (Er steckt das Papier wieder zu sich.) Wohl, Madam, ich ehre Ihre Gründe, ich stehe ab von meinem Begehren: doch nur unter der Bedingung, daß, wenn es Ihnen je an etwas man- gelt, ich der erste und Einzige sey, an den Sie sich freymüthig wenden. Eulal. Ich verspreche es. Unbek. Und nun darf ich wenigstens verlangen, daß Sie Ihr Eigenthum zurücknehmen, Ihren Schmuck. (Er reicht ihr das Schmuckkästchen.) Eulal. (sehr bewegt, öffnet das Kästchen, und ihre Thränen stürzen darauf) Ach! da schwebt es vor mei- ner Seele, das süße Bild jenes schönen Abends, Eulal. Nimmermehr! Die Arbeit meiner Haͤn- de muß mich ernaͤhren. Ein Biſſen Brod, von ei- ner Thraͤne der Reue befeuchtet, wird mir mehr Ruhe gewaͤhren, als das Bewuſtſeyn, von dem Vermoͤgen eines Mannes zu ſchwelgen, den ich einſt ſo ſchaͤndlich verrathen konnte. Unbek. Nehmen Sie, Madam, nehmen Sie! Eulal. Ich habe dieſe Demuͤthigung verdient — aber ich fluͤchte zu Ihrer Großmuth. Verſcho- nen Sie mich! Unbek. (bey Seite) Gott! welch ein Weib hat der Bube mir entriſſen! (Er ſteckt das Papier wieder zu ſich.) Wohl, Madam, ich ehre Ihre Gruͤnde, ich ſtehe ab von meinem Begehren: doch nur unter der Bedingung, daß, wenn es Ihnen je an etwas man- gelt, ich der erſte und Einzige ſey, an den Sie ſich freymuͤthig wenden. Eulal. Ich verſpreche es. Unbek. Und nun darf ich wenigſtens verlangen, daß Sie Ihr Eigenthum zuruͤcknehmen, Ihren Schmuck. (Er reicht ihr das Schmuckkäſtchen.) Eulal. (ſehr bewegt, öffnet das Käſtchen, und ihre Thränen ſtürzen darauf) Ach! da ſchwebt es vor mei- ner Seele, das ſuͤße Bild jenes ſchoͤnen Abends, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0170" n="162"/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <p>Nimmermehr! Die Arbeit meiner Haͤn-<lb/> de muß mich ernaͤhren. Ein Biſſen Brod, von ei-<lb/> ner Thraͤne der Reue befeuchtet, wird mir mehr<lb/> Ruhe gewaͤhren, als das Bewuſtſeyn, von dem<lb/> Vermoͤgen eines Mannes zu ſchwelgen, den ich<lb/> einſt ſo ſchaͤndlich verrathen konnte.</p> </sp><lb/> <sp who="#UNBE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker> <p>Nehmen Sie, Madam, nehmen Sie!</p> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <p>Ich habe dieſe Demuͤthigung verdient<lb/> — aber ich fluͤchte zu Ihrer Großmuth. Verſcho-<lb/> nen Sie mich!</p> </sp><lb/> <sp who="#UNBE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker> <stage>(bey Seite)</stage> <p>Gott! welch ein Weib hat<lb/> der Bube mir entriſſen!</p> <stage>(Er ſteckt das Papier wieder zu<lb/> ſich.)</stage> <p>Wohl, Madam, ich ehre Ihre Gruͤnde, ich<lb/> ſtehe ab von meinem Begehren: doch nur unter der<lb/> Bedingung, daß, wenn es Ihnen je an etwas man-<lb/> gelt, ich der erſte und Einzige ſey, an den Sie<lb/> ſich freymuͤthig wenden.</p> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <p>Ich verſpreche es.</p> </sp><lb/> <sp who="#UNBE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker> <p>Und nun darf ich wenigſtens verlangen,<lb/> daß Sie <hi rendition="#fr">Ihr</hi> Eigenthum zuruͤcknehmen, Ihren<lb/> Schmuck.</p> <stage>(Er reicht ihr das Schmuckkäſtchen.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <stage>(ſehr bewegt, öffnet das Käſtchen, und ihre<lb/> Thränen ſtürzen darauf)</stage> <p>Ach! da ſchwebt es vor mei-<lb/> ner <hi rendition="#fr">Seele</hi>, das ſuͤße <hi rendition="#fr">Bild</hi> jenes ſchoͤnen Abends,<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [162/0170]
Eulal. Nimmermehr! Die Arbeit meiner Haͤn-
de muß mich ernaͤhren. Ein Biſſen Brod, von ei-
ner Thraͤne der Reue befeuchtet, wird mir mehr
Ruhe gewaͤhren, als das Bewuſtſeyn, von dem
Vermoͤgen eines Mannes zu ſchwelgen, den ich
einſt ſo ſchaͤndlich verrathen konnte.
Unbek. Nehmen Sie, Madam, nehmen Sie!
Eulal. Ich habe dieſe Demuͤthigung verdient
— aber ich fluͤchte zu Ihrer Großmuth. Verſcho-
nen Sie mich!
Unbek. (bey Seite) Gott! welch ein Weib hat
der Bube mir entriſſen! (Er ſteckt das Papier wieder zu
ſich.) Wohl, Madam, ich ehre Ihre Gruͤnde, ich
ſtehe ab von meinem Begehren: doch nur unter der
Bedingung, daß, wenn es Ihnen je an etwas man-
gelt, ich der erſte und Einzige ſey, an den Sie
ſich freymuͤthig wenden.
Eulal. Ich verſpreche es.
Unbek. Und nun darf ich wenigſtens verlangen,
daß Sie Ihr Eigenthum zuruͤcknehmen, Ihren
Schmuck. (Er reicht ihr das Schmuckkäſtchen.)
Eulal. (ſehr bewegt, öffnet das Käſtchen, und ihre
Thränen ſtürzen darauf) Ach! da ſchwebt es vor mei-
ner Seele, das ſuͤße Bild jenes ſchoͤnen Abends,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/170 |
Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/170>, abgerufen am 17.02.2025. |