Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.
genblicken ward der Bund geknüpft, der unsere Seelen an einander kettete; in einem jener seligen Augenblicke gabst du mir diesen Ring zum Pfande deiner Liebe. Erinnerst du dich dessen noch? Unbek. O ja. Major. Bin ich seitdem deines Vertrauens un- werth geworden? Unbek. Nein, nein. Major. Waren wir je bloße Alltagsfreunde, durch Laune, Zufall und Lustbarkeiten an einander geknüpft? Haben wir uns nur in bunten Zirkeln mit einander herumgetrieben? oder haben wir auch dem Tode unter den Batterien von Gibraltar, Hand in Hand, getrotzt? -- Karl! es thut mir weh, daß ich meine Rechte auf dich so geltend machen muß. -- Kennst du diese Narbe? Unbek. Bruder! Es war der Hieb, der mir den Kopf spalten sollte. Ich hab' es nicht verges- sen. Ach! du wußtest freylich nicht, welch ein elendes Geschenk du mir machtest. Major. So rede, ich bitte dich! Unbek. Du kannst mir doch nicht helfen. Major. So kann ich mit dir trauren.
genblicken ward der Bund geknuͤpft, der unſere Seelen an einander kettete; in einem jener ſeligen Augenblicke gabſt du mir dieſen Ring zum Pfande deiner Liebe. Erinnerſt du dich deſſen noch? Unbek. O ja. Major. Bin ich ſeitdem deines Vertrauens un- werth geworden? Unbek. Nein, nein. Major. Waren wir je bloße Alltagsfreunde, durch Laune, Zufall und Luſtbarkeiten an einander geknuͤpft? Haben wir uns nur in bunten Zirkeln mit einander herumgetrieben? oder haben wir auch dem Tode unter den Batterien von Gibraltar, Hand in Hand, getrotzt? — Karl! es thut mir weh, daß ich meine Rechte auf dich ſo geltend machen muß. — Kennſt du dieſe Narbe? Unbek. Bruder! Es war der Hieb, der mir den Kopf ſpalten ſollte. Ich hab’ es nicht vergeſ- ſen. Ach! du wußteſt freylich nicht, welch ein elendes Geſchenk du mir machteſt. Major. So rede, ich bitte dich! Unbek. Du kannſt mir doch nicht helfen. Major. So kann ich mit dir trauren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#MAJ"> <p><pb facs="#f0119" n="111"/> genblicken ward der Bund geknuͤpft, der unſere<lb/> Seelen an einander kettete; in einem jener ſeligen<lb/> Augenblicke gabſt du mir dieſen Ring zum Pfande<lb/> deiner Liebe. Erinnerſt du dich deſſen noch?</p> </sp><lb/> <sp who="#UNBE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker> <p>O ja.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Bin ich ſeitdem deines Vertrauens un-<lb/> werth geworden?</p> </sp><lb/> <sp who="#UNBE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker> <p>Nein, nein.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Waren wir je bloße Alltagsfreunde,<lb/> durch Laune, Zufall und Luſtbarkeiten an einander<lb/> geknuͤpft? Haben wir uns nur in bunten Zirkeln<lb/> mit einander herumgetrieben? oder haben wir auch<lb/> dem Tode unter den Batterien von Gibraltar,<lb/> Hand in Hand, getrotzt? — Karl! es thut mir<lb/> weh, daß ich meine Rechte auf dich ſo geltend<lb/> machen muß. — Kennſt du dieſe Narbe?</p> </sp><lb/> <sp who="#UNBE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker> <p><hi rendition="#g">Bruder!</hi> Es war der Hieb, der <hi rendition="#g">mir</hi><lb/> den Kopf ſpalten ſollte. Ich hab’ es nicht vergeſ-<lb/> ſen. Ach! du wußteſt freylich nicht, welch ein<lb/> elendes Geſchenk du mir machteſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>So rede, ich bitte dich!</p> </sp><lb/> <sp who="#UNBE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker> <p>Du kannſt mir doch nicht helfen.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>So kann ich mit dir trauren.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0119]
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Augenblicke gabſt du mir dieſen Ring zum Pfande
deiner Liebe. Erinnerſt du dich deſſen noch?
Unbek. O ja.
Major. Bin ich ſeitdem deines Vertrauens un-
werth geworden?
Unbek. Nein, nein.
Major. Waren wir je bloße Alltagsfreunde,
durch Laune, Zufall und Luſtbarkeiten an einander
geknuͤpft? Haben wir uns nur in bunten Zirkeln
mit einander herumgetrieben? oder haben wir auch
dem Tode unter den Batterien von Gibraltar,
Hand in Hand, getrotzt? — Karl! es thut mir
weh, daß ich meine Rechte auf dich ſo geltend
machen muß. — Kennſt du dieſe Narbe?
Unbek. Bruder! Es war der Hieb, der mir
den Kopf ſpalten ſollte. Ich hab’ es nicht vergeſ-
ſen. Ach! du wußteſt freylich nicht, welch ein
elendes Geſchenk du mir machteſt.
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Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/119>, abgerufen am 16.07.2024. |