Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.mit diesem Ausgange, und fängt nunmehr an, seine Die Polizey kam bald auf die Spur, aber die Ge- mit diesem Ausgange, und faͤngt nunmehr an, seine Die Polizey kam bald auf die Spur, aber die Ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0095" n="95"/> mit diesem Ausgange, und faͤngt nunmehr an, seine<lb/> Rolle im Departement Calvados, und zwar zu Vire, zu<lb/> spielen. Hier macht er wenig Proselyten, wird bald<lb/> aufs neue arretirt, und diesesmal mit mehrer Srenge zu<lb/><hi rendition="#g">zweijaͤhriger</hi> Gefangenschaft verurtheilt. Da die<lb/> Einwohner von Vire ihn bloß als einen jungen Tauge-<lb/> nichts betrachteten, so wuͤrde er diese zwei Jahre sehr<lb/> uͤbel zugebracht haben, haͤtten nicht die <hi rendition="#g">Getreuen</hi> von<lb/><hi rendition="#g">Chalons</hi> ihn fortwaͤhrend unterstuͤtzt, wobei Madame<lb/> Saignes die trostreiche Korrespondenz fuͤhrte. Diese Frau<lb/> meinte es wirklich gut mit ihm, sie wuͤnschte auch, er<lb/> moͤgte die Zeit seiner Gefangenschaft dazu anwenden, sich<lb/> zu unterrichten; aber er gab sich dem Trunke, und<lb/> verließ nach zwei Jahren das Gefaͤngniß schlechter als<lb/> vorher. Madame Saignes holte ihn selbst von Vire ab,<lb/> um ihn zuruͤck nach Schalons in den Kreis seiner Ge-<lb/> treuen zu fuͤhren. Dort wurde Alles auf das herrlichste<lb/> zu seinem Empfange vorbereitet; er kommt, wird kom-<lb/> plementirt, man streut ihm Blumen, man behandelt ihn<lb/> mit ausgezeichneter Ehrfurcht, das Horn des Ueberflußes<lb/> wird von neuem uͤber den Schneiderssohn von St. <hi rendition="#g">Lo</hi><lb/> ausgeschuͤttet.</p><lb/> <p>Die Polizey kam bald auf die Spur, aber die <hi rendition="#g">Ge-<lb/> treuen</hi> erhielten Wind davon, man berathschlagte, und<lb/> fand fuͤr gut, den Dauphin auf Reisen zu schicken. Seine<lb/> Reiseroute richtete man so ein, daß er uͤberall Vertraute<lb/> fand, die, von seinem hohen Stande unterrichtet, ihm<lb/> die gebuͤhrende Aufmerksamkeit bewiesen. So war er<lb/> einmal zu <hi rendition="#g">Rheims,</hi> und zweimal zu Vitri-le-Fran-<lb/> çais, auch oft auf Landguͤtern, uͤberall wechselten Baͤlle,<lb/> Konzerte, Feste aller Art. Zu Vitry wohnt er praͤchtig<lb/> und bequem in dem Hause der Madame de Rambecourt<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [95/0095]
mit diesem Ausgange, und faͤngt nunmehr an, seine
Rolle im Departement Calvados, und zwar zu Vire, zu
spielen. Hier macht er wenig Proselyten, wird bald
aufs neue arretirt, und diesesmal mit mehrer Srenge zu
zweijaͤhriger Gefangenschaft verurtheilt. Da die
Einwohner von Vire ihn bloß als einen jungen Tauge-
nichts betrachteten, so wuͤrde er diese zwei Jahre sehr
uͤbel zugebracht haben, haͤtten nicht die Getreuen von
Chalons ihn fortwaͤhrend unterstuͤtzt, wobei Madame
Saignes die trostreiche Korrespondenz fuͤhrte. Diese Frau
meinte es wirklich gut mit ihm, sie wuͤnschte auch, er
moͤgte die Zeit seiner Gefangenschaft dazu anwenden, sich
zu unterrichten; aber er gab sich dem Trunke, und
verließ nach zwei Jahren das Gefaͤngniß schlechter als
vorher. Madame Saignes holte ihn selbst von Vire ab,
um ihn zuruͤck nach Schalons in den Kreis seiner Ge-
treuen zu fuͤhren. Dort wurde Alles auf das herrlichste
zu seinem Empfange vorbereitet; er kommt, wird kom-
plementirt, man streut ihm Blumen, man behandelt ihn
mit ausgezeichneter Ehrfurcht, das Horn des Ueberflußes
wird von neuem uͤber den Schneiderssohn von St. Lo
ausgeschuͤttet.
Die Polizey kam bald auf die Spur, aber die Ge-
treuen erhielten Wind davon, man berathschlagte, und
fand fuͤr gut, den Dauphin auf Reisen zu schicken. Seine
Reiseroute richtete man so ein, daß er uͤberall Vertraute
fand, die, von seinem hohen Stande unterrichtet, ihm
die gebuͤhrende Aufmerksamkeit bewiesen. So war er
einmal zu Rheims, und zweimal zu Vitri-le-Fran-
çais, auch oft auf Landguͤtern, uͤberall wechselten Baͤlle,
Konzerte, Feste aller Art. Zu Vitry wohnt er praͤchtig
und bequem in dem Hause der Madame de Rambecourt
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