häuser enthalten nichts Besonders, sind klein und nied- lich. Wenn man die herrlichen Treibhäuser in Schön- brunn bei Wien gesehen hat, so scheinen diese hier nur armselige Hütten. Dort ist Alles so geschmackvoll geord- net, für Auge und Nase, ohne Hintansetzung des Wissen- schaftlichen, so -- fast möchte ich sagen dichterisch gesorgt -- die Wasserpflanzen blühen in und um schöne Marmorbecken, malerisch vertheilt -- die duftenden Blu- men sind nach ihren verschiedenen Farben so kunstreich gemischt -- die Bäume und Produkte der heißesten Zo- nen erfreuen sich in eignen Häusern ihres gewohnten Kli- ma's -- und die Häuser alle sind so hoch, so geräumig, so einladend zum Spaziergange -- und der Obergärtner oder Direktor dieser schönen Anstalt verbindet so reiche Kenntnisse mit so gefälligen Sitten, hat selbst alle die Länder bereiset, aus welchen Flora und Pomona ihre uns fremde Kinder hieher sandten. -- Kurz, von allem Dem findet man im Jardin des plantes Nichts. Man kriecht gebückt unter allerlei Gesträuchen herum, durch welche ein schmutziger Gärtnergesell den Weg zeigt, und man ist am Ende froh, sich wieder unter freiem Himmel zu befinden; wo man dann auch im Vorübergehen die be- rühmte Ceder bewundern mag, der in den Revoluzions- zeiten eine Kanonenkugel den Gipfel geraubt.
Die fremden Thiere sind ziemlich zahlreich, doch ist eben nicht Viel darunter, was man nicht sonst schon gesehen hätte. Ein paar Elephanten die allerlei Künste machen, die eroberten Bären von Bern, Löwen, Tiger, Leoparden, Wölfe, Adler, ein Strauß, ein paar Kan- guru's, ein Jchnevnon, viele Gattungen von Schafen, Ziegen, Hirschen -- das ist ungefähr Alles. Aber sehr artig ist die Einrichtung, daß alle diejenigen Thiere,
haͤuser enthalten nichts Besonders, sind klein und nied- lich. Wenn man die herrlichen Treibhaͤuser in Schoͤn- brunn bei Wien gesehen hat, so scheinen diese hier nur armselige Huͤtten. Dort ist Alles so geschmackvoll geord- net, fuͤr Auge und Nase, ohne Hintansetzung des Wissen- schaftlichen, so — fast moͤchte ich sagen dichterisch gesorgt — die Wasserpflanzen bluͤhen in und um schoͤne Marmorbecken, malerisch vertheilt — die duftenden Blu- men sind nach ihren verschiedenen Farben so kunstreich gemischt — die Baͤume und Produkte der heißesten Zo- nen erfreuen sich in eignen Haͤusern ihres gewohnten Kli- ma's — und die Haͤuser alle sind so hoch, so geraͤumig, so einladend zum Spaziergange — und der Obergaͤrtner oder Direktor dieser schoͤnen Anstalt verbindet so reiche Kenntnisse mit so gefaͤlligen Sitten, hat selbst alle die Laͤnder bereiset, aus welchen Flora und Pomona ihre uns fremde Kinder hieher sandten. — Kurz, von allem Dem findet man im Jardin des plantes Nichts. Man kriecht gebuͤckt unter allerlei Gestraͤuchen herum, durch welche ein schmutziger Gaͤrtnergesell den Weg zeigt, und man ist am Ende froh, sich wieder unter freiem Himmel zu befinden; wo man dann auch im Voruͤbergehen die be- ruͤhmte Ceder bewundern mag, der in den Revoluzions- zeiten eine Kanonenkugel den Gipfel geraubt.
Die fremden Thiere sind ziemlich zahlreich, doch ist eben nicht Viel darunter, was man nicht sonst schon gesehen haͤtte. Ein paar Elephanten die allerlei Kuͤnste machen, die eroberten Baͤren von Bern, Loͤwen, Tiger, Leoparden, Woͤlfe, Adler, ein Strauß, ein paar Kan- guru's, ein Jchnevnon, viele Gattungen von Schafen, Ziegen, Hirschen — das ist ungefaͤhr Alles. Aber sehr artig ist die Einrichtung, daß alle diejenigen Thiere,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0084"n="84"/>
haͤuser enthalten nichts Besonders, sind klein und nied-<lb/>
lich. Wenn man die herrlichen Treibhaͤuser in Schoͤn-<lb/>
brunn bei Wien gesehen hat, so scheinen diese hier nur<lb/>
armselige Huͤtten. Dort ist Alles so geschmackvoll geord-<lb/>
net, fuͤr Auge und Nase, ohne Hintansetzung des Wissen-<lb/>
schaftlichen, so — fast moͤchte ich sagen <hirendition="#g">dichterisch</hi><lb/>
gesorgt — die Wasserpflanzen bluͤhen in und um schoͤne<lb/>
Marmorbecken, malerisch vertheilt — die duftenden Blu-<lb/>
men sind nach ihren verschiedenen Farben so kunstreich<lb/>
gemischt — die Baͤume und Produkte der heißesten Zo-<lb/>
nen erfreuen sich in eignen Haͤusern ihres gewohnten Kli-<lb/>
ma's — und die Haͤuser alle sind so hoch, so geraͤumig,<lb/>
so einladend zum Spaziergange — und der Obergaͤrtner<lb/>
oder Direktor dieser schoͤnen Anstalt verbindet so reiche<lb/>
Kenntnisse mit so gefaͤlligen Sitten, hat selbst alle die<lb/>
Laͤnder bereiset, aus welchen Flora und Pomona ihre uns<lb/>
fremde Kinder hieher sandten. — Kurz, von allem Dem<lb/>
findet man im Jardin des plantes Nichts. Man kriecht<lb/>
gebuͤckt unter allerlei Gestraͤuchen herum, durch welche<lb/>
ein schmutziger Gaͤrtnergesell den Weg zeigt, und man<lb/>
ist am Ende froh, sich wieder unter freiem Himmel zu<lb/>
befinden; wo man dann auch im Voruͤbergehen die be-<lb/>
ruͤhmte <hirendition="#g">Ceder</hi> bewundern mag, der in den Revoluzions-<lb/>
zeiten eine Kanonenkugel den Gipfel geraubt.</p><lb/><p>Die fremden Thiere sind ziemlich zahlreich, doch<lb/>
ist eben nicht Viel darunter, was man nicht sonst schon<lb/>
gesehen haͤtte. Ein paar Elephanten die allerlei Kuͤnste<lb/>
machen, die eroberten Baͤren von Bern, Loͤwen, Tiger,<lb/>
Leoparden, Woͤlfe, Adler, ein Strauß, ein paar Kan-<lb/>
guru's, ein Jchnevnon, viele Gattungen von Schafen,<lb/>
Ziegen, Hirschen — das ist ungefaͤhr Alles. Aber sehr<lb/>
artig ist die Einrichtung, daß alle diejenigen Thiere,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[84/0084]
haͤuser enthalten nichts Besonders, sind klein und nied-
lich. Wenn man die herrlichen Treibhaͤuser in Schoͤn-
brunn bei Wien gesehen hat, so scheinen diese hier nur
armselige Huͤtten. Dort ist Alles so geschmackvoll geord-
net, fuͤr Auge und Nase, ohne Hintansetzung des Wissen-
schaftlichen, so — fast moͤchte ich sagen dichterisch
gesorgt — die Wasserpflanzen bluͤhen in und um schoͤne
Marmorbecken, malerisch vertheilt — die duftenden Blu-
men sind nach ihren verschiedenen Farben so kunstreich
gemischt — die Baͤume und Produkte der heißesten Zo-
nen erfreuen sich in eignen Haͤusern ihres gewohnten Kli-
ma's — und die Haͤuser alle sind so hoch, so geraͤumig,
so einladend zum Spaziergange — und der Obergaͤrtner
oder Direktor dieser schoͤnen Anstalt verbindet so reiche
Kenntnisse mit so gefaͤlligen Sitten, hat selbst alle die
Laͤnder bereiset, aus welchen Flora und Pomona ihre uns
fremde Kinder hieher sandten. — Kurz, von allem Dem
findet man im Jardin des plantes Nichts. Man kriecht
gebuͤckt unter allerlei Gestraͤuchen herum, durch welche
ein schmutziger Gaͤrtnergesell den Weg zeigt, und man
ist am Ende froh, sich wieder unter freiem Himmel zu
befinden; wo man dann auch im Voruͤbergehen die be-
ruͤhmte Ceder bewundern mag, der in den Revoluzions-
zeiten eine Kanonenkugel den Gipfel geraubt.
Die fremden Thiere sind ziemlich zahlreich, doch
ist eben nicht Viel darunter, was man nicht sonst schon
gesehen haͤtte. Ein paar Elephanten die allerlei Kuͤnste
machen, die eroberten Baͤren von Bern, Loͤwen, Tiger,
Leoparden, Woͤlfe, Adler, ein Strauß, ein paar Kan-
guru's, ein Jchnevnon, viele Gattungen von Schafen,
Ziegen, Hirschen — das ist ungefaͤhr Alles. Aber sehr
artig ist die Einrichtung, daß alle diejenigen Thiere,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/84>, abgerufen am 31.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.