Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.
Ihre Reue, tilgen freylich nicht ihr Verbrechen; aber eine Freystatt wird mein Herz Ihnen nie ver- sagen; eine Freystatt, wo Sie ungestöhrt um den Verlust Ihres Gemahls weinen dürfen. -- Ach! ich fürchte, ein unersetzlicher Verlust! Eulal. (mit der Kälte der Verzweiflung) Unersetzlich! Gräfin. Armes Weib! Eulal. (immer im nehmlichen Ton) Ich hatte auch Kinder. Gräfin. Genug! Eulal. Gott weiß, ob sie leben oder todt sind. Gräfin. Arme Mutter! Eulal. Ich hatte einen liebenswürdigen Gemahl. Gräfin. Fassen Sie sich! Eulal. Gott weiß, ob er lebt oder todt ist. Gräfin. Ihr Blick wird gräßlich. Eulal. Für mich ist er todt. Gräfin. Sie büßt strenge. Eulal. Ich hatte einen alten Vater. Gräfin. O, um Gottes willen! Hören Sie auf! Eulal. Der Gram um mich hat ihn gemordet. Gräfin. Wie schrecklich rächt sich die beleidigte Tugend!
Ihre Reue, tilgen freylich nicht ihr Verbrechen; aber eine Freyſtatt wird mein Herz Ihnen nie ver- ſagen; eine Freyſtatt, wo Sie ungeſtoͤhrt um den Verluſt Ihres Gemahls weinen duͤrfen. — Ach! ich fuͤrchte, ein unerſetzlicher Verluſt! Eulal. (mit der Kälte der Verzweiflung) Unerſetzlich! Graͤfin. Armes Weib! Eulal. (immer im nehmlichen Ton) Ich hatte auch Kinder. Graͤfin. Genug! Eulal. Gott weiß, ob ſie leben oder todt ſind. Graͤfin. Arme Mutter! Eulal. Ich hatte einen liebenswuͤrdigen Gemahl. Graͤfin. Faſſen Sie ſich! Eulal. Gott weiß, ob er lebt oder todt iſt. Graͤfin. Ihr Blick wird graͤßlich. Eulal. Fuͤr mich iſt er todt. Graͤfin. Sie buͤßt ſtrenge. Eulal. Ich hatte einen alten Vater. Graͤfin. O, um Gottes willen! Hoͤren Sie auf! Eulal. Der Gram um mich hat ihn gemordet. Graͤfin. Wie ſchrecklich raͤcht ſich die beleidigte Tugend! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#GRAFIN"> <p><pb facs="#f0106" n="98"/> Ihre Reue, tilgen freylich nicht ihr Verbrechen;<lb/> aber eine Freyſtatt wird mein Herz Ihnen nie ver-<lb/> ſagen; eine Freyſtatt, wo Sie ungeſtoͤhrt um den<lb/> Verluſt Ihres Gemahls weinen duͤrfen. — Ach!<lb/> ich fuͤrchte, ein unerſetzlicher Verluſt!</p> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <stage>(mit <choice><corr>der</corr><sic>ber</sic></choice> Kälte der Verzweiflung)</stage> <p>Unerſetzlich!</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Armes Weib!</p> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <stage>(immer im nehmlichen Ton)</stage> <p>Ich hatte auch<lb/> Kinder.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Genug!</p> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <p>Gott weiß, ob ſie leben oder todt ſind.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Arme Mutter!</p> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <p>Ich hatte einen liebenswuͤrdigen Gemahl.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Faſſen Sie ſich!</p> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <p>Gott weiß, ob er lebt oder todt iſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Ihr Blick wird graͤßlich.</p> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <p>Fuͤr mich iſt er todt.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Sie buͤßt ſtrenge.</p> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <p>Ich hatte einen alten Vater.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>O, um Gottes willen! Hoͤren Sie auf!</p> </sp><lb/> <sp who="#EUL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker> <p>Der Gram um mich hat ihn gemordet.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Wie ſchrecklich raͤcht ſich die beleidigte<lb/> Tugend!</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [98/0106]
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Verluſt Ihres Gemahls weinen duͤrfen. — Ach!
ich fuͤrchte, ein unerſetzlicher Verluſt!
Eulal. (mit der Kälte der Verzweiflung) Unerſetzlich!
Graͤfin. Armes Weib!
Eulal. (immer im nehmlichen Ton) Ich hatte auch
Kinder.
Graͤfin. Genug!
Eulal. Gott weiß, ob ſie leben oder todt ſind.
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Graͤfin. O, um Gottes willen! Hoͤren Sie auf!
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Tugend!
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Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/106>, abgerufen am 16.07.2024. |