Kotzebue, August von: Die deutschen Kleinstädter. Leipzig, 1803.
nig dort wohnen. -- Nun haben wir die Bescheerung! Bildergen hat sie mitgebracht! Mannsbildergen! du gottlose Dirne! weißt du, was so ein Ding zu bedeuten hat? Zu mei- ner Zeit ließ sich keiner mahlen, der nicht in Amt und Würden stand, oder wenigstens 10 Jahr verheirathet war. Dann geschah es aber auch mit der gehörigen Gravität in Le- bensgröße, einer Spitzenhalskrause, und einem Blumenstrauße in der Hand. So hängt dein Großvater draußen hinter dem Küchenschran- ke, der wohledle Herr Untersteuereinnehmer, Gott hab' ihn selig! aber heut zu Tage, das Gott erbarm! die Kinder lassen sich mahlen mit struppigten Haaren und offener Brust! und klein, winzig klein, daß man es in eine Nadeldose legen kann. Daher kömmt eben der Unfug. Große Bilder stehen frey und ehrbar vor der ganzen Welt; aber die kleinen Spitzbuben schleichen sich in alle Taschen, und Gott verzeih mir die Sünde! hängen wohl gar an Bändergen und Kettgen in den Busen hinab!
nig dort wohnen. — Nun haben wir die Beſcheerung! Bildergen hat ſie mitgebracht! Mannsbildergen! du gottloſe Dirne! weißt du, was ſo ein Ding zu bedeuten hat? Zu mei- ner Zeit ließ ſich keiner mahlen, der nicht in Amt und Wuͤrden ſtand, oder wenigſtens 10 Jahr verheirathet war. Dann geſchah es aber auch mit der gehoͤrigen Gravitaͤt in Le- bensgroͤße, einer Spitzenhalskrauſe, und einem Blumenſtrauße in der Hand. So haͤngt dein Großvater draußen hinter dem Kuͤchenſchran- ke, der wohledle Herr Unterſteuereinnehmer, Gott hab’ ihn ſelig! aber heut zu Tage, das Gott erbarm! die Kinder laſſen ſich mahlen mit ſtruppigten Haaren und offener Bruſt! und klein, winzig klein, daß man es in eine Nadeldoſe legen kann. Daher koͤmmt eben der Unfug. Große Bilder ſtehen frey und ehrbar vor der ganzen Welt; aber die kleinen Spitzbuben ſchleichen ſich in alle Taſchen, und Gott verzeih mir die Suͤnde! haͤngen wohl gar an Baͤndergen und Kettgen in den Buſen hinab!
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nig dort wohnen. — Nun haben wir die
Beſcheerung! Bildergen hat ſie mitgebracht!
Mannsbildergen! du gottloſe Dirne! weißt du,
was ſo ein Ding zu bedeuten hat? Zu mei-
ner Zeit ließ ſich keiner mahlen, der nicht in
Amt und Wuͤrden ſtand, oder wenigſtens 10
Jahr verheirathet war. Dann geſchah es
aber auch mit der gehoͤrigen Gravitaͤt in Le-
bensgroͤße, einer Spitzenhalskrauſe, und einem
Blumenſtrauße in der Hand. So haͤngt dein
Großvater draußen hinter dem Kuͤchenſchran-
ke, der wohledle Herr Unterſteuereinnehmer,
Gott hab’ ihn ſelig! aber heut zu Tage, das
Gott erbarm! die Kinder laſſen ſich mahlen
mit ſtruppigten Haaren und offener Bruſt!
und klein, winzig klein, daß man es in eine
Nadeldoſe legen kann. Daher koͤmmt eben
der Unfug. Große Bilder ſtehen frey und
ehrbar vor der ganzen Welt; aber die kleinen
Spitzbuben ſchleichen ſich in alle Taſchen, und
Gott verzeih mir die Suͤnde! haͤngen wohl
gar an Baͤndergen und Kettgen in den Buſen
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