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Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

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Eulal. Wollte Gott, ich sähe die Hölle nur
neben meinem Sessel! -- Ach! ich trage sie rastlos
im Herzen mit mir herum.
Gräfin. Freundschaft hat Balsam für manche
Wunde. Ich bitte zum ersten Male um Ihr Ver-
trauen. Sie wissen, ob ich in diesen drey Jahren
unserer Bekanntschaft Ihnen je durch unbefugte
Neugier lästig wurde. Heute treibt mich ein edle-
res Interesse. Ich bitte mit Schwesterliebe um
Ihr Vertrauen. Mein Bruder liebt Sie.
Eulal. (fährt zusammen, und sieht der Gräfin ernsthaft
ins Gesicht)
Für Scherz zu viel -- für Ernst zu traurig!
Gräfin. Ehe ich weiter in Sie dringe, erlau-
ben Sie mir, Ihnen den Charakter meines Bru-
ders zu schildern, und ich gebe Ihnen mein Wort:
nicht die Hand der Schwester soll den Pinsel füh-
ren. -- Sie möchten ihn leicht für einen Leichtsin-
nigen halten; denn sah' er Sie nicht heute zum er-
sten Male? und schon Liebe? -- Aber, liebe Freun-
din! er ist ein ernster Mann, von geprüften
Grundsätzen. Schon zählten ihn die Damen unsers
Hofs unter die Classe der Hagestolze; denn unter
ihnen fand er nicht, was er suchte; verzweifelte
oft daran, es je zu finden. Nicht Gestalt, nicht
Eulal. Wollte Gott, ich ſaͤhe die Hoͤlle nur
neben meinem Seſſel! — Ach! ich trage ſie raſtlos
im Herzen mit mir herum.
Graͤfin. Freundſchaft hat Balſam fuͤr manche
Wunde. Ich bitte zum erſten Male um Ihr Ver-
trauen. Sie wiſſen, ob ich in dieſen drey Jahren
unſerer Bekanntſchaft Ihnen je durch unbefugte
Neugier laͤſtig wurde. Heute treibt mich ein edle-
res Intereſſe. Ich bitte mit Schweſterliebe um
Ihr Vertrauen. Mein Bruder liebt Sie.
Eulal. (fährt zuſammen, und ſieht der Gräfin ernſthaft
ins Geſicht)
Fuͤr Scherz zu viel — fuͤr Ernſt zu traurig!
Graͤfin. Ehe ich weiter in Sie dringe, erlau-
ben Sie mir, Ihnen den Charakter meines Bru-
ders zu ſchildern, und ich gebe Ihnen mein Wort:
nicht die Hand der Schweſter ſoll den Pinſel fuͤh-
ren. — Sie moͤchten ihn leicht fuͤr einen Leichtſin-
nigen halten; denn ſah’ er Sie nicht heute zum er-
ſten Male? und ſchon Liebe? — Aber, liebe Freun-
din! er iſt ein ernſter Mann, von gepruͤften
Grundſaͤtzen. Schon zaͤhlten ihn die Damen unſers
Hofs unter die Claſſe der Hageſtolze; denn unter
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[95/0103] Eulal. Wollte Gott, ich ſaͤhe die Hoͤlle nur neben meinem Seſſel! — Ach! ich trage ſie raſtlos im Herzen mit mir herum. Graͤfin. Freundſchaft hat Balſam fuͤr manche Wunde. Ich bitte zum erſten Male um Ihr Ver- trauen. Sie wiſſen, ob ich in dieſen drey Jahren unſerer Bekanntſchaft Ihnen je durch unbefugte Neugier laͤſtig wurde. Heute treibt mich ein edle- res Intereſſe. Ich bitte mit Schweſterliebe um Ihr Vertrauen. Mein Bruder liebt Sie. Eulal. (fährt zuſammen, und ſieht der Gräfin ernſthaft ins Geſicht) Fuͤr Scherz zu viel — fuͤr Ernſt zu traurig! Graͤfin. Ehe ich weiter in Sie dringe, erlau- ben Sie mir, Ihnen den Charakter meines Bru- ders zu ſchildern, und ich gebe Ihnen mein Wort: nicht die Hand der Schweſter ſoll den Pinſel fuͤh- ren. — Sie moͤchten ihn leicht fuͤr einen Leichtſin- nigen halten; denn ſah’ er Sie nicht heute zum er- ſten Male? und ſchon Liebe? — Aber, liebe Freun- din! er iſt ein ernſter Mann, von gepruͤften Grundſaͤtzen. Schon zaͤhlten ihn die Damen unſers Hofs unter die Claſſe der Hageſtolze; denn unter ihnen fand er nicht, was er ſuchte; verzweifelte oft daran, es je zu finden. Nicht Geſtalt, nicht

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/103>, abgerufen am 22.11.2024.